Beichte eines Verfuehrers
leichte Berührungen. Joe tritt nah an mich heran, und ich lasse ihn gewähren. Den Raum und die Party um uns herum nehme ich nicht mehr wahr. Es schmeichelt mir, dass er ebenso wenig über meine Schulter blickt und versucht, andere Möglichkeiten auszuspähen wie ich. Seine Antworten auf das, was ich sage, sind passend und interessant.
Er ist ein guter Geschichtenerzähler, ohne mich mit Geschichten zu überhäufen. Mir hört er ebenso zu. Und während es immer später wird, werden die anderen Partygäste laut und ausgelassen, durch den Alkohol verlieren sie ihre Hemmungen. Andere Leute wirken jetzt anscheinend freundlicher auf sie oder aber sie sind kampfeslustig. Morgen früh werden sich viele Männer und Frauen wundern, wenn sie mit schmerzendem Kopf aufwachen. Der Kopfschmerz wird sich verschlimmern, wenn ihnen einfällt, welche Allianzen sie unter Alkoholeinfluss geschlossen und welche sie gebrochen haben.
Benson hat anscheinend nicht aufgegeben. Joe und ich können hören, wie er erregt in einer anderen Ecke des Raums auf eine benommen wirkende Brünette einredet, die er in die Ecke gedrängt hat. Ich kenne sie – sie arbeitet für dieselbe Bank wie ich. Das Pärchen neben uns wird gleich anfangen, sich gegenseitig die Zunge in den Hals zu stecken; beide sind albern und erregt, die Gläser haben sie leer getrunken. Ich dränge mich näher an Joe, um von ihnen wegzukommen, bevor sie jeglichen Anstand vergessen.
„Noch ein Glas Wein?“ Er zeigt auf mein leeres Glas, doch ich schüttle den Kopf.
Gleich wird er mich fragen, ob er mich nach Hause bringen darf und ich werde es ihm erlauben. „Ich sollte gehen.“
„Hast du einen Mantel?“, sagte er sofort. „Ich hol ihn dir, warte.“
Als ich ihm diesmal hinterherblicke, lächle ich. Oh, es kann natürlich noch viel schiefgehen, er könnte sich mit Übereifer auf das bisher Erreichte stürzen, wie es so viele Männer tun, wenn sie erst mal so weit sind. Es wäre schade, wenn das der Fall wäre, denn Joe ist nicht nur charmant und gut aussehend, sondern er ist auch klug. Er hat’s einfach drauf.
Joe bringt meinen Burberrymantel und hilft mir hinein, nicht ohne mir noch ein Kompliment zu machen. Sein Mantel sieht meinem ähnlich, und auch das registriere ich zufrieden.
Weil ich nur drei Blocks weiter wohne, bin ich zu Fuß zur Party gegangen. Als wir vor der Tür von Tandys Haus stehen, ist es für Joe ein Leichtes, sich von mir zu verabschieden. Aber ich weiß, dass er das nicht tun wird.
„Darf ich dich nach Hause bringen, Priscilla?“
Wir wissen beide, dass er es mir nicht aus purer Höflichkeit anbietet. Wir sind jetzt an einem entscheidenden Punkt angelangt. Ich kann das leichte Flattern in meinem Bauch nicht leugnen. Dasselbe Gefühl habe ich, wenn ich eine besonders gute Investition platziere oder wenn mir ein Deal gelingt, den vor mir niemand geschafft hat.
Es ist das Gefühl süßer Vorfreude, das mich lächeln lässt.
„Es wäre mir ein Vergnügen.“
Der gepflasterte Bürgersteig ist uneben. Obwohl ich in diesen Schuhen kilometerweit laufen kann, nehme ich gerne Joes Angebot an, mich bei ihm unterzuhaken. Auf dem Weg nach Hause unterhält er mich weiter mit kleinen Geschichten über die Haustiere, die ihm als Kind immer wieder entwischten. Im Gegenzug erzähle ich von meinem letzten Urlaub. Es sind keine allzu persönlichen Erlebnisse, aber es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, den wir beide offensichtlich beschreiten wollen.
An der Haustür ziehe ich die Schlüssel aus der Tasche und öffne die Tür, ohne irgendwelche Schwierigkeiten vorzutäuschen, die ihn dazu verleiten könnten, mir seine Hilfe anzubieten, woraufhin ich ihn hineingebeten hätte. Wir schauen uns an und lächeln zufrieden. Dies ist jetzt ein wichtiger Punkt: Entweder er würde jetzt schwimmen oder versinken. Obwohl ich hoffe, dass er sich über Wasser hält, habe ich schon oft genug gesehen, wie vielversprechende Kandidaten hier untergingen.
„Gute Nacht, Joe.“
Wir stehen so dicht voreinander, dass sich die Schöße unserer Mäntel berühren. Während ich die Schlüssel in der linken Hand halte, neige ich den Kopf ein wenig und blicke ihn an.
„Gute Nacht, Priscilla.“
Joes Stimme ist warm und freundlich. Wir halten beide inne und die Lust zwischen uns knistert warm voller Vorfreude und Spannung. Ich warte und frage mich, ob ich doch Unrecht hatte mit meiner Einschätzung und sich jetzt herausstellt, dass er wie alle anderen ist.
„Es war ein toller
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