Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Krankenhaus, und es wurden alle möglichen Tests an mir durchgeführt und dann hieß es, meine Gebärmutter sei nicht funktionstüchtig. Und das war’s. Da kann man nicht mehr viel tun, nicht wahr?« Abbie ließ den Kopf gegen die glatten Sofakissen fallen. »Ich wollte nur noch sterben. Ich dachte, Tom würde mich verlassen. Warum sollte er an jemand gekettet sein, der niemals Kinder bekommen konnte? Schon damals wussten wir, dass wir eines Tages welche haben wollten. Aber er war wunderbar.« Tränen strömten ihr übers Gesicht. »Er sagte, es sei ihm egal und er würde mich zu sehr lieben, um mich im Stich zu lassen. Natürlich vergaß er zu erwähnen, dass er sich dadurch ablenken würde, indem er hinter meinem Rücken mit anderen Frauen schlief.«
»Vielleicht ist es ja nur ein einziges Mal vorgekommen«, sagte Des.
Abbie wischte sich die Augen. »Soll ich mich dadurch besser fühlen? Halten Sie jetzt ihm die Stange?«
»Nein, nein, wirklich nicht.« Des drückte ihre Hand. »Ich verstehe nicht, wie er Ihnen das antun konnte.« Er schüttelte den Kopf. »Was ist mit einer Adoption? Haben Sie es nie damit versuchen wollen?«
»Oh, das haben wir schon. Wir haben geheiratet, als ich 21 wurde, und wurden sofort bei einer Adoptionsbehörde vorstellig. Aber alle sagten uns, wir seien noch zu jung für eine Adoption, als ob wir für unsere Jugend abgestraft werden sollten. Und ich konnte einfach nicht warten.« Abbie schloss die Augen, als die schmerzlichen Erinnerungen an jene Zeit auf sie zufluteten. Cleo, der ungeplante, aber willkommene ›Unfall‹ ihrer Eltern, war damals quirlige sieben Jahre alt gewesen und sie hatte sich innig um ihr kleine Schwester gekümmert, aber das hatte nur das klaffende, baby-förmige Loch in ihrem eigenen Leben vergrößert. »Ich wollte nichts weiter als ein eigenes Baby. Jeder Tag kam mir wie ein Monat vor, jeder Monat wie ein Jahr. Uns wurde gesagt, wir sollten in fünf Jahren wiederkommen, wenn wir uns etabliert hätten. Etabliert! Und wenn man sich aufregte, weil sie einem das sagten, dann hatte man in ihren Augen damit nur bewiesen, wie ungeeignet man war!« Die Worte strömten jetzt nur so aus ihr heraus. »Dann haben wir es mit einer Leihmutterschaft versucht, aber das war furchtbar und hat nicht funktioniert … Danach hatten wir einfach keine Kraft mehr, darum haben wir zwei weitere Jahre gespart und uns erkundigt, wie man im Ausland adoptieren könnte. Aber das war alles so kompliziert und schwer, und am Ende hatte ich mich in einen solchen Zustand hineingesteigert, dass meine Ärztin mir Beruhigungsmittel verschreiben musste. Sie meinte, ich sei besessen und es würde mein Leben völlig beherrschen und wenn ich nicht aufpasste, würde ich einen Nervenzusammenbruch erleiden. Und dann sagte Tom, das müsse aufhören. Er sprach ein Machtwort und erklärte mir, er wolle eine Ehefrau und kein brabbelndes Wrack. Er meinte, so wie die Dinge liefen, würden wir daran zugrunde gehen. Und wissen Sie was? Nachdem wir 18 Monate lang durch die Hölle gegangen waren, war das beinahe eine Erleichterung. Wir hatten alles versucht, und nichts hatte funktioniert. Also gaben wir vorübergehend auf und sagten uns, wir würden es vier Jahre einfach auf sich beruhen lassen. Aber als wir danach wieder darüber nachdachten, sah Tom, dass ich mich wieder total aufrieb, und er sagte, er würde mich das alles nicht noch einmal durchmachen lassen. Und als ich einmal völlig durch den Wind zu meiner Ärztin ging und Beruhigungsmittel verlangte, meinte sie, ich würde mir damit keinen Gefallen tun und angesichts meiner psychischen Verfassung würde ich ohnehin nicht als geeignet für eine Adoption eingestuft.« Sie hielt inne, drehte sich um und sah Des an. »Das war es dann. Wir gaben auf, dieses Mal für immer, und trösteten uns damit, dass wir wenigstens noch einander hatten.«
Er drückte mitfühlend ihre Hand. »Das wusste ich nicht. Es tut mir so leid.«
»Sie können ja nichts dafür.« Abbie sah stirnrunzelnd in das leere Glas in ihrer anderen Hand. »Habe ich das verschüttet?«
Des lächelte. »Sie haben es getrunken. Bleiben Sie sitzen, ich fülle Ihr Glas wieder auf.«
Bis er aus der Küche zurückkam, war sie schon wieder in Tränen ausgebrochen.
»Es tut mir leid, ich weiß gar nicht, wo das alles herkommt.« Abbie fummelte ein weiteres Taschentuch aus der Schachtel. »Das muss die langweiligste Nacht Ihres Leben sein.«
»Seien Sie nicht albern. Wir sind doch Freunde oder
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