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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ich. »Meine Tochter hat Leukämie und braucht eine Knochenmarktransplantation. Das Krankenhaus benötigt von unserer Versicherung eine Garantie für die Deckung der Kosten.«
    Eine Knochenmarktransplantation kostet mindestens 100 000 Dollar. Eine solche Summe schütteln wir natürlich nicht aus dem Ärmel. Aber nur weil ein Arzt die Transplantation empfiehlt, muß unsere Versicherung dem noch lange nicht zustimmen.
    Â»Solche Fälle werden bei uns gesondert geprüft –«
    Â»Ja, ich weiß. Das hat man mir bereits vor einer Woche gesagt. Ich rufe an, weil ich noch nichts von Ihnen gehört habe.«
    Sie bittet mich zu warten, damit sie sich meine Akte ansehen kann. Ich höre ein leises Klicken und dann eine blecherne Stimme vom Band. Wenn Sie Fragen zu Ihrer  …
    Â»Scheiße!« Ich knalle den Hörer auf die Gabel.
    Anna steckt den Kopf zur Tür herein. »Das darf man nicht sagen.«
    Â»Ich weiß.« Ich nehme den Hörer wieder in die Hand und drücke die Wahlwiederholung. Wie gewohnt lande ich in der Warteschleife, bis sich eine andere Mitarbeiterin meiner erbarmt. »Ich bin vorhin aus der Leitung geworfen worden. Das zweite Mal.«
    Es dauert weitere fünf Minuten, bis die Dame sämtliche Informationen hat, die ich ihren Kolleginnen bereits gegeben hatte. »Wir haben den Fall Ihrer Tochter geprüft, wie ich sehe«, sagt sie. »Leider sind wir der Meinung, daß eine solche Behandlung zum gegebenen Zeitpunkt nicht in ihrem besten Interesse ist.«
    Ich spüre, wie mir Hitze ins Gesicht schießt. »Was würden Sie denn empfehlen, sterben ?«
    Zur Vorbereitung auf die Knochenmarkentnahme muß ich Anna laufend Wachstumsfaktorspritzen geben, die gleichen, die Kate nach ihrer ersten Nabelschnurbluttransplantation brauchte. Der Wachstumsfaktor vermehrt Annas Stammzellen, damit genügend da sind, wenn sie für Kate entnommen werden.
    Anna ist das zwar alles erklärt worden, aber sie weiß nur, daß ihre Mutter ihr zweimal am Tag eine Spritze gibt.
    Wir benutzen EMLA-Creme, ein lokales Anästhetikum. Die Creme soll verhindern, daß Anna den Einstich mit der Nadel spürt, aber sie schreit trotzdem. Ich frage mich, ob es genauso weh tut, wie wenn die eigene sechsjährige Tochter dir in die Augen blickt und sagt, daß sie dich haßt.
    Â»Mrs. Fitzgerald«, sagt die Leiterin des Kundenservice, »wir wissen, was Sie durchmachen. Ehrlich.«
    Â»Irgendwie fällt es mir schwer, das zu glauben«, sage ich. »Irgendwie bezweifle ich, daß Sie eine Tochter haben, für die es um Leben oder Tod geht und daß Ihre Prüfungsabteilung nicht ausschließlich die Kosten einer Transplantation im Auge hat.« Ich habe mir fest vorgenommen, nicht die Beherrschung zu verlieren, und schon nach dreißig Sekunden Telefonat mit unserer Krankenkasse werde ich diesem Vorsatz untreu.
    Â»AmeriLife übernimmt neunzig Prozent der üblichen Kosten für eine Spenderlymphozyteninfusion. Sollten Sie sich jedoch für eine Knochenmarktransplantation entscheiden, sind wir bereit, zehn Prozent der Kosten zu übernehmen.«
    Ich hole tief Luft. »Die Ärzte in Ihrer Prüfungsabteilung, die so etwas empfehlen – was haben die für Spezialgebiete?«
    Â»Ich weiß nicht, was –«
    Â»Akute Promyelozytenleukämie kann es jedenfalls nicht sein, oder? Denn selbst ein Onkologe mit dem denkbar schlechtesten Facharztexamen könnte Ihnen wahrscheinlich sagen, daß mit einer DLI keine Heilung zu erreichen ist. Daß wir in drei Monaten die gleiche Diskussion führen werden. Und wenn Sie einen Arzt fragen würden, der mit der speziellen Krankheitsbelastung meiner Tochter vertraut ist, würde der Ihnen sagen, daß eine DLI, die bei einer APL-Patientin bereits ausprobiert wurde, sehr wahrscheinlich keine Wirkung zeigen würde, weil APL-Patienten eine Resistenz entwickeln. Was bedeutet, daß Ameri-Life praktisch Geld zum Fenster hinauswirft, statt es für die einzige Behandlungsmethode einzusetzen, bei der eine realistische Chance besteht, daß sie das Leben meines Kindes rettet.«
    Am anderen Ende der Leitung höre ich vielsagendes Schweigen. »Mrs. Fitzgerald«, meldet die Kundenserviceleiterin sich wieder zu Wort, »ich denke, wenn Sie sich an den von uns empfohlenen Ablauf halten, wird unser Haus die Transplantation selbstverständlich

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