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Beim ersten Om wird alles anders

Titel: Beim ersten Om wird alles anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Dresen
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den Schlüssel ihres Herzens nicht.“Die Zuhörerinnen sind ergriffen, die Autorin ist überwältigt und meint, durch dieses gelungene Beispiel werde ihre Eingangsthese gestützt, wonach jeder schreiben könne. Von den beiden anderen gemeinschaftlich zusammengestellten Geschichten, aus denen sie vortragen will, klingt eine völlig wirr, die andere ist wegen schlechter Schriften nicht lesbar. Dieser kleine Misserfolg wird nicht weiter kommentiert.
    Stattdessen hören wir eine weitere mir gewagt vorkommende Erkenntnis der Kursleiterin: Romanfiguren machen alle, was sie wollen. Deshalb handelt sie beim Schreiben nach dem Prinzip, das sie auch uns allen ans Herz
legen will: Zuerst schreiben - dann nachdenken. Die Inspiration kommt demnach beim Schreiben ganz automatisch. Kritik an dieser Methode, negative Urteile Dritter an der eigenen Schreibleistung, Selbstzweifel hinsichtlich der Eignung zur Schriftstellerin mag sie gar nicht. Das nennt sie „Affengeplapper“.
    Auch die Frage einer Teilnehmerin nach einer dem Schreiben vorausgehenden Festlegung einer inhaltlichen Struktur, einer sogenannten Plot-Outline, bringt sie in Wallung. Ein derartiges Vorgehen nennt sie Blödsinn, es schränke unnötig ein, es entspringe einem Sicherheitsbedürfnis, es passe vielleicht fürs Drehbuchschreiben, sonst für nichts. Die Magie besteht für sie darin, dass etwas passiert, auf das man keinen Einfluss hat, diese Art des Schreibens hat für sie etwas Mystisches, fast schon Religiöses, nach ihrer Erfahrung führt man nur noch den Stift. Etwas anderes schreibt durch einen hindurch, es will aufs Papier und bedient sich einem sozusagen als Medium.
    Puh, das ist mir persönlich zwei Stufen zu esoterisch und auch zu einfach, es entspricht aber wohl dem Yoga-Gedanken „Alles ist möglich“und scheint den anderen Kursteilnehmerinnen, darunter erstaunlich viele alleinerziehende Mütter, zu gefallen. Immer mehr melden sich und berichten uns Zuhörerinnen, unter welchen Mühen sie, nachdem die Kinder endlich zu Bett gebracht sind, Nächte hindurch schreiben und wie viel ihnen das bedeutet.
    Die Kursleiterin bestärkt sie darin und äußert die nächste These: Wer schreiben will, soll sich einer äußeren Ordnung und Struktur unterwerfen und sich zwingen, jeden Tag mindestens 20 Minuten, egal worüber, egal wie, zu schreiben. Um das auszuprobieren, sollen wir gleich jetzt einmal einfach fünf Minuten drauflosschreiben. Ich gehorche wie alle anderen auch. Mein Bericht handelt
davon, wie banal doch all die Aussagen der Autorin sind und wie begierig die Kursteilnehmerinnen ihnen dennoch zu folgen scheinen. Ich gebe schreibend meiner Befürchtung Ausdruck, dass nun bald mehr als zwei Dutzend weitere zwar inspiriert, aber eher planlos geschriebene Manuskripte ihren Weg in deutsche Verlage nehmen und eben so viele Autorinnen vor einer großen Enttäuschung stehen könnten. Glücklicherweise muss ich mein Fünf-Minuten-Ergebnis nicht vorlesen.Yogabedingte Sanftmut hin oder her, das hätten mir meine Teilnehmerkolleginnen sicher übel genommen.

    Gegen Ende der Kursstunde erläutert die Autorin, wie ihrer Meinung nach Verlage arbeiten. Sie berichtet zur Freude der Zuhörerinnen, dass viele Verlage spätere Bestseller wie Harry Potter abgelehnt haben. Manches davon, was sie über Verlagsabläufe schildert, trifft zu, manches nicht, ich aber hüte mich offenzulegen, dass ich selbst in einem Verlag arbeite und außerdem etwas habe, was die anderen hier im Raum wohl ebenfalls gerne hätten: einen Buchvertrag. Ebenso behalte ich für mich, dass ich nach dem Kurs mehr denn je daran zweifle, ob Schreiben irgendetwas mit Yoga zu tun hat und ob einen dieser Workshop dem Autoren-Dasein wirklich näher bringen wird. Immerhin, eine Gemeinsamkeit zwischen Schreiben und Yoga erkenne ich doch aus eigener Anschauung: Beides muss man nicht gut können, um Spaß daran zu haben.

Die Gurus kommen
    Schon lange, bevor sie endlich kamen, waren sie schon da. Zumindest in den Gedanken und Worten unserer Yoga-Lehrer. „David und Sharon kommen für das Tribe Gathering nach München. Da müsst ihr hin.“So lauteten die mehr ehrfurchtsvoll gehauchten als gesprochenen Ankündigungen der örtlichen Yoga-Lehrer zu Beginn und am Ende der Yoga-Stunden in den Wochen vor Weihnachten. David wer? Und Sharon wie? Wer sind diese Leute, deren Namen von meinen Lehrern voller bewundernder Zuneigung ausgesprochen wurden? Und wer bin ich Unwürdiger, dass ich diese Menschen nicht kenne,

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