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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hört einfach nicht auf.« Donna nickt, und weil sie so verständnisvoll ist, strömen die Worte nur so aus mir heraus. Ich rede und rede, und als ich alle meine Geheimnisse preisgegeben habe, hole ich tief Luft und merke, daß eine ganze Stunde vergangen ist. »Ach, du liebe Güte«, sage ich. »Jetzt habe ich Sie so lange aufgehalten.«
    Â»Ãœberhaupt nicht«, erwidert Donna. »Und außerdem, meine Schicht ist seit einer halben Stunde zu Ende.«
    Meine Wangen beginnen zu glühen. »Sie müssen los. Sie sind doch bestimmt froh, wenn Sie hier raus sind.«
    Doch statt zu gehen, schlingt Donna ihre üppigen Arme um mich. »Meine Liebe«, sagt sie, »wären wir das nicht alle?«
    Die Tür öffnet sich zu einem kleinen Operationsraum voll mit funkelnden silbernen Instrumenten – wie ein Mund mit einer Zahnspange. Die Ärzte und Krankenschwestern, die sie schon kennengelernt hat, tragen Mundschutz und Kittel, sind nur an den Augen erkennbar. Anna zupft an mir, bis ich neben ihr in die Hocke gehe. »Und wenn ich nicht mehr will?« sagt sie.
    Ich lege beide Hände auf ihre Schultern. »Du mußt nicht, wenn du nicht willst, aber ich weiß, daß Kate sich auf dich verläßt. Und Daddy und ich auch.«
    Sie nickt einmal, schiebt dann ihre Hand in meine. »Nicht loslassen«, sagt sie.
    Eine Krankenschwester dirigiert sie in die richtige Richtung, auf den Tisch. »Wir haben auch was für dich, Anna.« Sie zieht eine Heizdecke über sie.
    Der Anästhesist reibt mit einem rotgefärbten Wattepad ringsherum eine Sauerstoffmaske ab. »Bist du schon mal auf einem Erdbeerfeld eingeschlafen?«
    Sie arbeiten sich an Annas Körper von oben nach unten voran, bringen mit Gel eingeriebene Kontakte an, die mit Monitoren verbunden werden, um ihr Herz und ihre Atmung zu überwachen. Sie hantieren an ihr herum, während sie auf dem Rücken liegt, obwohl ich weiß, daß sie sie umdrehen werden, um ihr aus den Hüftknochen Mark zu entnehmen.
    Der Anästhesist zeigt Anna den Akkordeonmechanismus an seinen Apparaten. »Kannst du den Ballon da aufblasen?« fragt er und legt Anna die Maske übers Gesicht.
    Die ganze Zeit über läßt sie meine Hand nicht los. Schließlich wird ihr Griff schlaff. Sie kämpft bis zur letzten Minute, ihr Körper schläft bereits, doch die Schultern sind noch angespannt. Eine Krankenschwester hält Anna fest, die andere hält mich zurück. »Das ist nur die Wirkung des Medikaments«, erklärt sie. »Sie können ihr jetzt einen Kuß geben.«
    Ich tue es, durch die Maske. Ich flüstere auch ein Dankeschön. Ich gehe durch die Schwingtür nach draußen und ziehe die Papiermütze und die Schuhschützer ab. Ich schaue durch das winzige Fenster zu, wie sie Anna auf die Seite drehen und eine unglaublich lange Nadel von einem sterilen Tablett genommen wird.
    Dann gehe ich nach oben, um bei Kate am Bett zu sitzen.
    Brian steckt den Kopf in Kates Zimmer. »Sara«, sagt er erschöpft, »Anna fragt nach dir.«
    Aber ich kann nicht an zwei Stellen gleichzeitig sein. Ich halte Kate die rosa Brechschale vor den Mund, während sie sich wieder übergibt. Neben mir hilft Donna, Kate wieder aufs Kissen zu betten. »Ich kann im Augenblick nicht«, sage ich.
    Â»Anna fragt nach dir«, wiederholt Brian, mehr nicht.
    Donna schaut von ihm zu mir. »Wir kommen schon zurecht, solange Sie weg sind«, verspricht sie, und nach einer Sekunde nicke ich.
    Anna ist auf der Kinderstation, wo es keine hermetisch verschließbaren Isolationsräume gibt. Ich höre sie weinen, bevor ich das Zimmer betrete. »Mommy«, schluchzt sie. »Es tut so weh.«
    Ich setze mich auf die Bettkante und nehme sie in die Arme. »Ich weiß, Schätzchen.«
    Â»Bleibst du bei mir?«
    Ich schüttele den Kopf. »Kate fühlt sich gar nicht gut, ich muß zurück.«
    Anna entzieht sich mir. »Aber ich bin im Krankenhaus«, sagt sie. »Ich bin im Krankenhaus!«
    Ãœber ihren Kopf hinweg blicke ich Brian an. »Was geben sie ihr gegen die Schmerzen?«
    Â»Sehr wenig. Die Krankenschwester hat gesagt, bei Kindern sind sie mit Medikamenten lieber vorsichtig.«
    Â»Das ist doch lächerlich.« Als ich aufstehe, wimmert Anna und greift nach mir. »Bin gleich wieder da, mein Engel.«
    Ich spreche die erste Krankenschwester an, die mir über

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