Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)
Flüssigkeiten keine Portale erzeugen konnten. Zahar schaute über das Geländer. Da der Dampfer ordentlich Fahrt machte, erkannte Zahar den Unterweltler nur noch als kleine Gestalt im Meer. Der würde das Schiff nicht mehr erreichen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Zahar schwer atmend. David sah aus, als würde er gleich vor Angst sterben. Diesmal war sein Gesicht so weiß wie zuvor sein eigenes.
David nickte und fiel schluchzend in seine Arme. »Es tut mir so leid, dass ich dich in Gefahr bringe.«
Sanft streichelte Zahar über seinen Rücken. »Wieso glaubst du, es ist deine Schuld? Vielleicht sind sie auch hinter mir her.« Er schaute sich hastig um. »Wir müssen deinen Anhänger finden, bevor noch mehr von ihnen kommen.«
David nickte und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Du blutest!« Er übergab Zahar den Umhang.
»Sind nur Kratzer.« Hastig streifte er den Mantel über. David brauchte nicht sehen, wie schwer er wirklich verletzt war. Der Kleine war durcheinander genug. Zahar blutete aus zahlreichen Wunden. Hemd und Hose waren zerrissen. Er würde sich erneut umziehen müssen. Ob er sich jemals an Kleidung gewöhnte?
»Wo sollen wir anfangen?«, fragte David.
Zahar nickte in Richtung Tür, in der die Fra uen verschwunden waren. »Ich kann ihr penetrantes Parfüm immer noch riechen. Falls sie weiterhin an Bord sind, werde ich sie gleich haben.«
Als sie die große Kabine betraten, in dem sich sämtliche Passagiere aufzuhalten schienen – so drängend voll war der Raum –, bemerkte Zahar sofort, dass sich die Stimmung verändert hatte. Die Menschen verhielten sich seltsam, kicherten, tanzten und schwankten, als wären sie betrunken. Sogar David fing an zu glucksen. Er lächelte schief und lallte: »Zahar, ich will auch tanzen!«
»Nicht jetzt!« Er zerrte ihn mit sich, vorbei am Pianospieler im Frack, dessen Finger wie von selbst über die Tasten flogen. Als er zu ihnen hochsah, glühten seine Augen auf.
Wieder ein Dämon! Sie mussten gewusst haben, dass David und er auf das Schiff kamen, und hatten für A blenkung gesorgt. Der Pianospieler zog die Leute in seinen Bann, damit seine Genossen u ngestört ihr Werk verrichten konnten. Niemand der Menschen drehte sich zu ihnen um; kein er wunderte sich über Zahars derangiertes Aussehen.
»Hier rein.« Zahar begab sich mit David in einen Raum, der nur für das Personal des Dampfers war. Es war ein Lager, in dem Getränke und Speisen au fbewahrt wurden. Anschließend ging es durch eine verlassene Küche. Zahar hatte den Koch mit der weißen Mütze auch auf der Tanzfläche gesehen.
Die Musik drang bloß noch leise an ihre Ohren und David war wieder der Alte. »Was ist passiert? Habe ich eben geschlafen?« Er griff sich an die Stirn, während Zahar ihn weiterzerrte, immer dem Geruch des Duftwassers nach.
»Einfacher Dämonenzauber. Sehr effektiv, um Menschenmassen in Schach zu halten.« Bei Zahar wirkte diese Art von Zauber nicht, dafür funktionierte sein Gehör zu gut. Die dunkelmagischen Schwingungen der Klänge erkannte er sofort und wusste, wie er sich schützen musste: nicht hinhören. Da Zahar viel mehr Geräusche wahrnahm als Menschen, hatte er gelernt, diejenigen, die nicht wichtig waren, auszublenden.
Er vernahm eilende Schritte hinter sich. »Schneller, David, sie kommen!« Obwohl er sich zuvor geschworen hatte, den Bauch des Schiffes nicht zu betreten, befand er sich nun mittendrin. Sie stiegen tiefer hinab, in den Bereich, in dem die Kessel beheizt wurden. Es roch nach Rauch; Wärme schlug ihnen entgegen. »Die Frauen sind ganz nah!« Durch das Lärmen der Maschinen hörte er ihr Wimmern.
Er riss die Tür zu einer fensterlosen Kammer auf, in der Schaufeln und anderes Werkzeug aufbewahrt wurden. Am Boden hockten zusammengekauert und in inniger Umarmung die beiden Frauen, die David zuvor umschmeichelt hatten. Sie wirkten verstört und reagierten nicht, als David sie ansprach. »Was ist passiert? Fehlt Ihnen etwas?« Sie schauten ihn an, als würden sie durch ihn hindurchsehen.
»Haben Sie meinen Anhänger gestohlen?«
»Sie stehen unter einem Bann«, sagte Zahar und machte sich daran, die beiden »Damen« ungeniert zu durchsuchen. Das Kleid der jüngeren war an einigen Stellen zerrissen, das der älteren unversehrt. Da wusste er, wer von den beiden das Schmuckstück besaß und holte es aus dem tiefen Ausschnitt der Brünetten.
Hinter ihnen erklang ein Zischen. Sie wirbelten herum und erblickten zwei Dämonen, die sich
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