Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Unfalls gewesen zu sein. Laut seiner Aussage war plötzlich ein Hirsch vor den Wagen gesprungen, und Cleo habe das Steuer verrissen und sei von der Straße abgekommen. Wenn sie seiner Version der Ereignisse nicht zustimmte, wäre er gezwungen, sie wegen gefährlicher Fahrlässigkeit am Steuer zu verklagen. Das wäre für Henleaze Limousinen schrecklich, die finanziellen Einbußen könnten sich als existenzbedrohend erweisen.
Oder sie gingen mit dieser Sache nicht vor Gericht, und er bezahlte den beträchtlichen Schaden am Wagen.
Nur gut, dass es nicht der Bentley gewesen war.
»Es ist kompliziert.« Der grimmige Graham ließ sich diesbezüglich gerade rechtlich beraten. Cleo hievte sich vom Bett. »Aua, autsch .«
Ash schüttelte den Kopf. »Du musst mir einfach immer eine Nasenlänge voraus sein, oder? Nur weil ich mir einen fiesen Hexenschuss zugelegt habe, hast du absichtlich eine Limousine zu Bruch gefahren, um ins Krankenhaus zu kommen. Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du eine Trittbrettfahrerin mit Aufmerksamkeitsdefizit bist?«
Cleo nahm seinen Arm. »Ja, aber dir geht es mittlerweile besser. Darum kannst du mir zum Wagen helfen.«
»Solange die Leute uns nicht sehen und denken, wir seien ein Paar.« Ash grinste. »Ich habe nämlich meine Ansprüche.«
Die Entlassungspapiere waren ausgefüllt, und sie konnte gehen. Cleo wusste, dass sie von Glück reden konnte. Sie war zwar angeschlagen und voller Blutergüsse, hatte aber keine bleibenden Schäden davongetragen. Die Röntgenbilder waren in Ordnung gewesen. Sie hatte Schnittwunden im Gesicht und ein böses Schleudertrauma, aber es hätte noch weitaus schlimmer ausgehen können. Und die Ärzte hatten ihr gesagt, sie müsse den Stützkragen nur eine Woche lang tragen.
Ein hübsche Krankenschwester mit roten Wangen und funkelnden Augen kam auf sie zugeeilt. »Oh, Sie gehen gerade? Sie haben Besuch bekommen!«
Der grimmige Graham? Casey Kruger? Noch mehr Juristen? Cleo drehte sich steif zu den Doppeltüren am Eingang der Station, und ihr Herz schlug plötzlich im Galopp, wie es das in letzter Zeit immer tat, wenn sie Johnny LaVenture sah.
»Warum wird sie denn rot?«, murmelte Ash leise. »Hat er sie gerade im Wäscheschrank beglückt?«
Er mochte Johnny als Mensch, aber seine Wirkung auf andere Frauen – okay, auf Fia – war etwas, was Ash ihm nur schwer nachsehen konnte.
»Hallo.« Johnny lächelte ansatzweise, als sie auf ihn zutraten. »Sie werfen dich also raus.«
Nicken schmerzte. Und aufgrund des hohen, weichen Kragens hatte sie wahrscheinlich ein unattraktives Doppelkinn. Cleo fragte sich, ob Johnny sie mit einem Kuss begrüßt hätte, wenn Ash nicht besitzergreifend den Arm um sie gelegt hätte. »Es geht mir gut. Danke. Du weißt schon, für gestern Nacht.«
»Kein Thema. Ich bin froh, dass ich helfen konnte.« Er sah zu Ash. »Ich kann sie nach Hause fahren, wenn du willst. Du hast doch sicher zu tun …?«
Ja, bitte, ja bitte!
»Ist schon gut. Ich bin extra gekommen, um sie zu abholen.« Ashs Griff um ihre Schultern wurde fester. »Ich bringe sie heim.«
Johnny nickte langsam. »Ist gut. Ich sehe dich dann in den nächsten Tagen. Heute Abend muss ich nach London und dann wieder nach Norfolk, um Barbaras Beerdigung zu organisieren.«
»Tja, danke noch mal. Für alles.« Dieses Mal löste sich Cleo aus Ashs Griff, beugte sich vor und pflanzte einen Kuss auf Johnnys Wange. Küssen war noch schmerzvoller als Nicken, aber der Duft seines Aftershave und die Wärme seiner Haut machten es allemal wett. Aus den Augenwinkeln sah sie den eifersüchtigen Gesichtsausdruck der hübschen Krankenschwester.
»Du kannst mir auch danken, wenn du möchtest«, sagte Ash unterwegs.
»Wofür soll ich dir danken?«
»Du wolltest mit ihm nach Hause fahren, nicht wahr? Und was hätte das gebracht? Du stehst auf Johnny LaVenture. Vielleicht steht er auch ein bisschen auf dich, wenn man berücksichtigt, dass er noch nicht die Chance hatte, dich von seiner To-Do-Liste zu streichen.« Ash konnte ziemlich grob sein, wenn ihm danach war. »Aber seien wir ehrlich, du bist momentan nicht in der Verfassung, irgendetwas anzustellen. Außerdem siehst du scheiße aus. Also lass ihn in Ruhe. Mehr sage ich nicht. Wenn du dich wirklich zum Narren machen willst, dann warte wenigstens, bis es dir wieder bessergeht.«
Während er fuhr, klappte Cleo die Sonnenblende herunter und betrachtete sich in dem winzigen Spiegel. Ihre Haare waren eine Katastrophe, sie hatte
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