Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
überall im Gesicht kleine, gerötete Schnittwunden und trug einen gigantischen Schaumstoffring um den Hals. Ash hatte nicht ganz unrecht.
Er beobachtete sie und meinte hilfreich: »Du siehst aus, als seist du in einen dieser Gemüseschnitzler geraten.«
»Na toll.« Auf seine Freunde konnte man sich eben immer verlassen, wenn man Aufmunterung brauchte. Aus Rache fragte sie: »Wie läuft es zwischen dir und Fia?«
»Ich sage dir was.« Ash starrte stur auf die Straße. »Du stellst mir keine grausamen Fragen mehr. Und ich halte nicht an und lasse dich den Rest des Weges nach Hause laufen.«
Fia fasste kaum, wie hervorragend sie sich amüsierte. Wer hätte gedacht, dass ein Besuch im Zoo so viel Spaß machen konnte? Aber das tat es, und es war allein ihre Idee gewesen! Als sie Ash gebeten hatte, sie zu begleiten, hatte er anfangs verblüfft gewirkt, aber dann hatte er ja gesagt, und das war der Beginn eines wahrhaft herrlichen Tages gewesen.
»Was machen wir als Nächstes? Die Gorillainsel!« Sie nahm seine Hand, eilte mit ihm über den Rasen, der das Löwengehege vom Affenhaus trennte. »Ich will die Babygorillas sehen …«
»Nein, nein, zuerst die Pinguine.« Ash zog sie in die andere Richtung. »Die werden in zehn Minuten gefüttert. Hast du jemals einen Pinguin gefüttert?«
»Das ist nicht erlaubt.« Fia hatte die Schilder gelesen. »Das müssen die Wärter tun.«
»Ha, ich habe hier mal gearbeitet. Wusstest du das nicht?« Er schüttelte sich die mausbraunen Haare aus den Augen und zwinkerte ihr zu. »Und das heißt, wir dürfen es.«
Unglaublicherweise durften sie es wirklich. Sie und Ash zogen sich Schuhe und Socken aus, traten barfuss in das flache Wasser, verfütterten rohen Fisch an die Pinguine und sahen zu, wie sie ins Wasser tauchten und durch die Fluten pflügten. Die Zoobesucher, die neidisch hinter der Absperrung zusahen, lachten und applaudierten bei Ashs komischen Einlagen, in denen er mit den Pinguinen spielte. Schließlich rief Fia: »Du bist heute so anders! Ich mag es, wenn du so bist!«
Ash erwiderte: »Aber ich war immer so. Es ist dir nur nie zuvor aufgefallen.« Dann griff er nach ihrer Hand und zog sie zu dem Felsvorsprung, unter dem das tiefe Wasser im Sonnenlicht funkelte. »Komm schon, lass uns schwimmen!«
Die Menge hielt kollektiv den Atem an, als die beiden die Arme ausbreiteten und sich wie Delphine in die Luft erhoben. Einen Sekundenbruchteil, bevor sie auf dem Wasser aufkamen, wachte Fia auf.
Wow, das war ja bizarr. Sie starrte an die Schlafzimmerdecke und fragte sich, was das ausgelöst haben mochte. Sie hatte am Vorabend eine Tiersendung im Fernsehen angeschaut, aber darin war es um Erdmännchen gegangen. Und sie hatte gestern im Supermarkt eingekauft, aber sie war nicht einmal in die Nähe der Fischtheke gekommen …
Moment mal, das musste es ein. Als sie gestern Abend im Pub des Essen servierte, hatten Ash und Frank sehr leidenschaftlich über die Vorzüge diverser Kekse aus aller Welt debattiert, von Wagon Wheels über Jaffa Cakes bis hin zu, ja, P-p-p-penguins.
So waren eben Träume. Träume waren seltsam. Dieser hier hatte sich allerdings so verdammt real angefühlt. Und er verblasste auch nicht, wie es Träume für gewöhnlich taten. Jedes Detail stand ihr noch lebhaft vor Augen.
Selbst wenn sie nur an Ash dachte, fühlte sie sich merkwürdig. Er war im Traum so reizend gewesen, und sie hatte diese erstaunliche Verbundenheit zwischen ihnen empfunden, als seien sie schon seit Jahren beste Freude. Eigentlich mehr als nur beste Freunde …
Fia drehte sich auf die Seite, schaltete den Wecker aus und das Radio ein und scrollte sich durch die Sender, bis sie BWR fand. Fing die Sendung von Ash um sieben an?
»… alles auf die Plätze für das großen Hüpfballwettrennen. Auf unserem orangenen Hüpfball sitzt der Schwule Pete, und auf unserem männlich dunkelgrünen Hüpfball haben wir … grrrr … da haben wir den Bulligen Bösen Bruce in seinen Motorradstiefeln. Also gut, zwei Runden durch das Studio, niemand schubst und niemand drängelt. Drei, zwei, eins … los!«
Meine Güte, es fühlte sich seltsam an, seine Stimme zu hören, so kurz, nachdem sie zusammen Pinguine gefüttert hatten. Aber Ash klang genauso fröhlich und entspannt im Radio wie eben noch im Zoo. Jedenfalls war es jetzt Zeit, aufzustehen. Fia schwang sich aus dem Bett, schlurfte ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche. Wenigstens würde das Wasser wärmer sein als die eisig
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