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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Der Herr Landrat in allen Gassen. Liebestolle Kommissare. Wer soll da einen Reim drauf finden?«
    »Ich hab mir dieses Drehbuch nicht ausgedacht. Das war irgendwer anders. Ich weiß nicht, was diesen Leuten durch den Kopf geht.«
    »Wo findet dieser Frühschoppen statt? In einem Dorf im Schwarzwald? Denkst du eigentlich noch daran, dass wir dort ein Ferienhaus für den Juli und August mieten wollten?«
    »Aber gewiss tu ich das«, log er.
    »Wirklich? Ich fürchte, du bist mir gerade sehr fern...«
    »Von hier zu dir wäre es allerdings nicht der nächste Weg.«
    »Man hört es.«
    Sie wünschte ihm trotzdem gute Nacht und er ihr einen netten Abend. Berndorf ging in die Kneipe zurück und trank einen Obstschnaps und noch einen zweiten, aber das lausige Gefühl in seinem Kopf wollte nicht weichen.

Sonntag, 17. Februar

    Bis weit nach Mitternacht hatte es geschneit, und so bedeckte am Morgen eine geschlossene Schneedecke Hügel und Wiesen. Auch die Bäume waren weiß eingestäubt.
    Die Straße nach Waldglasterhausen war geräumt, ebenso der Parkplatz des Landgasthofs »Rössle«. Vierzig Wagen oder ein paar mehr standen dort, zumeist Diesel, zumeist älteren Baujahrs.
    Wendel Walleter fand für seinen Benz einen Platz neben einem angerosteten Volkswagen, an dessen Heckscheibe eine Plakette der Feuerwehr klebte. Walleter und Berndorf stiegen aus. Es war kalt, aber die Luft war frisch und tat den Lungen gut. Berndorf hatte schlecht geschlafen, angeblich lag das nicht am Rasthof für Fernfahrer, in dem sie übernachtet hatten, und auch nicht an den ein wenig durchgelegenen Matratzen, sondern am Reizklima der Schwarzwaldhöhen. Der Wirt hatte das behauptet.
    »Schöner Gasthof«, lobte Walleter. Berndorf sagte nichts. Das »Rössle« musste vor einigen Jahren neu gebaut oder von Grund auf renoviert worden sein; noch immer besaß es das im Schwarzwald übliche Walmdach. Darunter hatte der Architekt viel Holz und Glas und polierten Stein bemüht, auch hatte er Holzbalken über die Decke ziehen lassen: Alles wie gemalt für einen Prospekt des Fremdenverkehrsverbandes Südlicher Schwarzwald, dachte Berndorf und bewunderte die Kunst des Architekten und der Schreiner, denen es gelungen war, die geschnitzten Balken und Raumteiler wie ein Dekor aus Plastik aussehen zu lassen.
    Über einen Flur, an dessen Wänden gerahmte Schwarzweiß-Fotografien vom früheren, ehedem mit Schindeln verkleideten »Rössle« hingen, gelangten die beiden Männer in einen großen Saal mit einem Podium, auf dem bereits eine Bläsergruppe Platz
genommen hatte, in dunkelgrüne Janker mit rotgelben Abzeichen gewandet, dazu trugen die Musiker Lederhosen und weiße Kniestrümpfe. Über dem Podium hing ein blaues Transparent, auf dem in weißen Buchstaben stand: »Wohlstand, Freiheit, Sicherheit - 50 Jahre Staatspartei OV Waldglasterhausen«. Der Saal war vielleicht zu zwei Dritteln gefüllt, eine resolute Dame mittleren Alters entdeckte die beiden Männer und kam auf sie zu, um sich als Vorsitzende des Ortsvereins vorzustellen.
    »Sie sind zum ersten Mal bei uns, nicht wahr?«
    Berndorf nickte. Er habe die Einladung gelesen und gesehen, dass Gäste willkommen seien, sagte er dann, und die Ortsvorsitzende meinte, dass er den Besuch ganz sicher nicht bereuen werde. Dann führte sie ihn zu einem Tisch, an dem bereits einige Männer saßen, die meisten rotgesichtig und eher viereckig und bis auf einen Jüngeren alle in dem Alter der beiden Neuankömmlinge. Blicke, die ein wenig argwöhnisch sein mochten, hielten sich an Berndorf auf. Walleter hingegen setzte sich so umstandslos, wie er auf jeder Zuhörerbank in jedem Gerichtssaal der Welt Platz genommen hätte, nickte seinem Nachbarn zu und war angekommen.
    Es war zehn Uhr vorbei, die letzten Gäste hatten ihre Bestellung aufgegeben - mit Kaffee und Mineralwasser fielen Berndorf und Walleter ein wenig aus dem Rahmen, an ihrem Tisch wäre Weizenbier oder ein Schoppen Roter passender gewesen -, und auf dem Podium hob die Blasmusik an und schmetterte einen Marsch. Wendel Walleter nickte beifällig, so musste das sein, und so musste das hingefetzt werden, wenn es ein richtiger Frühschoppen werden sollte. Berndorf betrachtete die Musiker, genauer: er betrachtete die eine junge Saxophonistin, die sich unter die Mannsbilder gemischt hatte, sie hatte langes kastanienrotes Haar und einen hübsch frechen Zug im hellen Gesicht.
    Nach dem Marsch begrüßte die Ortsvereinsvorsitzende die Gäste, »allen voran den

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