Beim ersten Om wird alles anders
geschweige denn ebenso verehre, wie dies meine Lehrer tun? Und was bitte schön ist ein „Tribe Gathering“? Auf Deutsch wird
das ja wohl Stammeszusammenkunft bedeuten. Welcher Stamm trifft sich denn da in München?
Ich informierte mich und erfuhr, dass es sich bei den Hauptdarstellern um keine Geringeren handelte als die Begründer der gesamten Jivamukti-Bewegung: Sharon Gannon und David Life. Die beiden haben diesen speziellen Yoga-Trend in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts in New York, genau gesagt am Broadway, begründet. Anders als andere westliche Yoga-Lehrer begnügten sie sich nicht damit, uralte indische Weisheiten unter ihren alten Bezeichnungen weiterzugeben. Sie gaben der von ihnen konzipierten großstädtischen Form des Yogas in Verbindung mit Rockmusik den Namen Jivamukti, was so viel heißt wie Befreiung der Seele, und wurden selbst zu Gurus.
Ihre Spielart des „coolen und hippen Yogas“(so Vanity Fair ) ist mittlerweile auf der ganzen Welt erfolgreich. Sie sind der Meinung, dass der Weg zur Erleuchtung über das Mitleid für alle Lebewesen führt. Die beiden sind das ganze Jahr über unterwegs, um in allen großen Städten dieses Planeten Yoga-Stunden abzuhalten, zum Teil in eigenen Jivamukti-Yoga-Lofts, zum Teil in Hotels. Alle Jivamukti-Yoga-Lehrer, so sind die (für David und Sharon finanziell sicher nicht nachteiligen) Regeln dieses Ordens der Om-Leute, haben bei ihnen im New Yorker Umland Kurse und Prüfungen absolviert. Nicht selten zeigen die kleinen Hausaltäre in den Yoga-Räumen der Jivamukti-Studios neben Fotos freundlich dreinblickender alter indischer Yogis auch die Fotos von David und Sharon.
Die Zusammenkunft betraf also den Tribe der Jivamuktis. Interessiert sah ich mir das schön gestaltete Flugblatt an, das zur Zusammenkunft aufrief. Demnach sollte die
eigentliche Konferenz zwei Tage dauern, wurde aber durch jeweils einen Tag „Pre-Conference“und einen Tag „Post-Conference“auf vier Tage gestreckt. Das Programm war keine große Überraschung, am Vor-Tag gibt es Yoga (mit David und Sharon beziehungsweise mit all den örtlichen Yoga-Lehrern), und auch am Nach-Tag wird es Yoga geben. An den beiden Tagen der eigentlichen Konferenz wird es - man hätte draufkommen können - Yoga geben. Mal mit David, mal mit Sharon, mal mit den Münchner Lehrern. Dazwischen wird bei Bedarf meditiert, man kommt in den Genuss von Vorlesungen, deren Themen vorab nicht mitgeteilt werden. Wer will, kann mehr über Kirtan erfahren, und zur Entspannung wird am Abend gechantet, bis die Erleuchtung wenn nicht gleich zu spüren, so doch zu ahnen ist.
Auf der Titelseite der Broschüre war das Foto eines Yoga-Raums voller Menschen zu sehen, die den Krieger I zelebrieren, also eine Yoga-Position ausüben, bei der das vordere Bein angewinkelt ist, während das hintere ausgestreckt wird und die Hände nach oben gereckt werden. Deren Gesichtsausdruck kam mir eine Spur zu begeistert bis euphorisch vor, ja selbst einen Hang ins pseudoreligiös Erleuchtete glaubte ich zu erblicken. Deshalb beschloss ich, an der eigentlichen Konferenz nicht teilzunehmen.
Mein persönliches Fazit nach der Durchsicht war, dass ich im ersten Jahr meiner Yoga-Praxis wohl noch nicht reif bin für die volle Dröhnung und mir auch noch was für die kommenden Jahre aufsparen sollte. Und so eng verbunden fühlte ich mich den zugegebenermaßen netten bis beeindruckenden Leuten vom Münchner Yoga-Loft dann doch noch nicht, dass ich mich gleich zu ihrem „Stamm“gehörig bezeichnen und an dieser Profiveranstaltung teilnehmen wollte.
Aber neugierig war ich doch. Wie mochte es sein, wenn die Begründer einer weltumspannenden Bewegung zu Besuch kommen? Deren Schülern, allesamt selbst Yoga-Lehrer, gelingt es Woche für Woche, nicht nur mich, sondern Hunderte von anderen Yoga-Praktizierenden in ihren Bann zu ziehen. Da wollte ich schon gern wissen, wie die beiden sind, David und Sharon, von denen meine Lehrer ihre Inspiration beziehen. Deshalb las ich mit Freude, dass noch vor der Pre-Conference eine reguläre Yoga-Stunde unter Anleitung von David stattfinden sollte.
Um wegen des zu erwartenden Andrangs der anderen Neugierigen auf jeden Fall einen Platz zu bekommen, war ich schon eine Dreiviertelstunde vor Beginn im Yoga-Loft. Im Wartebereich traf ich zwei Mitreisende aus Korfu, deren Namen ich leider vergessen habe, was unangenehm war, da sie sich an meinen gut erinnerten.Yoga stärkt bei mir leider offenbar nur den Körper,
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