Beim ersten Om wird alles anders
Dazu muss man den Fuß über die Schulter nach hinten dehnen.Wenn es klappt, bleibt der Fußrücken hinter dem Ohr eingezwängt am Hinterkopf. Kaum jemand ist so biegsam, auch ich habe das noch nie hinbekommen. Es gibt aber Tage, und heute ist anscheinend einer von ihnen, an denen alles zu gelingen scheint. Mein Fuß landet irgendwie hinter dem Ohr und bleibt auch da. Das entgeht Rita nicht. Laut ruft sie: „Es gibt einen, der sich diese Übung offenbar gewünscht hat. Rainer. Schaut mal hin, da an der Wand liegt er, und achtet auf seinen Fuß.“Wieder drehen sich alle zu mir um, aber das muss nun wirklich nicht sein. Denn ich befinde mich gerade in einer wirklich verwegen aussehenden Haltung und befürchte schon, fremde Hilfe beim Entknoten zu benötigen. Dabei brauche ich nun wirklich keine Zuschauer. Ich schaffe es, das Bein wieder nach vorne zu zerren, Applaus gibt es
dafür nicht, nur etwas ratlose Blicke. Einem Mann dabei zuzusehen, wie er ein Bein hinter den Kopf und wieder zurück hebt, ist ein Anblick, den man wohl erst einmal verarbeiten muss.
Trotz meiner überraschend guten Yoga-Verfassung bin ich froh, als die Stunde endlich vorbei ist. Auch wenn es möglicherweise Menschen in meinem Umfeld gibt, die das Gegenteil behaupten, mag ich es gar nicht, im Mittelpunkt zu stehen.
Um der Mattenverweigerin vom Kursbeginn nicht mehr begegnen zu müssen, trödele ich beim Umziehen extra lange herum, damit sie möglichst schon weg ist, wenn ich zum Ausgang gehe. Als ich endlich fertig bin und in den Ausgangsbereich trete, sehe ich sie auf dem Sofa sitzen. Offenbar hat sie auf mich gewartet. Sie kommt lächelnd auf mich zu. „Du, das mit der Matte tut mir leid. Lass uns doch noch ein Mineralwasser trinken hier in einem Café um die Ecke. “Verblüfft sage ich zu: „Jaaa, wenn du meinst, gerne.“
Frauen und Yoga-Leistungen, so meine Erkenntnis des heutigen Abends, haben durchaus etwas gemeinsam: Sie sind nie auch nur annähernd verlässlich einzuschätzen. Man sollte, mit ihnen konfrontiert, stets sein Bestes geben, dabei auf die größtmögliche Niederlage gefasst sein, aber unverhoffte Triumphe in Demut zu ertragen wissen. Sie werden nicht lange anhalten, aber sie sind sehr schön.
Yoga und Sex
„Yoga hilft einem, länger und besser Sex zu haben. Ich kann das schlecht erklären, aber gut vormachen.“Kaum erhellender, aber deutlich länger als dieses Zitat des Sängers Sting sind die Ausführungen anderer Experten, die sich zu diesem Thema öffentlich äußern, was regelmäßig in Büchern zum Thema Yoga und Mann der Fall ist.
Anders als die meisten Yoga-Bücher für Frauen verzichtet kaum ein Yoga-Buch für den Mann auf ein Kapitel mit Ausführungen zum Thema Yoga und Sexualität. Meiner Vermutung nach ist der Grund dafür (und für meine Intention, auch ein Kapitel dazu abzugeben), dass sich das Interesse von Männern an Themen, die ihnen sonst eher fremd sind, enorm steigert, sobald ihnen suggeriert
wird, dass sie durch die Befassung mit was auch immer die Quantität oder notfalls auch die Qualität ihres Sexuallebens steigern können. So gibt es tatsächlich kaum einen Lebensbereich, der von dieser Verheißung ausgenommen ist. Einer der Verlage, für die ich arbeite, plant, diesen Trend auszunutzen, und wird in Kürze das Buch mit dem Titel Warum Männer, die staubsaugen, mehr Sex haben veröffentlichen. Dann doch lieber Yoga, mag der eine oder andere denken.
Wie aber geht dieses Yoga, fragt sich der Mann und sucht vielleicht Hilfe in der Ratgeberliteratur. Viele Ausführungen in den Büchern sind für praktisch veranlagte Männer jedoch eine Enttäuschung, da eher allgemeiner Natur. Meist erfährt man, dass Yoga irgendwie zufriedener und gelassener macht und dass sich das natürlich auf die Liebesfähigkeit auswirkt. Das mag schon sein, aber das trifft dann ja wohl ebenso auf andere schöne Beschäftigungen wie etwa Ausstellungsbesuche oder das Betreiben eines eigenen Modelleisenbahnkellers zu. Dennoch liest man selten, dass der regelmäßige Gang ins Museum das Sexualleben verbessert oder Modellbahnfreaks eine höhere Liebesfähigkeit haben.
Yoga für Männer, so raunt einem jeder zweite Guru nach dem fünften Yogi-Tee mit Schuss vertraulich zu, kann über die Steigerung der allgemeinen Zufriedenheit hinaus sehr wohl eine sexuelle Komponente haben. Hier für Aufklärung zu sorgen, bleibt allerdings Patrick Broome überlassen, dem in allen Medien und auf vielen Kongressen und Tagungen als „der
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