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Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Bei Tränen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Lauriel
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Ruhe«, sang er eines seiner Lieblingslieder von Roger Cicero leise vor
sich hin. Sein Beruf war aufregend genug, und öde Routine brachte ihm schon das
Schreiben der unvermeidlichen Berichte; dazu benötigte er definitiv keine Ehefrau,
die mit den Jahren immer unzufriedener gegen seinen Job ankeifte. Diese Ehefrau
hatte ebenfalls ihre Sehnsucht erfüllt, indem sie ihn gegen den Dieter austauschte,
der mit seinem Angestelltendasein ihrem Bedürfnis nach festen Zeiten und gemeinsamen
Kuschelstunden deutlich mehr entgegenkam. Und der Dieter schätzte sich wahrhaft
glücklich, weil eine Frau, die viel spritziger und intelligenter war als er selbst,
so auf ihn abfuhr. Aber wie schon bemerkt, der Dieter war ein dufte Typ – ein wenig
einfältig vielleicht, aber davon abgesehen sehr herzlich, außerdem ganz gut trainiert
und vor allem so verschmust wie eine Katze.
    Da Frank
noch immer im selben Haus wohnte wie Ellen – immerhin hatten sie es gemeinsam umgebaut,
nachdem sie es geerbt hatte, und ein nicht unbeträchtlicher Teil seines Geldes war
hineingeflossen, was Ellen unumwunden zugab –, hatte seine Noch-Ehefrau Gelegenheit,
sich mit ihm zu unterhalten. Wenn er denn zu Hause war. Diese Gespräche waren im
Grunde das Einzige, was sie damals zu der wenig durchdachten Entscheidung verleitet
hatte, einander zu heiraten. Sie führten stundenlange, weitschweifige Gespräche.
Niemand verstand ihn besser als Ellen, und sie sagte immer, so wie mit ihm könne
sie sich mit keiner Freundin unterhalten. Und mit einem anderen Mann sowieso nicht.
Also spielte es keine Rolle, dass sie mit dem Dieter nur Belangloses besprechen
konnte, denn sie hatte ja immer noch ihn.
    Wenn man
es recht betrachtete, wäre ihre Ehe niemals gescheitert, hätte Ellen nicht unerwartet
plötzlich und unerwartet deutlich dieses Ticken gehört. Das Ticken ihrer biologischen
Uhr nannte sie es klischeehaft. Er hörte seinerseits keine Uhr ticken, weder innerlich
noch äußerlich und schon gar nicht biologisch. Ob es daran lag, dass Ellen fünf
Jahre älter war? Er nahm ihre zarten Andeutungen am Anfang gar nicht ernst. Irgendwann
verfiel sie dann in diesen keifenden Tonfall der unzufriedenen Ehefrau. Er registrierte
und begriff es natürlich viel zu spät.
    Er unterhielt
sich nach wie vor gerne mit ihr, und sie war die einzige Privatperson, mit der er
im vollen Vertrauen, dass sie Schweigen bewahren würde, über die Fälle sprach, die
er aufzuklären hatte. Abgesehen davon konnte sie als Einzige seine Schrift auch
dann entziffern, wenn er selbst dazu nicht in der Lage war. Sie hätte heute Abend
sofort ›Callcenter‹ identifiziert, wo er noch an Caravane oder Kaktustopf dachte.
    So hatte
sich im vergangenen Jahr eine neue Routine eingespielt. Sie lebten in Trennung,
Scheidung war ihnen irgendwie bisher nicht wichtig gewesen – auch der Dieter blieb
diesbezüglich ziemlich gelassen – und alle wussten und waren damit einverstanden,
dass er selbst das Loft im Dachgeschoss beziehen würde, sobald das Pärchen, das
derzeit dort zur Miete wohnte, auszog. Erst in den letzten paar Wochen schlich Ellen
sich regelmäßig zu ihm herunter, wenn sie mitkriegte, dass er heimkam. Auch jetzt
hörte er das leise Klatschen ihrer Latschen auf den durchgetretenen, von ihm selbst
abgebeizten und geölten Holzstufen. Eigentlich war er ja müde. Eigentlich wollte
er schlafen. Morgen musste er genauso früh aus den Federn wie sonst auch, um sein
tägliches Jogging gegen den heimtückischen Babyspeck durchziehen zu können. Jetzt
knarzte die zweitletzte Stufe. Gleich würde Ellen leise anklopfen. Er öffnete die
Tür und gähnte ihr mit weit offenem Rachen entgegen.
    »Hi.« Ihre
kinnlangen blonden Haare standen in alle Richtungen. Anscheinend bemerkte sie seinen
Blick, sie fuhr sich mit den Fingern hindurch in dem aussichtslosen Versuch, das
Gekringel zu zähmen. Den alten, gestreiften Herrenbademantel vom Dieter hatte sie
zugebunden, sodass sie ein wenig unförmig wirkte.
    »Darf ich
kurz reinkommen?«
    Er gähnte
ein zweites Mal, sie nickte und grinste kurz, dann ging er voraus zu dem durchgesessenen
Sofa, das er aus seinem ehemaligen Kinderzimmer hergeholt hatte, als er herunterzog.
    Bevor er
sich setzte, fragte er: »Willste was trinken?«
    »Nein, ich
verschwinde gleich wieder.«
    Warum war
sie überhaupt gekommen?
    Er zog sein
T-Shirt aus, schnupperte daran und warf es in die Ecke auf den Haufen getragener
Kleider. Dann streifte er die Halbschuhe von den Füßen und

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