Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Sternsinger. Vor der Tür, in einer Barbour-Jacke, den Kragen gegen die Kälte hochgeschlagen, stand Johnny LaVenture.
»Cleo, auf ein Wort.«
Cleo zögerte. Wann immer die Leute ›auf ein Wort‹ sagten, verspürte sie den ketzerischen Drang, »welches denn?« zu rufen. Aber er sah nicht so aus, als ob er das lustig finden würde. Eigentlich wirkte sein Gesichtsausdruck sogar regelrecht grimmig.
»Na schön.« Sie wich nicht von der Stelle, fragte sich, was ihn hergeführt hatte. »Ich dachte, du wärst in die Staaten zurückgekehrt.«
»Das war ich auch. Und jetzt bin ich wieder hier. Was stinkt hier so diabolisch?«
Frechheit! Andererseits hatte er nicht ganz unrecht. Die Brokkoli, die sie schon vorab gekocht hatte, befanden sich immer noch in einem Topf auf der Herdplatte und warteten drauf, mit der Käsesoße übergossen zu werden. Beleidigt sagte sie: »Das ist das Abendessen.«
»Es brennt an.« Johnny trat ins Haus, ohne dass sie ihn dazu aufgefordert hätte , und ging zur Küche.
»Entschuldige mal!« Cleo kochte vor Empörung, während sie ihm folgte. Ihr Cottage schien sofort kleiner, als Johnny darin stand. Wehe, er hinterließ auf ihrem cremefarbenen Teppich im Flur Fußabdrücke.
»O Mann, riechst du das nicht?« Johnny marschierte direkt zum Herd, nahm den blauen Emailletopf mit den abgegossenen Brokkoli und warf ihn in die Schüssel mit Spülwasser in der Spüle. Sofort stieg eine pilzförmige Dampfwolke auf und es war ein ohrenbetäubendes Zischen zu hören.
»Das Gas hätte gar nicht eingeschaltet sein dürfen«, platzte es aus Cleo heraus. »Ich dachte, es riecht so schrecklich, weil es eben Brokkoli ist!«
Er zeigte mit dem immer noch dampfenden Topf auf sie. Die Brokkoliröschen waren schwarz und klebten am Topfboden fest. Tja, wenigstens hieß das, dass sie sich nicht länger fragen musste, wie sie die Klumpen aus der Käsesoße bekommen konnte. Johnny hob angesichts der halbverkohlten Pastinaken, der Soße und der Hühnchenviertel eine Augenbraue und sagte zu Will: »Wollten Sie das ernsthaft essen?«
So schön es auch wäre, wenn Will Johnny jetzt einen Faustschlag ins Gesicht versetzen würde, es bestand durchaus auch die Möglichkeit, dass er seine Partei ergreifen könnte. Cleo warf hitzig ein: »Moment mal, ich kann mich nicht erinnern, dass ich dich ins Haus gebeten hätte.« Ihr Cottage mochte kein Vergleich zu Ravenswood sein, aber es war ihr Zuhause, hier war sie aufgewachsen, und sie liebte jeden gemütlichen, krummen Cottagewinkel darin.
»Nein?« Johnny sah sie an. »Tja, erinnerst du dich dann wenigstens daran, mit dem Paar geredet zu haben, das daran interessiert war, mein Haus zu kaufen?«
Oh. Mist.
»Was?«
»Tu jetzt nicht so, als wüsstest du von nichts. Ich bitte dich, ich bin nicht hier, um deine Kochkünste zu testen.« Mitleidig schüttelte er den Kopf. »Ich habe mit dem Immobilienmakler gesprochen. Dann habe ich das Paar angerufen, das von seinen Kaufabsichten Abstand nahm, nachdem es mit jemand aus dem Dorf geredet hatte. Davor waren die beiden sehr interessiert gewesen.« Seine Augen funkelten. »Aber dann hörten sie von der Horde Hell’s Angels, die jeden Abend durch das Dorf marodiert.«
»Wollen Sie behaupten, Cleo hätte ihnen das erzählt?« Endlich eilte Will zu ihrer Verteidigung. »Ich glaube nicht, dass sie das getan hat.«
Ehrlich, warum hatte er sie nicht vorhin verteidigt, als er es hätte tun sollen?
»Tja, ich bin sicher, damit liegen Sie richtig«, höhnte Johnny. »Es ist nur so, als ich das Paar bat, mir die Person zu beschreiben, mit der sie gesprochen hatten, meinten sie, es sei eine Brünette Ende zwanzig mit einer violetten Strähne im Haar und einer großen Sommersprosse unter dem rechten Auge gewesen.« Er schwieg kurz. »Sie verstehen also, warum ich zu dieser Schlussfolgerung gelangte.«
Cleo spürte, wie geschockt Will war.
»Na schön, ich war’s.« Cleo richtete sich trotzig auf. »Aber du hättest sie sehen sollen. Sie hätten überhaupt nicht ins Dorf gepasst.«
»Und vermutlich dachtest du, es könnte Spaß machen, mir die Suppe zu versalzen«, sagte Johnny. »Tja, Glückwunsch, das ist dir gelungen. Wenn ich vor Weihnachten keinen anderen Käufer finde, dann verliere ich das Apartment in New York, auf das ich ein Auge geworfen habe. Der Grund, warum ich zurückkam, ist der, dass ich dich bitten möchte, so etwas nicht noch einmal zu tun. Denn glaube mir, ich finde das nicht komisch.«
Und das war’s. Er drehte
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