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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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hab Sie sofort angerufen,
und endlich sind Sie zu Hause. Sie können sich nicht vorstellen, wie
erleichtert ich bin…“ Hélène war den Tränen nahe. Oh, ich rede und rede und
frage Sie nicht mal, wie es Ihnen geht!“
    „So lala“, antwortete ich.
    „Na ja, Sie sind ihnen entkommen, das
ist die Hauptsache! Wie haben Sie das geschafft?“
    „Erzähle ich Ihnen später.“
    „Haben Sie’s ohne größere Blessuren
überstanden?“
    „Ohne größere, ja.“
    „Aber was sind das denn für Kerle,
verdammt nochmal?“
    „Kerle eben.“
    „Hm.“
    Sie schwieg. Ich hörte nur das übliche
Summen und Knacken in der Leitung, tausend unbestimmte Hintergrundgeräusche,
die eher beruhigend als störend wirkten, wie ein Echo der uns umgebenden Welt.
„Kerle eben“! Hélène schien über meine Antwort, die keine war, nachzugrübeln.
Schließlich stieß sie einen Seufzer aus und fuhr nachdenklich fort:
    „Sagen Sie, Chef...“
    „Ja?“
    „Sind Sie krank oder was?“
    „Mir geht es ausgezeichnet.“
    „Sie wirken nicht sehr gesprächig.“
    „Ach, nein?“
    „Nein. Normalerweise reden Sie mehr.
Sie haben mich zehn Minuten reden lassen, ohne mich auch nur ein einziges Mal
zu unterbrechen. Sind Sie sicher, daß mit Ihnen alles in Ordnung ist?“
    „Ganz sicher!“
    „Wie Sie das sagen! Man könnte meinen,
ich störe Sie...“
    „Aber nein.“
    „Ach, verstehe! ...“
    Ein leises, unverschämtes Lachen, das
sich ungezwungen anhören sollte, drang an mein Ohr.
    „Also wirklich, Sie sind aber auch...“
    „Was bin ich?“
    „Hab schon verstanden: Sie sind nicht
alleine.“
    „Doch, ich bin alleine.“
    „Ja, ja, schon gut! Ist sie auch
blond?“
    Beinahe hätte ich geantwortet: Nein,
er ist brünett, mit anthrazitfarbenen Augen, einem Dreitagebart und seit ein
paar Minuten mit drei blauen Bohnen im Bauch! Statt dessen erwiderte ich nur
ziemlich vage:
    „Nein, sie ist nicht blond.“
    „Na ja, die Haarfarbe spielt ja auch
keine Rolle“, lachte Hélène. „Wenn sie nur...“
    „Ja?“
    „Ach nichts. Ich wollte gerade etwas
Unanständiges sagen... Eine charmante Nacht noch.“
    Mit diesen Worten legte sie auf.
    Ich ging noch einmal in die Küche, um
mir ein Erfrischungsgetränk zu holen. Dann kehrte ich zu meiner Leiche zurück.
Eine charmante Nacht hatte Hélène mir gewünscht...
    Diesmal hielt mich nichts und niemand
davon ab, mich über den Toten zu beugen. Da er mit dem Gesicht auf dem Boden lag,
konnte ich ihn nicht untersuchen, ohne seine Stellung zu verändern. Es hätte
mir nichts ausgemacht, ihn herumzudrehen; aber genau das würde den Flics sehr
viel ausmachen. Besser gesagt, es würde ihnen überhaupt nicht gefallen.
    Plötzlich schien es mir — ich hätte
nicht sagen können, warum — , als würde irgend etwas nicht stimmen. Irgend
etwas fehlte... Ja, richtig! Jetzt begriff ich: Die Schüsse waren zwar kurz
hintereinander abgefeuert worden; aber auch wenn es schnell geht, ist so etwas
nicht zu überhören. Meine Nachbarn hätten dadurch wach werden müssen. Direkt
neben mir, über und unter mir wohnte je einer. Waren sie überhaupt nicht
neugierig? Nein, niemand schien sich für die Schüsse zu interessieren. Und so
begannen in meinem Kopf die Gedanken eines unanständigen Menschen
herumzuspuken. Gedanken, die nur auf der Lauer gelegen hatten, um sich
bemerkbar zu machen.
    Ich ging zur Wohnungstür und öffnete
sie einen Spaltbreit. Im Treppenhaus war es dunkel und still. Eine
unverdächtige Stille. Ich dachte daran, daß es Samstagabend war. Auch wenn die
schöne Zeit der Wochenendausflüge noch nicht gekommen war, so streckte der
Frühling doch bereits seine Fühler aus, um die Pariser aus der Stadt zu locken.
Allerdings klopfte besagter Frühling im Augenblick in Gestalt eines regennassen
Windes an mein Fenster. Der Tag jedoch hatte mild begonnen und zur Flucht aufs
Land animiert. Offensichtlich war mein direkter Nachbar diesem Ruf gefolgt und
hatte seine Wohnung verlassen. Diese rein theoretische Feststellung ließ die eben
erwähnten unanständigen Gedanken erst so richtig ins Kraut schießen...
    Ich schloß die Tür und ging wieder zu
dem Toten zurück. Mühelos drehte ich ihn auf den Rücken. Der arme Kerl wog
nicht viel. Ich untersuchte ihn. Er hatte zwei Kugeln im Bauch und eine dritte
mitten in der Brust stecken. Sein Mantel war blutgetränkt. Schmutzig war er
schon vorher gewesen, und wenn man schnell laufen würde, würde es gar nicht
auffallen. Da fiel mein Blick auf den

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