Beichte eines Verfuehrers
Produkte mit Namen wie „Steak von der Stange“ oder Ähnlichem anbieten. Nichts von alledem sieht aus, als hätte es wenig Fett oder entspräche einem kalorienreduzierten Imbiss. Ich ziehe die Nase kraus. „Vielleicht habe ich doch keinen richtigen Hunger.“
„Okay.“ Joe nickt. Er blickt sich um wie ein kleines Kind im Zirkus, aber er hält immer noch meine Hand. Zwischen unseren Handflächen bildet sich ein Schweißfilm, denn es ist ein heißer, sonniger Tag, aber ich will ihn nicht loslassen.
Schließlich finden wir einen Stand, an dem geräucherte Truthahnschenkel verkauft werden, die ekelhaft aussehen. Joe isst einen und ich knabbere an einem Sandwich mit gegrilltem Hühnchenfleisch. Außerdem möchte er Haggis probieren, was auch immer das ist, ich will nichts davon. Er isst den Teller komplett leer.
Die Sonne lässt kleine Sommersprossen auf Joes Nase und seinen Wangen aufblühen. „Du solltest Sonnenschutzcreme benutzen oder einen Hut tragen.“
Mit der Hand fährt er sich durchs Gesicht, dann zieht er mich zu einem Büdchen. „Komm!“
Dort werden zwar Hüte verkauft – aber nicht die richtigen. Es gibt Hüte mit Federn, Spitzenschleierchen und Schleifen, riesige Schlapphüte und spitze Prinzessinnenhauben, deren Spitze lange Seidentücher zieren. Joe wählt eine formlose Monstrosität aus Samt mit einer langen Straußenfeder und setzt ihn auf.
„Und wie sehe ich aus?“
„Er passt nicht wirklich zu deiner Kleidung.“
Joe lacht und versucht einen anderen Hut. Es gibt einen großen Spiegel an der Rückwand der Bude und er zieht seinem Spiegelbild Grimassen. Er zieht mich an sich und greift nach einem der pinkfarbenen Prinzessinnenhüte. Bevor ich protestieren kann, befestigt er den Gummizug unter meinem Kinn.
„Was meinst du?“ Er posiert vor dem Spiegel und schaut uns im Spiegel an.
„Ich sehe lächerlich aus.“ Im gleichen Moment möchte ich mir den Hut vom Kopf reißen, aber Joe hält mich davon ab. Er zieht mich noch näher an sich, einen Schritt, dann zwei.
„Du siehst wunderschön aus.“
Lächelnd schaut er mich an. Ich denke, dass er mich im nächsten Augenblick küssen wird, aber ich kann nicht ignorieren, wie sehr das Gummiband in meine Haut einschneidet. Außerdem flattert die Feder auf seinem Hut gefährlich nah vor meinem Gesicht, sodass ich Angst habe, sie ins Auge zu bekommen. Ich lehne mich nicht an ihn, um mich ihm zum Kuss anzubieten.
Joe wirft einen letzten Blick in den Spiegel, dann nimmt er den Hut vom Kopf und hängt ihn weg. „Nicht gut?“
Erleichtert nehme ich die spitze Haube ab und hoffe insgeheim, dass die letzte Person, die ihn sich aufgesetzt hat, kein Kind mit Kopfläusen war. Joe legt ihn zurück ins Regal und ich kontrolliere den Sitz meiner Frisur im Spiegel, ehe ich mich zu ihm umdrehe. Er beobachtet mich.
„Was ist los?“
„Nichts.“
Diesmal lasse ich mich von ihm in den Arm nehmen und küssen. Obwohl der Kuss kurz genug ist, um nicht unangemessen zu sein, genieße ich jede Sekunde. Seine Hand ruht auf meinem Bauch, als wir uns voneinander lösen.
An diesem Tag berührt Joe mich oft. Wir halten Händchen und immer wieder legt er seinen Arm um meine Schulter, meine Hüfte oder er lässt seine Hand auf meinem Knie ruhen, während wir uns eine der unzähligen Shows ansehen.
Es ist gar kein so schlechter Tag, obwohl ich mich immer mehr langweile. Doch Joe zeigt keine Anzeichen von nachlassendem Interesse. Ich überrede ihn, uns etwas zu trinken zu holen und wir setzen uns im Schatten vor einem Wasserbecken auf eine Bank. Während wir dort sitzen, kommt eine der Frauen vom Morgen und beginnt ihre Wäsche in dem Becken zu waschen. Die anderen beiden folgen ihr augenblicklich und plaudern über irgendetwas. Schließlich beginnen sie, Zuschauer für die nächste Aufführung anzulocken, die in wenigen Minuten auf diesem Platz stattfinden wird. Da wir schon mal sitzen, bleiben wir und sehen zu.
Es ist eine raffinierte Nacherzählung der Geschichte von Marcus Antonius und Cleopatra, die allerdings viele blöde Witze enthält. Ich lache ein wenig, als die Rothaarige in das Publikum kommt und Joe auswählt, um in der Show mitzuwirken. Er geht allzu bereitwillig mit und obwohl ich weiß, dass es nur eine Theateraufführung ist, verschränke ich verärgert die Arme.
Die Rothaarige sitzt auf der Mauer des Beckens hinter Joe und umfasst ihn mit Armen und Beinen. Sie erklärt ihm, dass er einen guten Anmachspruch bringen muss, damit die Handlung
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