Beifang
also kein Glück gebracht«, meinte die Direktorin. »Wissen Sie, wo sie den Ring her hatte?«
»Das ist eines der Dinge, die wir herausfinden wollen«, antwortete Berndorf. »Was sie selbst dazu gesagt hat, ist widersprüchlich. Einmal wollte sie ihn geerbt haben, dann hatte sie ihn angeblich in Kairo gekauft.«
»Sie ist... sie war Jüdin?«
»Ich glaube nicht.«
Die Direktorin sah ihn skeptisch an. »Viel wissen Sie nicht.«
»Das ist wahr.« Berndorf gab den Blick zurück.
»Warum sagten Sie, der Ring habe ihr kein Glück gebracht?«, fragte die Anwältin. »Hätte er das tun sollen?«
»Ja«, kam die knappe Antwort. »Waren auf der Innenseite denn keine Buchstaben eingraviert? Hebräische Buchstaben?«
Berndorf schüttelte den Kopf. »Wir haben nur diese Aufnahmen.«
Die Direktorin wiegte den Kopf, als wollte sie Ungewissheit oder gar Zweifel signalisieren. »Im Innern all dieser Hochzeitsringe ist ein Glückwunsch eingraviert: Masel tov, meist nur mit den Anfangsbuchstaben, dem Mem und dem Tet«, erklärte sie. »Masel tov bedeutet so viel wie: Guter Stern, oder einfach: Viel Glück.«
»Tja«, meinte Berndorf. »Dann war der Ring wohl wirklich nicht für sie bestimmt.«
Elaine sah ihn strafend an. Offenbar war ihr seine Bemerkung zu irrational. »Seit wann gibt oder gab es diesen Hochzeitsbrauch?«, fragte sie.
Die Direktorin überlegte, ging dann zu einem Bücherregal und holte zwei in Leder gebundene Bände eines Kompendiums über Ringe heraus. Nach kurzem Suchen hatte sie im zweiten Band ein eigenes Kapitel mit der Abbildung und Beschreibung jüdischer Hochzeitsringe gefunden, auch derjenigen, die das Museum selbst besaß …
»Die Ringe in unserer Sammlung stammen aus der Zeit zwischen dem sechzehnten und dem achtzehnten Jahrhundert«, sagte sie, während sie die Seiten durchsah. »Der älteste bekannte Hochzeitsring aus Europa wird hier auf die Zeit vor 1347 datiert, er findet sich im Pariser Musée de Cluny. Vermutlich aber war die Übergabe eines Rings bereits im siebten und achten Jahrhundert in den jüdischen Gemeinden in Mesopotamien Bestandteil des Hochzeitszeremoniells...«
»Als Ersatz für das Brautgeld?«, fragte Elaine.
»Offenbar«, antwortete die Direktorin. »In einem 1602 in Basel erschienenen Buch über jüdische Gebräuche heißt es in der Legende zu einer Illustration... aber lesen Sie selbst!« Sie drehte das Buch so, dass sich Elaine darüberbeugen konnte.
Hie nimmt d’ Rabbi ein Ring von Breutigam
der muss vo lauter Gold seyn
ohne edelgestein rufft etliche Zeugen darzu
zeigt innen
ob er gut Gelts wart sene
und steckt ihn der Braut an den andern finger
vn verliset offentlich und laut den Heyrathsbrieff ...
»Warum keine Edelsteine?«, fragte Elaine.
Die Direktorin blätterte weiter. »Das ist noch im Mittelalter von den Rabbinern verboten worden. Vielleicht sind viele der Ringe eben deshalb so sorgfältig gearbeitet... hier!« Sie hatte gefunden, was sie gesucht hatte: die Abbildung eines Ringes, der ebenfalls keinen Aufsatz in Form eines Häuschens - oder genauer: eines Tempels - besaß, dafür aber einen sorgfältig gearbeiteten umlaufenden Fries mit der Darstellung des Sündenfalls. »Ich denke, das ist einer der Ringe, wie ihn die junge Frau auf dem Foto trägt und wie Sie einen davon in unserer Sammlung gesehen haben. Der hier abgebildete Ring wird auf das siebzehnte bis achtzehnte Jahrhundert datiert und ist ebenfalls in Ungarn oder Siebenbürgen hergestellt worden...«
»Wie lange waren diese Ringe in Gebrauch?«
»Sie waren Teil des Zeremoniells«, antwortete die Direktorin. »Getragen wurden sie wohl eher nicht, nicht im Alltag, gewiss nicht zur Hausarbeit. Ein Bild aus der Zeit um siebzehnhundert zeigt eine Jüdin, die den Ring an einer Kette trägt, so wie die junge Frau auf dem Foto. Aber spätestens ab der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts waren die Ringe wohl nur noch eine Antiquität. Da hat man nämlich damit begonnen, sie zu sammeln …«
»Und wie häufig oder wie selten sind sie?«
»In Europa wird es vielleicht ein paar hundert davon geben«, antwortete die Direktorin. Sie deutete auf das Foto von Fiona. »Ich frage mich, ob diese junge Frau gewusst hat oder hätte wissen müssen, was sie da trägt. Und warum sie es dann trotzdem getan hat.«
Stell dir vor, es hat geklappt«, sagte der kleine Hummayer, der ihm auf dem Flur entgegenkam. »Sie haben ihn...«
»Wen?«, fragte Kuttler missvergnügt. In Hummayers Stimme klang zu viel
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