Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
meisten. Sie machten die stummen Topmanager wett, die diese Dienstleistung für selbstverständlich erachteten, den ohrenbetäubenden Lärm der übererregten Kinder, die von ihrem letzten Tag an der Grundschule kamen, und die Mühe, die es machte, Gruppen völlig betrunkener Frauen auf einem Junggesellinnenabschied unter Kontrolle zu halten. Die ältere Dame an diesem Morgen war im Fonds des Bentley in Tränen ausgebrochen. Und zwischen ihren Schluchzern hatte sie gestammelt: »Ach du meine Güte, was habe ich nur getan, um eine Familie wie die meine zu verdienen? Ich bin die glücklichste Frau der Welt!«
»Und stell dir nur vor, wie viel mehr ihnen die Fahrt gefallen hätte, wenn sie die Chance gehabt hätten, dabei meiner Sendung zu lauschen.«
»Du gibst auch nie auf, oder? Du bist eine Quotensau. Wenn du dich nützlich machen willst, dann brüh mir eine Tasse Tee auf«, bat Cleo.
»Entschuldige bitte.« Ash klopfte sich auf die Brust. »Du sprichst hier mit einem künftigen weltweiten Superstar.«
»Schön stark, mit wenig Milch und zwei Stück Zucker.«
Er zottelte ins Haus und kam fünf Minuten später mit zwei Bechern Tee zurück. Als Cleo sich auf der Mauer niederließ, die ihre nebeneinanderliegenden Vorgärten von der Straße abtrennte, traten die drei Besucher aus Ravenswood heraus. Sie plauderten noch eine Minute, dann stieg der Immobilienmakler in seinen Wagen und fuhr mit fröhlichem Winken davon. Das Paar betrachtete eingehend das Dorf, bevor es zu seinem Volvo ging. Der großgewachsene Mann öffnete die Beifahrertür für seine alarmierend dünnbeinige Frau.
»Glaubst du, sie werden Ravenswood kaufen?«, fragte Cleo.
»Möglich. Sie sieht aus wie ein Flamingo.« Ash kniff die Augen zusammen. »Und wie eine Hörerin von Radio Four.«
Der makellose, kastanienbraune Volvo fuhr geschmeidig los, vorbei am Pub und dann, anstatt nach links aus dem Dorf heraus zu fahren, mit bedrohlichen zehn Meilen die Stunde einmal um die Wiese herum und direkt auf sie zu. Ash beobachtete den Volvo und summte die Titelmelodie vom Weißen Hai .
Von nahem ähnelte die Frau noch mehr einem Flamingo, mit ihren dunklen Augen und ihrer spitzen Nase, die an einen Schnabel erinnerte. Sie musste den Kopf senken, um über die Nase hinweg zu Cleo und Ash zu schauen.
»Guten Tag, wohnen Sie hier?« Der Blick wirkte irgendwie missbilligend. »Wir haben uns eben das Haus hier angeschaut. Es scheint ein nettes Dorf zu sein. Sind die Leute, die hier wohnen, im Allgemeinen glücklich?«
»Glücklich?«, rief Ash gutmütig. »Sie sind euphorisch. Sie haben also Interesse an dem Haus?«
Die Frau schürzte ihre schmalen Lippen wie ein Steuerinspektor. »Möglicherweise. Aber wir müssen erst mehr über Channings Hill erfahren, bevor wir eine Entscheidung treffen. Mein Mann und ich lieben Frieden und Ruhe. Ist dies hier ein verschlafenes Dorf?«
»Ich würde nicht von verschlafen sprechen, wir haben durchaus unsere Momente«, meinte Ash. »Es ist einfach … normal .«
»Was soll das denn bedeuten?« Der Ehemann der Frau inspizierte ihn eingehend. Cleo fragte sich, wie es für die beiden sein musste, miteinander verheiratet zu sein.
»Es gibt nicht allzu viel Partys«, erläuterte sie. »Es ist mehr so eine Art … unstrukturierter Lärm. Beispielsweise die Teenager auf ihren Motorrädern … es sind gute Kinder, ehrlich, sie denken nur nicht über den Lärm nach, wenn sie rund um die Wiese brettern.«
Man hörte, wie beide den Atem einsogen. Die Frau schauderte. » Motorräder ?«
Maggie Smith in ihren versnobtesten Momenten wäre stolz gewesen.
»Nicht alle«, versicherte Cleo ihr rasch. »Manche haben auch einfach nur Mopeds. Aber spätestens um Mitternacht ist immer Schluss.«
Dem Mann traten die Augen hervor. »Davon hat der Immobilienmakler gar nichts erwähnt.«
»Das überrascht mich nicht! Aber der Rest des Dorfes ist großartig.« Cleo nickte begeistert. »Ein toller Pub, in dem immer viel los ist. Sie werden in null Komma nichts viele neue Freunde gefunden haben, vor allem wenn Sie Karaoke mögen!«
Der Volvo verließ das Dorf sehr viel schneller, als er gekommen war. Ash nahm Cleos Hand, drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken und meinte: »Du bist ein böses, böses Mädchen.«
»Ist mir egal. Ich mochte sie nicht. Die Frau sah aus, als wollte sie mir die Augen auspicken.«
»Wenn du sie verschreckt hast, wird dich der Immobilienmakler aufspüren und erschießen.«
Tja, daran hatte sie gar nicht
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