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Bei Tag und bei Nacht

Bei Tag und bei Nacht

Titel: Bei Tag und bei Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Grants und Shelbys Vater?«
    Gennie seufzte tief und ließ sich in einen Sessel sinken. »Er starb, als Grant siebzehn war.«
    »Er ist ermordet worden«, verbesserte Justin und bemerkte, wie Entsetzen in Gennies Augen trat. »Senator Robert Campbell … Du musst noch ein Kind gewesen sein, aber vielleicht erinnerst du dich.«
    Sie konnte sich erinnern, wenn auch vage – die Fernsehberichte, der Gerichtsverlauf, die Gespräche … Hatte Shelby nicht gesagt, dass die Geschwister dabei gewesen seien, als der Vater getötet wurde? Dass der Mord unmittelbar vor ihren Augen stattfand? »Oh Gott, Justin, es muss schrecklich für sie gewesen sein.«
    »Solche Wunden lassen oft böse Narben zurück«, sagte er leise.
    »Nach dem, was mir Alan erzählte, hat Shelby lange Zeit sehr darunter gelitten. Warum soll es Grant anders ergangen sein? Manchmal …«, sein Blick huschte für eine Sekunde zu Serena, »… wehrt man sich dagegen, jemanden zu sehr zu lieben, weil man fürchtet, dass man ihn wieder verliert.«
    Serena setzte sich auf die Lehne seines Sessels und legte den Arm um Justins Schultern.
    »Seht ihr es nicht, auch das hat er mir vorenthalten.« Gennie krampfte ihre Hand um die Sessellehne. Sie empfand den Schmerz nach, den der Junge erlitten hatte und den der Mann noch immer litt. »Er hat mir nicht vertraut, wollte nicht, dass ich ihn verstehe. Wo Geheimnisse sind, ist auch Distanz.«
    »Glaubst du nicht, dass er dich liebt?«, fragte Serena vorsichtig.
    »Nicht genug.« Gennie schüttelte heftig ihren Kopf. »Ich würde vor Sehnsucht nach mehr Liebe umkommen.«
    »Gestern Abend rief Shelby an«, sagte Serena, als ein Klopfen an der Tür das Frühstück ankündigte. Justin stand auf und ließ den Zimmerkellner mit dem Wagen hereinkommen, während Serena leise fortfuhr: »Grant hat sie und Alan überraschend vor ein paar Tagen besucht.«
    »Ist er …«
    »Nein«, unterbrach Serena Gennies Frage. »Er ist zurück in Maine. Sie sagte, dass er sie mit Fragen geplagt habe. Natürlich wusste Shelby nicht die Antworten, bis sie mit mir gesprochen hatte und erfuhr, dass du hier bist.« Gennie blickte stirnrunzelnd aus dem Fenster auf das Meer. »Sie war neugierig, ob du seine Macintosh-Serie in den Zeitungen verfolgt hast. Ich habe mehr als zwei Stunden gebraucht, um dahinterzukommen, warum das Shelby interessierte.«
    Mit einem grübelnden Ausdruck in den Augen wandte sich Gennie Serena zu. »Ich kann dir nicht ganz folgen.« Sie wusste nicht, was Serena über Grants Arbeit wusste, und blieb vorsichtig.
    Serena nahm die Kanne vom Tablett. »Kaffee, Veronica?«
    Gennie lachte bewundernd auf. »Du bist clever, Rena.«
    »Ich liebe Puzzles«, verbesserte Serena, »und die Teile stimmten.«
    »Über diesen Punkt haben wir zuletzt gestritten.« Gennie warf Justin, der sich wieder zu ihnen setzte, einen Blick zu. Sie goss Sahne in ihre Tasse, trank den Kaffee aber nicht. »Niemals, während der ganzen Zeit, die wir zusammen waren, hat Grant mir erzählt, was er macht. Als ich es zufällig entdeckte, war er so schrecklich wütend, als ob ich in seine Privatsphäre eingedrungen wäre. Dabei freute ich mich so über das, was ich herausgefunden hatte. Zu Anfang habe ich immer geglaubt, er würde sein Talent nicht nutzen, was ich nicht verstand. Dann, als ich herausfand, dass er etwas so Kluges und Schwieriges machte …« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat mich nie wirklich an sich herangelassen.«
    »Vielleicht hast du einfach nicht laut genug darum gebeten?«, meinte Serena.
    »Wenn er mich noch einmal abweisen würde, Rena, könnte ich es nicht ertragen. Es geht nicht um Stolz, einfach um Kraft.«
    »Bist du nicht vor jeder Ausstellung ein Nervenbündel gewesen?«, erinnerte Justin sie. »Du hast es trotzdem geschafft.«
    »Es ist leichter und sicherer, sich selbst und seine Gefühle einer Gruppe von Menschen zu öffnen, als dem einen, auf den es ankommt und der einen zurückweisen könnte. Im November ist wieder eine Ausstellung in New York. Darauf muss ich mich jetzt konzentrieren.«
    »Vielleicht möchtest du einen Blick auf das hier werfen, während du isst.« Justin schob die Comic-Seite der Tageszeitung über den Tisch, die der Kellner vorhin mitgebracht hatte.
    Gennie blickte darauf, obwohl sie es eigentlich nicht wollte. Es war ihr nicht möglich, zu widerstehen. Nach einer Weile nahm sie Justin das Blatt aus der Hand.
    Die Sonntagsausgabe war dick und farbig. Aber dieser Macintosh wirkte trotzdem düster und

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