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Bei Tag und bei Nacht

Bei Tag und bei Nacht

Titel: Bei Tag und bei Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Eine wie sie bedeutet Schwierigkeiten.
    »Ich habe Sie gefragt, was Sie tun.« Geduldig wiederholte er den Satz im gleichen Tonfall und betrachtete dabei Gennies Mund.
    »Tun?« Was hatte sie denn getan? »Ich … ich wollte nur sehen, wie Sie den Fehler beheben, damit ich …« Sein Blick traf jetzt wieder Gennies Augen und verhinderte jeden zusammenhängenden Gedanken.
    »So?«, wiederholte Grant und genoss die Tatsache, dass er sie verwirren konnte.
    »So …« Sein Atem strich leicht über Gennies Lippen. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihn mit der Zunge einfangen wollte. »Es könnte wieder passieren, dann repariere ich es selbst.«
    Grant lächelte – langsam, überlegen. Anmaßend? Sie war sich nicht sicher. Aber immerhin: Er hatte gelächelt. Der Grund war gleichgültig, denn es verlieh seinem Gesicht einen unwiderstehlichen Charme. Gennie dachte, dass ein Barbar so aussehen könnte, bevor er sich sein Opfer über die Schultern warf und in irgendeiner dunklen Höhle damit verschwand. Ganz langsam wandte Grant sich ab und setzte seine Arbeit fort.
    Gennie trat zurück und stieß langsam die Luft aus. Das war gefährlich eng gewesen! Sie wusste nicht genau, wo das Risiko lag. Aber jede gescheite Frau würde sich gehörig in Acht nehmen. Sie räusperte sich. »Meinen Sie, dass Sie es schaffen?«
    »Hm«, brummte Grant, ohne den Kopf zu heben.
    Gennie nahm das als Zustimmung und kam wieder näher. Dabei hielt sie sich wohlweislich an der Seite des Wagens mit ausreichendem Abstand zu Grant. »Er ist vor zwei Wochen schon einmal in einer Werkstatt gewesen.«
    »Neue Zündkerzen müsste er haben. An Ihrer Stelle würde ich Buck Gates holen, damit er sich den Wagen einmal vornimmt.«
    »Ist er Mechaniker an der Tankstelle?«
    Grant richtete sich auf. Er lächelte nicht, aber seine Augen blickten freundlich. »In Windy Point gibt es keine Tankstelle. Wer Treibstoff braucht, fährt zu den Docks hinunter. Wer Ärger mit seinem Fahrzeug hat, der holt Buck Gates. Der repariert normalerweise die Hummerkähne, aber schließlich ist ein Motor ein Motor.« Den letzten Satz sagte er im Dialekt der Küstenbewohner und mit der Andeutung eines Lächelns, ohne damit Geringschätzigkeit auszudrücken. »Starten Sie jetzt einmal.«
    Gennie rutschte hinter das Steuer. Ihre Tür blieb offen. Sie drehte den Zündschlüssel, und der Motor erwachte zu neuem Leben. Noch ehe ihr erleichterter Seufzer verklungen war, hatte Grant die Kühlerhaube zugeworfen. Er marschierte zu seinem Lastwagen zurück und verstaute das Werkzeug. Gennie stellte den Motor wieder ab, um zu verstehen, was er sagte.
    »Das Lawrence-Haus liegt ungefähr eine dreiviertel Meile weiter nach links. Wenn Sie nicht mitten in der Nacht, nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, durch einen Sturm wandern, dann können Sie die Abzweigung nicht verfehlen.«
    Gennie verkniff sich ein Schmunzeln. Hoffentlich zeigt er sich nicht zum Schluss von einer besseren Seite, wünschte sie. Ich will ihn lieber als ruppigen, ungezogenen Mann in Erinnerung behalten, der allerdings verdammt sexy ist. »Ich werde es mir merken.«
    »Außerdem würde ich hübsch den Mund halten, dass Sie die letzte Nacht im Leuchtturm verbracht haben«, fügte er lässig hinzu, als er seinen Werkzeugkasten schloss. »Ich muss auf meinen guten Ruf achten.«
    Jetzt biss Gennie sich doch auf die Lippen, um ein Lächeln zu unterdrücken. »Ach ja?«
    »So ist es.« Grant drehte sich um und lehnte sich einen Moment lang an seinen Truck, als er Gennie ansah. »Die Dorfbewohner glauben nämlich, dass ich ein Sonderling sei. Niemand würde von mir etwas anderes annehmen, als dass ich Ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen hätte.« Genauso wäre es ja auch fast gekommen.
    Gennie lächelte spitzbübisch. »Sie haben mein Wort! Keine Seele wird erfahren, was Sie für ein guter Samariter sind. Wenn wirklich jemand fragen sollte, dann antworte ich, dass Sie unhöflich sind, streitsüchtig und rundherum unangenehm.«
    »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    Als er sich anschickte, in seinen Wagen einzusteigen, griff Gennie nach ihrer Brieftasche. »Warten Sie, ich habe Sie noch nicht für Ihre Mühe …«
    »Vergessen Sie es!«
    Sie hielt den Türgriff fest. »Ich möchte Ihnen nicht irgendwie verpflichtet sein.«
    »Ihr Pech.« Grant ließ seinen Wagen an. »Hören Sie, fahren Sie Ihr Auto weg. Ich kann nicht wenden, wenn Sie mir im Weg stehen.«
    Mit ärgerlich gerunzelter Stirn drehte Gennie sich um. Dann eben nicht!

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