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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Mann war ich mit einem Mädchen zusammen, die hieß so, das ist schon wahr. Ich frage Sie nicht, woher Sie das wissen und warum Sie mich nach ihr fragen. Wozu auch? Ich habe kein Problem, Ihnen Antwort zu geben. Dieses Mädchen war vermutlich einmal meine große Liebe, wie man sich derlei im jugendlichen Alter einzubilden pflegt, vielleicht war es auch mehr als eben nur Einbildung, wer weiß das schon nach gut dreißig Jahren, so lange ist das nämlich her...«
    Er schwieg und nahm wieder seine frühere Haltung an, zurückgelehnt, die Hände auf dem Tisch. Berndorf wartete.
    »Wir beide wissen, dass Glück für den Menschen kein Dauerzustand sein kann«, fuhr Veesendonk nach einer Weile fort. »Was länger dauert als einen Augenblick, das ist schon kein Glück mehr - lass es eine halbe Stunde währen, und schon wieder gähnt uns der Alltag an. Aber diese raren Augenblicke, in denen das kleine mickrige Menschlein sich ganz aufgehoben und angenommen fühlt und nur noch schwebt, in einem bodenlosen Zauber befangen: Was wäre das Leben ohne diese Glücksmomente! Es ist wahr, auch ich habe - in einer kurzen, in einer sehr kurzen Phase meines Lebens - solche Momente erlebt, und ich verdanke sie diesem Mädchen Vren.« Er hob beide Hände kurz an und ließ sie wieder fallen. »Das war’s. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    Berndorf schüttelte den Kopf. »Sie waren doch nicht erst siebzehn, als Ihnen das passiert ist?«
    »Nein«, fragte Veesendonk zurück, »wie kommen Sie darauf?«
    »Weil Sie es so beschreiben.« Sein Tee hatte genug gezogen, er holte den Teebeutel heraus, versuchte einen Schluck und stellte das Glas zurück, weil der Tee noch zu heiß war. »Auch ich war in Arkadien geboren... heißt es nicht so? Aber wenn es so war, warum haben Sie dieses Mädchen nicht festgehalten?«
    »Das geht Sie ja - weiß Gott! - nichts an«, antwortete Veesendonk, »aber ich habe sie nicht festgehalten, weil sie sich nicht festhalten ließ. Sie ist einfach gegangen.«
    »Nein«, widersprach Berndorf, unerwartet schroff. »Eine Frau geht nicht einfach. Sie hat einen Grund. Auch wenn unsereins ihn nicht versteht.«
    Veesendonk blickte auf. »Von wessen verlorenem Arkadien sprechen Sie jetzt?«
    »Von meinem, von Ihrem, egal«, antwortete Berndorf. »Es war nur eine Randbemerkung. War diese...« Er wollte noch einmal nach Vren und den Gründen für ihr Weggehen fragen, aber dann war ihm noch rechtzeitig eingefallen, dass man auf solche Fragen allenfalls dann eine Antwort bekommt, wenn man nicht darauf besteht. Schweigen kehrte ein, und vorsichtig trank er nun doch einen Schluck Tee. Veesendonk sah ihm zu, und es schien Berndorf, als sei dieses Zusehen mit einem ironischen Funkeln versetzt.
    »Sie haben sich verändert«, stellte der Richter fest.
    »Ja?«
    »Früher haben Sie nicht so schnell aufgegeben wie heute Abend.«
    »Tue ich das?«
    »Sie haben es vorhin getan und tun es jetzt wieder.« Das Funkeln verdichtete sich zu einem Lächeln. »Vorhin wollten Sie mich doch noch dazu bewegen, einem Toten übel nachzureden, nicht wahr?«
    »Das ist mir jetzt neu«, antwortete Berndorf, und es klang, als ob er wirklich überrascht sei.
    »Nun tun Sie nicht so heuchlerisch!« Der Richter winkte der Bedienung, einer jungen stämmigen Frau. »Fahren Sie heute noch Auto?«, fragte er sein Gegenüber, und der verneinte.

    »Dann die Flasche und zwei Gläser!«
    »Die Flasche?«, fragte Berndorf.
    »Sie werden schon sehen«, meinte der Richter. »Aber beklagen Sie sich nicht. Zu der Partie, die wir jetzt spielen, haben Sie mich herausgefordert, also ist es nur guter Brauch, dass ich die Waffe bestimme!«
    Die junge Frau brachte eine zu zwei Dritteln volle Flasche mit wasserheller Flüssigkeit und zwei Schnapsgläser.
    »Was das betrifft, bin ich ebenfalls ein wenig aus der Übung«, bemerkte Berndorf.
    »Man lädt sich nicht in die Höhle des Löwen ein, wenn man Vegetarier ist«, antwortete der Richter, schenkte die beiden Gläser voll und hob das seine. »Über das Thema, das Sie - mein Lieber! - angeschlagen haben, kann ich bei Mineralwasser nicht reden. Sie haben es so gewollt, Herr Hauptkommissar außer Diensten, also zum Wohl!«
    Auch Berndorf hob sein Glas, sie tranken sich zu, der Schnaps brannte in der Kehle und hatte ein kräftiges Aroma, das nach Zwetschgen duftete, vermischt mit Brombeeren, vielleicht auch mit Birnen. Der Schnaps sei im Haus gebrannt, erklärte Veesendonk. »Die Wirtsleute haben ein Brennrecht von alters

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