Beifang
Triumph. Polizisten sollten nicht triumphieren. Sie hatten nicht den richtigen Beruf dafür.
»Wilma und Dorpat haben diesen Konstanzer erwischt, diesen Ex-Kollegen, der mit Eisholm eine Rechnung offen hatte.«
»Und ihn deshalb vor den Zug gestoßen hat, meinst du das?«
Hummayer hob beide Hände und ließ sie wieder fallen. »Wissen tu ich das natürlich nicht. Aber es sieht doch sehr danach aus.«
»Ja so! Wenn es danach aussieht«, meinte Kuttler, »dann ist ja der Rechtsfindung schon sehr gedient.«
Hummayer schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du hast.«
Aber Kuttler war schon in sein Büro gegangen. Noch im Parka setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und überlegte. Das Gespräch mit dem Pfarrer war dumm gelaufen, und dumm gelaufen war auch das Zusammentreffen mit dem kleinen Hummayer.
Wenn er jetzt die Stuttgarter Unterkunft anrief und der Pudelmann Rauth wäre tatsächlich dort, was wäre dann?
He, Pudelmann, wird der Heimleiter sagen, kaum dass er den Telefonhörer wieder aufgelegt hat, da fragt die Ulmer Bullerei nach dir, was hast du ausgefressen?
Und der Pudelmann würde sein Hundchen nehmen, und weg wäre er.
Wenn er, Kuttler, aber nicht das Heim, sondern die Polizei anrufen würde? Dann schickten die Kollegen einen Streifenwagen los, und im besten Fall brächten sie einen verbiesterten Menschen mit, von dem niemand auch nur ein einziges vernünftiges Wort hören würde.
Wie immer er es anstellte, es würde nur dumm ausgehen.
Das Telefon klingelte, er nahm widerwillig den Hörer ab und meldete sich. Wer hatte ihn jetzt und hier anzurufen? Er war gar nicht im Dienst.
»Rauth hier.« Eine Männerstimme, ein bisschen brüchig, aber klar. »Ich höre, Sie wollen mich sprechen?«
Auf den Höhen lag noch immer Schnee, von den Räumdiensten an den Fahrbahnrand geschoben und manchmal wieder als Matsch zurückgerutscht. Der Verkehrsfunk hatte einen Stau bei Heimsheim gemeldet, das war nicht anders zu erwarten gewesen, immer gab es bei Heimsheim einen Stau, und Walleter hatte beschlossen, über den Schwarzwald zu fahren und erst später - oder vielleicht auch gar nicht - auf die Singener Autobahn. Die Straße schlängelte sich, bergauf, talab, und immer sah man irgendwo einen Bachlauf glitzern. Walleter mochte solche Strecken. Seine Fahrgäste schwiegen, Berndorf hatte die Kopien auf den Knien, die ihm die Direktorin des Schmuckmuseums hatte fertigen lassen. Aber im Auto können die wenigsten lesen. Eine Ruine aus rotbraunem Sandstein tauchte auf und war schon wieder verschwunden.
»Gold bringt kein Glück«, bemerkte Walleter unvermittelt.
»Die Ehe meist auch nicht«, murmelte die Anwältin hinten im Fond.
»Vor allem, wenn es einem nicht gehört«, fuhr Walleter fort. »Das Gold, meine ich.«
Da ist was dran, dachte Berndorf. Etwas kann einem gehören, und es gehört doch nicht zu einem.
»Warum nur trägt eine Frau einen Ring«, fragte die Anwältin, »auf dem dargestellt ist, wie eine andere Frau sich von einer Schlange dazu bringen lässt, den armen dummen Adam hereinzulegen? Von einer Schlange!«
»Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinen Nachkommen und ihren Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen«, rezitierte Walleter. »So sprach der Herr zur Schlange.«
»Das heißt aber doch, dass beide - die Frau und die Schlange - nichts Besseres verdient haben«, erwiderte die Anwältin. »Und das soll vielleicht nicht frauenfeindlich sein?«
»Mich wundert etwas anderes«, hörte sich Berndorf sagen. »Laut Genesis trat die Feindschaft zwischen Mensch und Schlange erst nach dem Sündenfall ein. Sie war eine Folge davon. Worin also bestand dieser?«
»Der Sündenfall?«, fragte Walleter. »Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren.«
»Das wird der Schlange aber ziemlich gleichgültig gewesen sein«, bemerkte Elaine.
»Eben«, meinte Berndorf. »Die Feindschaft muss von einer Veränderung der Lebensumstände herrühren, die auch die Schlange betroffen hat. Dazu haben wir zwar nur eine einzige, aber wesentliche Information.«
»Haben wir?«, fragte die Anwältin skeptisch.
»Am Anfang war die Jäger- und Sammlergesellschaft. Adam brachte nach Hause, was draußen so abfiel.« Berndorf wandte sich an Walleter. »Ist doch richtig?«
»Von allen Bäumen im Garten«, antwortete Walleter. »Bis auf den Baum der Erkenntnis...«
»Schon gut«,
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