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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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undefinierbarer Farbe erschien mit einer grauen Wolldecke, legte sie auf die Eckbank neben Rauth und hatte sie noch nicht einmal geradegezogen, da war die Hündin Bitsch auch schon mit einem Satz daraufgesprungen. Rauth bestellte sich einen Kaffee mit Schuss, Kuttler einen ohne.
    Im Gastraum war der Geräuschpegel wieder am Ansteigen, und weil es fast überheizt war, zog Rauth seinen Dufflecoat aus.
    Er und Kuttler saßen sich gegenüber und musterten sich erst einmal. Rauth hatte kurz geschnittenes Haar, das überraschte Kuttler am meisten. Die Wirtin brachte den Kaffee, und Kuttler konnte riechen, dass es kein ganz kleiner Kognak war, den der Pudelmann in seine Tasse dazubekommen hatte.
    »Ja, also«, brach Rauth das Schweigen, »Sie haben mich partout sprechen wollen. Warum eigentlich?«
    »Was ist mit den goldenen Ringen?«
    »Was soll damit sein?«
    »Sie haben damit angefangen«, erinnerte ihn Kuttler.
    »Ach das! Auch unsereins liest Zeitung. Ich hab vor ein paar Tagen in einem Heim übernachtet, dem hat eine fromme Seele ein Tagblatt -Abonnement gestiftet. Damit auch die armen Landstreicher sich bilden können.« Er trank einen Schluck. »Ist doch was Feines.« Es war nicht ganz klar, was er meinte. »Und da stand das von dem Ulmer Mordprozess. Dem mit den vielen Merkwürdigkeiten. Dass plötzlich der Anwalt vom Zug überfahren wird. Und dass ein Ring fehlt oder verschwunden ist. All so was.«
    »Und woher wussten Sie, dass ich Sie danach fragen würde?«
    »Woher! Woher! Wenn die Bullerei nicht weiterweiß, krallt sie sich einen Landstreicher. Ein Ring fehlt oder eine ganze Kette mit einem Ring dran, klaro: Einer von uns hat das Zeug gefleddert. Ist doch so.«
    »Und wie ist es wirklich?«
    »Das weiß ich doch nicht.« Der Pudelmann beugte sich vor
und sah Kuttler in die Augen. »Was ich weiß, absolut sicher weiß: Keiner von uns hätte sich den Schmuck genommen. Es sei denn, er hätt sich um den letzten Rest von seinem Verstand gesoffen. Jeder andere wüsste: Er kann das Ding nicht zu Geld machen. Ums Verrecken nicht. Wenn er es versucht, ist er sofort dran, und sofort hängt man ihm den Mord und allen anderen Dreck an, den die anständigen, die feinen Leute nur zu gerne loswerden.«
    »So einen Schmuck kann man erst mal verbuddeln«, bemerkte Kuttler. »Und dann zuwarten. Ob er sich nicht irgendwie doch zu Geld machen lässt. Über einen Mittelsmann vielleicht...«
    Er hörte auf zu sprechen. Über Rauths Gesicht hatte sich ein Lächeln gezogen.
    Also gab es doch einen Weg, dachte Kuttler, Kasse zu machen, und zwar ohne mit einem Mittelsmann zu teilen.
     
     
     
    Spät am Abend hatte es noch einmal zu schneien begonnen, jetzt wirbelten noch einzelne Schneeflocken durch die Luft, die eine oder andere davon landete in Berndorfs Gesicht und zerschmolz an seiner Wange. Er ging einen Weg, der am Morgen noch geräumt worden war und der an einem Waldrand entlangführte, unter ihm lag der Rasthof, dessen Parkplatz mit Lastzügen vollgestellt war und wo er ein Schnitzel gegessen hatte, so groß wie ein Abtrittdeckel.
    Walleter hatte Kollegen von früher getroffen, Fernfahrer sind selten laut und trinken nie viel, aber sie haben ihre Sprache und Anekdoten, und wer nicht von der gleichen Zunft ist, der versteht nicht viel davon. So war Berndorf ein paar Schritte gegangen, den Kopf zu lüften und das Schnitzel besser zu verdauen. Er hatte sich auf Dinge eingelassen, von denen er nicht wusste, wozu sie führen würden, aber wann weiß man das schon? Er würde Walleter morgen nach einem passenden Vers fragen, vor allem der weise König Salomo schien von der menschlichen Weitsicht nicht viel zu halten... Seine Manteltasche begann zu vibrieren, es dauerte eine Weile, bis er reagierte, und eine weitere
Weile, bis er sein Mobiltelefon aus der Tasche geholt hatte - immer verfing es sich im Futter -, Barbara war am Apparat, interessiert, wach, aber kühl. Kühl? Ja, unverkennbar.
    »Wo bist du?«
    »Im Schnee. Am Waldrand über einer Fernfahrerkneipe.«
    »Nett. Und was tust du da?«
    »Da werde ich übernachten. Und morgen werden wir einen politischen Frühschoppen besuchen.«
    »Ihr?« Und, nach einer kurzen Pause: »Du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht magst.«
    »Entschuldigung«, sagte Berndorf, »ich weiß nur nicht, wo ich anfangen...« Dann fing er doch an, und wieder dauerte es eine Weile, auch wenn er das Kapitel Elaine überschlug.
    »Hm«, machte Barbara, als er fertig war. »Jüdischer Hochzeitsring.

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