Beim zweiten Mal kuesst es sich besser
sie in der Modebranche arbeitete und perfekt auszusehen hatte. Bessie dagegen liebte deftige Hausmannskost und hielt ein Essen ohne Butter für Folter.
„Grandma, mit mir ist alles okay.“
Bessie tätschelte ihr die Hand und schnalzte mit der Zunge. „Mach dir darum keine Sorgen, mein Schatz. Jetzt bist du erst einmal Zuhause. Ich werde dich schon wieder aufpäppeln.“
Kate wagte einen kleinlauten Protest, den ihre Großmutter einfach ignorierte und durch den gesamten Raum brüllte. „Hatty, schau doch! Meine Kate ist wieder da. Ist sie nicht furchtbar mager geworden? “
Bald fand sich Kate an einem Tisch mit Bessies ältesten Freundinnen wieder, die sich wie Glucken aufführten und ihr von allen Seiten Teller mit Keksen, Pralinen oder Kuchenstückchen hinschoben. Natürlich war das sehr aufmerksam, aber Kate hätte sich viel lieber in ihr Auto gesetzt, um zum Haus ihrer Großmutter zu fahren, ihre Sachen auszupacken und sich ins Bett zu legen, um mindestens eine Woche lang zu schlafen. Sie hatte kein Bedürfnis, an diesem Tisch zu sitzen und ein Schwätzchen zu halten, sondern wollte viel lieber in Ruhe an die Decke starren und sich selbst bemitleiden. Unbehaglich bemerkte sie, dass sie plötzlich im Mittelpunkt der Diskussion der fünf alten Damen stand, und wäre am liebsten unter den Tisch gekrochen.
„Schätzchen, du siehst völlig erschöpft aus.“
„Du musst dich nur ordentlich ausschlafen ...“
„Du solltest mehr essen!“
„Mach dir nichts aus diesem Mann, Kate. Bessie hat uns alles erzählt! Wenn du mich fragst, ist er deinen Kummer nicht wert.“
Um nicht antworten zu müssen, stopfte sich Kate mit glasierten Kirschtaschen voll und senkte die Augen auf den Tisch. Eigentlich war sie nach Hailsboro gekommen, um nicht über Steven nachdenken zu müssen. Sie hatte keine Lust, dieses Thema ausgerechnet am Tisch der größten Klatschweiber der ganzen Stadt zu besprechen. In Gedanken überlegte sie sich gerade eine wundervolle Foltermethode für ihre Großmutter, die einfach einmal die Klappe hätte halten können. So wie Kate diese Stadt kannte, wusste spätestens nach dem sonntäglichen Kirchgang jeder Bewohner über ihre gescheiterte Beziehung Bescheid.
„Männer können solche Schweine sein ...“
„Das stimmt. Ihr kennt doch sicher meine Cousine Emma, die mit ihrem Mann nach Virginia gezogen ist, weil er dort einen Job bekommen hat. Alles hat sie für ihn aufgegeben, hat ihm immer den Rücken gestärkt, aber kaum ist sie in die Wechseljahre gekommen, hat er sie für seine Sekretärin verlassen.“
Bessie schnaubte und starrte ihre älteste Freundin Hatty an. „ Da kann sie von Glück reden, dass er gewartet hat, bis sie in die Wechseljahre gekommen ist. Charlie hat Megan verlassen, nachdem sie ein Baby bekommen hatte. Megan war Mitte zwanzig, als sie geschieden wurde.“
Da Kate besagtes Baby gewesen war, verdrehte sie die Augen und murmelte genervt: „Mom und Dad haben sich nicht mehr geliebt, Grandma.“
„Papperlapapp! Es heißt in guten wie in schlechten Zeiten und nicht bis ihr keine Lust mehr auf eine Ehe habt , Kate.“
Kate kannte dieses Argument seit ihrer Kindheit und hielt wohlweißlich den Mund . Wenn Bessie einmal in Fahrt war, konnte sie nichts aufhalten. Stumm hörte Kate zu, wie sich die alten Damen über Männer ausließen und immer wieder Kates Ex-Verlobten anführten, während Kate eine bleierne Müdigkeit bemerkte, die ihr in alle Glieder fuhr.
Hatty seufzte schwer, wobei sich ihre vollen Wangen aufplusterten und anschließend für einige Sekunden wie Pudding wackelten. „Die Tochter der besten Freundin meiner Schwester hat fast das Gleiche durchmachen müssen wie du, Kate. Sie kam nach einem Elternabend nach Hause und erwischte ihren Mann, der mit seinem Geliebten im Ehebett lag ...“
„Mit einem Mann?!“ Bessie öffnete vor Entsetzen den Mund.
„Drei Kinder haben sie zusammen“, ereiferte sich Hatty und bekam vor lauter Empörung ein rotes Gesicht. „Acht Jahre waren sie verheiratet und lebten seit zehn Jahren zusammen! Wie kann ihr denn nie aufgefallen sein, dass er vom anderen Ufer war?“
„Sei bloß froh, dass dir das nicht passiert ist, Kate“, Helen, Bessies Nachbarin, schüttelte ungläubig den Kopf.
Kate hatte genug gehört und schob ihren Stuhl zurück. „Grandma, ich bin ziemlich müde. Kannst du mir einen Hausschlüssel geben?“
„Natürlich, Schätzchen“, besorgt musterte ihre Großmutter sie. „Willst du nicht warten, bis
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