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Bei Tag und bei Nacht

Bei Tag und bei Nacht

Titel: Bei Tag und bei Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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jetzt nicht hier, wenn es mir möglich wäre, dich zu meiden. Genügt dir das?«
    Ja, wollte sie sagen, und nein. Hätte sie nicht gefürchtet, ihn zu erschrecken, wäre alles leichter gewesen. Sie hätte dann ihre Gefühle nicht zu verstecken brauchen. Liebe – oder auch nur das erste Anzeichen davon – wuchs langsam in ihrem Herzen. Gennie zwang sich zu einem fröhlichen Lachen und nahm Grant bei der Hand.
    »Komm«, sagte sie, »der Salat ist meine Sache.«
    Es war herrlich unkompliziert. Gemeinsam putzten Gennie und Grant den Salat, schnitten die feinen Kräuter und debattierten über die Kunst der Zubereitung einer würzigen Soße. Das Fleisch brutzelte auf dem rauchenden Grill, und die warmen Strahlen der Nachmittagssonne ließen nicht erkennen, dass sich der Sommer dem Ende zuneigte. Appetitliche Gerüche, ein paar Worte und verständnisvolles, friedliches Stillschweigen. Würde die Erinnerung daran manch trüben Regentag versüßen müssen? Gennie spürte den eigenartigen Zauber und überlegte, ob dies der Grund sein könnte, dass sie sich entgegen allen Regeln der Vernunft verliebt hatte.
    »Woran denkst du?«, fragte Grant.
    Gennie lächelte und neigte den Kopf. »Dass ich mich um das Steak kümmern sollte.«
    Grant griff ihren Arm und zog sie auf den Rasen. »Oh ja?«
    »Magst du verbranntes Fleisch?«
    »Daran hast du nicht gedacht«, behauptete er. Mit dem Finger strich er über Gennies Lippen, und sie spürte die leichte Berührung in jeder Pore ihrer Haut.
    »Nein, ich dachte an den Sommer«, gab sie leise zu, »und dass er immer viel zu früh zu Ende geht.«
    Als sie ihre Hand an sein Gesicht legte, hielt Grant sie dort fest. »Das scheint bei den besten Dingen immer so zu sein.«
    Ihr sanftes Lächeln erweckte Begehren in ihm. Alle Gedanken waren ausgelöscht, als Grant seinen Mund auf Gennies Lippen presste. Ihre Lippen waren weich und warm und nachgiebig unter seinem Kuss. Alles, was er sich wünschte und was er fühlte, vereinigte sich in diesem Kuss. Es war wie verhext, er verfiel Gennie immer mehr, bis er nicht mehr wusste, auf welchem Weg er sich befand. Nur dass Gennie bei ihm war zählte.
    Grant konnte das Gras zwischen ihnen riechen, ein süßer, trockener Sommerduft, und den Rauch, der sich in der lauen Luft kräuselte. Er wollte Gennie fühlen, jeden Zentimeter dieses schlanken, fraulichen Körpers entdecken, der ihn in seinen Träumen vom ersten Tag an quälte. Könnte er danach jemals wieder Frieden finden? Würde der Geschmack von wilden Früchten und süßem Honig ihn an den Rand seines gesunden Menschenverstandes treiben?
    Die Begierde nach ihr war so stark und so schön wie der Sommer. Es musste enden, ehe es richtig angefangen hatte. Grant hob den Kopf und sah in Gennies Augen, die ein wenig schräg standen und im Augenblick nur halb geöffnet waren. Wenn er sich nicht vorsah, würde sie ihn bald unterworfen haben, allein mit diesem Blick. Vorsichtig erhob er sich und zog Gennie mit sich.
    »Wenn wir uns nicht mit einem Salat begnügen wollen, müssen wir das Steak retten.«
    Gennies Knie waren weich. Sie hätte schwören können, dass so etwas im wirklichen Leben nicht vorkommen konnte. Aber sie fühlte sich auf eine so unbekannte Weise lebendig. Sie drehte sich zum Grill um, stach mit der Gabel in das Fleisch und legte es auf eine Platte.
    »Es hat Feuer gefangen«, murmelte sie.
    »Das fürchte ich auch«, stimmte Grant ihr leise zu, als sie zusammen ins Haus gingen.
    In unausgesprochener Übereinstimmung hielten sie während des Essens eine leichte, unbedeutende Konversation aufrecht. Was immer sie auch bei dem kurzen, intensiven Kuss im Garten gespürt hatten – es wurde sorgsam verdrängt.
    Ich bin nicht auf der Suche nach einer Beziehung, überlegten beide im Stillen.
    Wir passen auch gar nicht zusammen … und haben keine Zeit für so etwas.
    Gütiger Himmel! Ich verliebe mich doch nicht!
    Mit zitternder Hand hob Gennie ihr Glas und nahm einen großen Schluck, während Grant mit finsterem Gesicht auf seinen Teller blickte.
    »Wie ist das Steak?«, fragte Gennie, weil ihr nichts anderes einfiel, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Wie bitte? Oh, gut.« Er schob energisch die unangenehmen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf das Essen. »Du kochst fast so gut, wie du malst. Wo hast du das gelernt?«
    Gennie zuckte die Achseln. »Auf Mamis Schoß.«
    Diese typische Redewendung der Südstaatler erheiterte Grant. »Du hast eine charmante Ausdrucksweise,

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