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Bei Tag und bei Nacht

Bei Tag und bei Nacht

Titel: Bei Tag und bei Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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loszulachen.
    Grant erinnerte sich an Macintoshs Reaktion auf Veronica und empfand Mitgefühl. »Der arme Kerl wird mindestens einen Monat lang schrecklich leiden. Musstest du ihn so ansehen?«
    »Wirklich, Grant! Er kann nicht älter sein als fünfzehn.«
    »Das reicht schon, um in Schweiß auszubrechen«, stellte er fest.
    »Hormone«, seufzte Gennie und studierte Fairfields begrenzte Auswahl an Weinen. »Mit der Zeit gibt sich das.«
    Grants Blick folgte ihr, als sie sich bückte. »Es dauert höchstens dreißig bis vierzig Jahre«, murmelte er.
    Gennie hatte einen einheimischen Burgunder gefunden und zog die Flasche aus dem Regal. »Das Fest ist gerettet.«
    Will kam mit einer Tüte Holzkohle zurück und stolperte nur einmal über seine eigenen Füße. »Hier sind auch Anzünder«, sagte er eifrig, »wenn Sie …« Weiter kam er nicht.
    »Fein, danke!« Gennie stellte die Weinflasche auf den Tresen und zog ihr Portemonnaie hervor.
    »Sie müssen volljährig sein, wenn Sie Alkohol kaufen wollen«, begann Will von Neuem. Er bemerkte Gennies Lachen und wurde noch verlegener. »Aber das sind Sie doch, oder?«
    Gennie konnte nicht widerstehen. Sie drehte sich zu Grant um und zeigte auf ihn: »Er ist volljährig.«
    Hingerissen schaute Will zu ihr auf, bis Gennie sich freundlich erkundigte, was sie zu zahlen hätte. Dadurch kam er so weit wieder zur Besinnung, um mehrere Zahlen in die Kasse einzutippen. »Es macht fünf Dollar.« Er holte tief Luft.
    Gennie hätte ihm gern die Wange gestreichelt, aber sie beherrschte sich und zählte das Geld in seine Hand. »Vielen Dank, Will.«
    Seine Finger schlossen sich fest um die Scheine. »Bitte sehr!«
    Zum ersten Mal fiel sein Blick auf Grant. So viel Ehrfurcht und Neid lag in den kindlichen Augen, dass Grant nicht wusste, ob er sich etwas darauf einbilden oder sich entschuldigen sollte. Freundschaftlich drückte er Wills magere Schulter. »Sie kann einem schon den Kopf verdrehen, nicht wahr?«, sagte er leise und folgte Gennie zum Ausgang.
    Will seufzte aus tiefem Herzen. »Oh ja.« Dann lief er hinter Grant her und zupfte ihn am Ärmel. »Werden Sie mit ihr essen und so?«
    Grant hob erstaunt die Augenbrauen, bewahrte aber seine Fassung. »… und so«, erinnerte er sich, konnte bei verschiedenen Leuten sehr unterschiedliche Bedeutung haben. In seine Fantasie zum Beispiel drängten sich jetzt recht reizvolle Vorstellungen. »Vorläufig ist noch alles offen«, flüsterte er und gebrauchte unwillkürlich den Lieblingsausdruck seines Macintosh. Dann fügte er verständlicher hinzu: »Ja, wir werden zusammen zu Abend essen.«
    Während Grant auf der Straße Gennie folgte, murmelte er leise »… und so!«
    »Was wollte er von dir?«
    »Ein Männergespräch.«
    »Oh, Entschuldigung.«
    So wie sie das sagte, klang es distinguiert und von oben herab; es brachte Grant zum Lachen, und er zog mitten in Windy Point und vor allen Leuten Gennie an sich und küsste sie – bis er den Knall vernahm, mit dem die Tür von Fairfields Laden geschlossen wurde.
    »Armer Will«, murmelte Grant. »Ich weiß, wie er leidet.« Seine Augen blitzten vergnügt. »Ich sollte wohl lieber mein Boot in Schwung bringen, damit ich mich nicht verspäte zum Essen – und so.«
    Seine ungewöhnlich gute Stimmung verwirrte Gennie, überrascht schaute sie zu Grant auf. »Na, gut«, sagte sie schließlich, »wir treffen uns dann später.«

6. K APITEL
    Es war albern, sich wie ein kleines Mädchen vor dem ersten Rendezvous zu fühlen. Als sie die Tür ihres Häuschens aufschloss, rief Gennie sich zur Ordnung. Aber das hatte sie bereits mehrmals auf dem Heimweg im Wagen getan.
    War die Idee mit dem Picknick gut gewesen? Zwei erwachsene Menschen, Steaks und eine Flasche Burgunder – was könnte dabei herauskommen? Man muss sich Mühe geben, um in Holzkohle, Anzünder und grünem Salat eine Spur Romantik zu finden. Oder war ihre Vorstellungskraft nicht stark genug?
    Im Kirchhof hatte die Fantasie ihr zweifellos etwas vorgegaukelt. Ein wenig unerwartete Zärtlichkeit, lauer Sommerwind – das hatte genügt, um in ihrem Herzen Glocken erklingen zu lassen. Wie töricht!
    Gennie stellte die Tüten auf den Küchentisch und ärgerte sich, dass sie keine Kerzen mitgebracht hatte. Dadurch wäre vielleicht etwas Zauber in die kleine, praktische Küche eingezogen. Auch ein Radio mit stimmungsvoller Musik fehlte.
    Gennie verdrehte die Augen. Was um Himmels willen war los mit ihr? Für so offensichtliche, konventionelle

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