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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Kiefer
verhinderte. In meiner Hand hielt ich immer noch den lächerlichen,
überflüssigen Revolver.
    Ich schüttelte meine Erstarrung ab,
steckte die unnütze Waffe ein, stieg über die Leiche hinweg und schob den
Riegel wieder vor die Wohnungstür, auch wenn ein zweiter Angriff des Mörders
meines Clochardbesuchers höchst unwahrscheinlich war. Dann ging ich ins
Badezimmer, um mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht zu schütten. Nachdem ich
mich in der Küche mit einem geistigen Getränk versorgt hatte, kehrte ich wieder
zu der Leiche zurück.
    Als ich mich gerade über den Toten
beugen wollte, schrillte das Telefon, so daß mir Hören und Sehen verging. Ohne
besonderen Grund ließ ich es dreimal klingeln. Dann setzte ich mich neben den
Apparat und hob ab.
    „Hallo!“
    „Ah, Chef! Endlich! Gott sei Dank...“
    Es war Hélène, meine Sekretärin.
    „...Freut mich, daß ich Sie endlich an
der Strippe habe. Sind Sie ihnen entwischt?“
    „Wem?“
    „Na, Ihren Kidnappern natürlich?“
    „Ach, Sie wissen, was passiert ist?“
    „Klar! Was ich mir für Sorgen gemacht
habe! Wir hatten zwar nichts vereinbart, als Sie zu dieser Madame Dolguet
gefahren sind; aber ich habe trotzdem mit einem Telefonanruf von Ihnen
gerechnet. Erst hab ich im Büro gewartet, dann hier bei mir zu Hause.
Zwischendurch hab ich nur ‘ne Kleinigkeit gegessen. Sie haben aber nichts von
sich hören lassen, und da bin ich so langsam nervös geworden. Gegen zehn hab
ich bei Madame Dolguet angerufen. Nichts. Nun, ich weiß nicht... Ich... Na ja,
vielleicht war es Intuition... Ich beschloß, in die Rue d’Alésia zu fahren.
Schließlich bin ich die Sekretärin eines Privatdetektivs, nicht wahr?“
    „Ja, ja.
    „Und außerdem... Die Art und Weise,
wie diese Frau Sie in ihre Wohnung gelockt hatte... ,Ich schaff es nicht mal
mehr, mich anzuziehen’... Sie erinnern sich? Also, kurz und gut...“
    „Ja?“
    „Ich fahre also in die Rue d’Alésia.
Vor dem Haus sehe ich nichts Außergewöhnliches. Nur ein paar geparkte Autos.
Aber Ihr Dugat ist nicht darunter. Ich gehe in den zweiten Stock hinauf.
Läute. Nichts. Da sehe ich, daß der Schlüssel in der Tür steckt. Ich gehe in
die Wohnung. Alles dunkel. Ich taste nach dem Lichtschalter, mache Licht. Im
ersten Zimmer finde ich eine gefesselte blonde Frau auf einem Sofa. Es ist
Madame Dolguet, wie ich später erfahre. Ich bekomme natürlich Angst. Im ersten
Augenblick glaube ich, Sie hätten die Frau gefesselt. Aus weiblicher
Solidarität befreie ich sie von ihren Fesseln. Es gelingt mir, sie davon zu
überzeugen, daß ich ihr nichts Böses tun will. War nicht ganz einfach, aber schließlich
erzählt sie mir das, was sie weiß. Wenig genug. Zwei Männer seien zu ihr in die
Wohnung gekommen. Sie kenne sie zwar nicht mit Namen, aber vor ein paar Monaten
seien sie schon einmal bei ihr gewesen. Nachdem man sie gefesselt habe, habe
man ihr Telefon benutzt, um Sie in eine Falle zu locken. Sie habe gesehen, wie
man Sie gepackt und betäubt habe. Dann habe man Ihnen einen schwarzen Rock —
einen aus ihrem Kleiderschrank — über den Kopf geworfen, wahrscheinlich um die
Wirkung des Betäubungsmittels zu verstärken. Bevor man Sie verschleppt habe,
habe man Ihnen eine Karnevalsmaske übergestülpt. Raffiniert, was? So
ausstaffiert, konnte man sich mit Ihnen getrost auf die Straße wagen.
Eventuelle Passanten würden Sie und die beiden Männer, die Sie in die Mitte
genommen hatten, für Besoffene halten, die sich einen Scherz erlaubten.
Übrigens ist anzunehmen, daß Sie keinen weiten Weg zurückzulegen hatten. Nur
auf die andere Straßenseite, wo bestimmt ein Wagen bereitstand. So hat mir’s
Madame Dolguet erzählt. Ich hatte keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln.
Jetzt kriegte ich es so richtig mit der Angst zu tun. Was sollte ich tun? Die
Polizei alarmieren? Abgesehen davon, daß die Gangster Madame Dolguet davor
gewarnt hatten, die Flics einzuschalten, wußte ich nicht, ob Sie damit
einverstanden gewesen wären. Und außerdem: Was konnten Ihnen die Flics im
Moment nützen? Sie waren bereits seit mehreren Stunden in den Händen der
Verbrecher. Wenn Ihnen etwas zugestoßen wäre, dann schon längst. Ich bin also
nach Hause gefahren und hab in regelmäßigen Abständen Ihre Nummer gewählt, in
der Hoffnung, daß Sie sich irgendwann melden würden. Gegen zwei Uhr morgens war
ich am Ende meiner Kräfte und bin eingeschlafen. Eben bin ich aufgewacht. Und
wie Sie hören, galt mein erster Gedanke Ihnen! Ich

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