Bei Tag und bei Nacht
dein Baby nicht wollen? Ich liebe es jetzt schon, aber es erschreckt mich ganz furchtbar.«
»Oh Diana!« Caine ging auf sie zu und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. »Du hast zwei Wochen vergehen lassen, in denen wir uns zusammen hätten erschrecken können.«
»Wieso du?«
»Das scheint ein normaler Vorgang zu sein«, antwortete Caine lachend, »denn einige Monate vor Macs Geburt hatte Justin mir das Gleiche gestanden. Jetzt kann ich es ihm nachfühlen.« Er legte die Hände vorsichtig auf Dianas Leib. »Ich liebe dich, liebe euch beide.«
»Caine«, flüsterte sie gegen seinen Mund, »ich muss noch so viel lernen in diesen sieben Monaten.«
»Wir beide«, verbesserte Caine seine Frau. »Komm, ich bringe dich nach oben. Werdende Mütter müssen viel liegen.«
Diana strahlte vor Glück, als Caine sie aufhob und zum Haus trug.
Gennie war weit genug entfernt gewesen und hatte dem Gespräch nicht folgen können. Als Caine mit seiner Frau im Arm verschwunden war, lächelte sie froh. Was immer beide belastet hatte, es schien beigelegt zu sein.
»Welch eine Wohltat.«
Erstaunt schaute Gennie sich um. Hinter ihr standen Serena und Justin. Das Baby lag in einem Tuch, das Serena sich über die Schulter und den einen Arm geschlungen hatte. Gennie war entzückt und lugte vorsichtig zwischen die Falten des Stoffes. Klein Robert schlief tief und zufrieden an Mutters Brust.
»Wie weit bist du mit den Skizzen?«, fragte Serena und betrachtete Gennies Blätter voller Interesse.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Justin fast gleichzeitig.
Gennie wusste, was er damit meinte. Das letzte Mal hatten sie sich bei Angelas Begräbnis getroffen. »Besser«, antwortete sie wahrheitsgemäß, »viel besser. Es war richtig, dass ich für eine Weile weggefahren bin.« Dann dachte sie an Grant. »Einiges andere hat auch dazu beigetragen.«
»Du liebst ihn.« Das war eine simple Feststellung.
»Wer ist hier neugierig?«, neckte Serena ihren Mann.
»Ich habe ja nicht gefragt, sondern beobachtet«, wehrte sich Justin. »Macht er dich glücklich?«, fragte er, und an Serena gewandt betonte er: »Das ist reine Anteilnahme.«
Gennie lächelte und steckte den Bleistift hinters Ohr. »Ja, er macht mich glücklich – und er macht mich unglücklich. Das gehört wohl zusammen, nicht wahr?«
»Oh ja.« Serena lehnte ihren Kopf an Justins Schulter. Sie erblickte Grant, der aus dem Haus getreten war und auf sie zukam. »Gennie«, flüsterte sie. »Wenn er sehr entschlusslos ist – das kommt bei Männern manchmal vor –, dann sag mir Bescheid. Ich kann dir eine Münze leihen.« Gennies verständnislose Miene brachte sie zum Lachen. »Frage mich gelegentlich danach.«
Dann hakte sie sich bei Justin ein, schlug ihm ein paar Runden im Swimmingpool vor, und gemächlich schlenderten sie davon.
Schön war es, auf solche Weise zu einer Familie zu kommen, überlegte Gennie. Vielleicht würde das gegenseitige Band sie noch näher zu Grant bringen. Leichten Herzens lief sie über den Rasen auf ihn zu und warf sich in seine Arme.
»Was ist los?«, erkundigte er sich.
»Ich liebe dich«, rief Gennie atemlos. »Genügt das?«
Sein Griff wurde fester. »Ja«, antwortete er, »das genügt.«
11. K APITEL
Gennies Leben war immer angefüllt gewesen mit allen möglichen Menschen. Aber noch nie hatte sie solche getroffen wie den MacGregor-Clan. Das halbe Wochenende lag noch vor ihr, trotzdem hatte sie das Gefühl, als kenne man sich schon ewig.
Daniel war laut, aufbrausend und gewitzt, dabei von grenzenloser Güte und Sanftmut, wenn es sich um seine Familie handelte. Offensichtlich hingen alle mit solcher Liebe an ihm, dass sie ihn glauben ließen, er habe sie am Band.
Der ruhende Pol war Anna MacGregor. Intuitiv wusste Gennie, dass diese warmherzige Frau stark genug war, um ihre Sippe durch jede kritische Situation zu führen und zusammenzuhalten. Ihren Mann wickelte sie liebevoll um den kleinen Finger, was er – ungeachtet allen Lärmens und Polterns – insgeheim längst erkannt hatte.
Unter den Geschwistern waren sich Caine und Serena am ähnlichsten. Lebhaft, fröhlich und gefühlsbetont, hatten sie des Vaters Temperament geerbt. Bei Alan spürte Gennie hinter dem ernsten, ruhigen Wesen, das er zweifellos von der Mutter hatte, ungeheure Kraft schlummern und ein nicht zu unterschätzendes Temperament. Shelby Campbell war für Alan eine passende Partnerin.
Alle drei MacGregors hatten sich Lebensgefährten mit sehr gegensätzlichen
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