Beim Naechsten klappt s bestimmt - Roman
würde die Oscar-Verleihung vorbereitet.
Ich bleibe stehen, um die Fotos im Flur zu betrachten - alte Titelblätter, amerikanische Präsidenten, der legendäre Black-&-White-Ball von Truman Capote, Henry Miller. Währenddessen rempeln mich sämtliche Vorbeieilenden an, ohne sich zu entschuldigen.
Das Büro von Lilly Horowitz liegt am Ende des Gangs, und ich sterbe fast vor Angst, genau wie damals, als man mich zum Schulleiter schickte.
Ganz leise klopfe ich an, doch sie, blutgierig wie ein Spürhund, der das verendende Wild wittert, schreit sofort »Herein«.
Ich trete ein, lächelnd und mit leicht schräg geneigtem Kopf zum Zeichen totaler Unterwerfung (ebenfalls wie in den Ratgebern für erfolgreiche Kommunikation beschrieben), und stehe vor dem Angesicht Ihrer Hoheit Lilly Horowitz,
Freud und Leid des US-amerikanischen Verlagswesens. Eine Frau, die mit ihrem Wort über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, die unbestrittene Herrscherin eines Imperiums, die mir nun jeden Moment den Kopf abreißen wird.
Eine Maria Giovanna Elmi aus dem italienischen Fernsehen mit der Bösartigkeit einer Sally Spectra aus Reich und Schön lauert hinter einem riesigen Nussbaumschreibtisch, der mit Zeitungen, Fotos, Büchern, Starbucks-Bechern, Zigaretten und einem dicken Filofax voller Post-it-Zettel vollgetürmt ist.
»Welche Ehre«, sagt sie und gibt mir die Hand, ohne aufzustehen. Ein eiskaltes Händchen, Kaltblüter offenbar, wie alle Reptilien.
»Die Ehre ist ganz meinerseits«, erwidere ich, die Ironie überhörend.
Sie mustert mich eingehend, sodass ich mich nackt und unbehaglich fühle.
Warum entsprechen unsere Träume eigentlich nie der Wirklichkeit - oder umgekehrt? Ich dachte, David sei der Mann meines Lebens, und stattdessen war er nur ein heftiger Schlag ins Wasser. Ich glaubte, nach Schottland zu Edgar zu ziehen sei der Beginn einer wunderbaren Liebesgeschichte, und stattdessen wurde es eine totale Niederlage. Ich dachte, ein Buch zu schreiben würde der große Wendepunkt in meinem Leben, und stattdessen hat sich nichts verändert, unter anderem, weil Edgar der Verleger war … Dann bringe ich Paris Hilton bei einem Interview zum Weinen, und ein Typ von Vanity Fair bietet mir an, für seine Zeitschrift tätig zu sein. Ich stelle mir vor, wie toll es ist, wenigstens im Beruf Glück zu haben und noch einmal
von vorn anfangen zu können, und stattdessen werde ich wie eine elende Bittstellerin behandelt.
Gott, bin ich erschöpft.
»Kommen wir also zu uns. Sie sind nicht mehr ganz jung, wie ich sehe«, sagt sie mit gerunzelter Stirn und unter dem Kinn verschränkten Händen.
»Ich bin zweiunddreißig.«
»Eben. Wenn Sie in Ihrem Alter noch nichts erreicht haben, verstehe ich nicht, wie Sie uns nützlich sein sollten, aber Max hat ein Loblied auf Sie gesungen. Er meint, Sie seien brillant und ironisch, hätten Witz und sogar ein Buch in England veröffentlicht, was zugegebenermaßen wirklich ziemlich ungewöhnlich ist für eine Italienerin. Schade nur, dass ich mir kein einziges Exemplar besorgen konnte. Können Sie mir sagen, warum?«
Ihr weiszumachen, dass die Bücher schon vergriffen sind, wäre wohl fehl am Platz.
»Das ist eine ziemlich lange Geschichte, die Sie wahrscheinlich gar nicht hören wollen.«
»Ich vertraue auf Ihr Verknappungstalent.«
Wie ich es hasse, das Messer auf die Brust gesetzt zu bekommen.
»Mein Freund, das heißt mein Exfreund …«
Lilly blickt seufzend auf ihre Uhr.
»… war auch mein Verleger, und da wir uns unter unerfreulichen Umständen getrennt haben, weiß ich nicht, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, ihn nach den Verkaufszahlen zu fragen, also …«
»Aha, das ist also der Grund für die Veröffentlichung, Sie sind gerissener, als ich dachte!«, ruft sie mit einem schelmischen Lächeln.
»Aber nein, Mist«, platze ich heraus, »ich hatte das Buch schon geschrieben, bevor ich ihn kennenlernte. Ich habe doch gesagt, es ist eine lange Geschichte. Ich habe mit ihm in Schottland zusammengelebt, er hatte eine Menge Probleme mit sich selbst, aber ich habe mein Bestes getan, ihn zu verstehen. Ich schwöre Ihnen, mit dem Buch hat das nichts zu tun, er hat an mich geglaubt und wollte mir helfen, doch dann war alles ganz kompliziert, und ich konnte nicht länger bleiben. Es … es war zu schwierig, seine Mutter war ständig um uns herum, dazu die Erinnerung an seine perfekte Exfrau, und obendrein war ich immer allein. Sie müssen mir glauben, ich habe es versucht …« Ich
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