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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zu ihr hinüber. »Es tut mir leid.«
    »Das sollte es auch«, sagte sie. »Das war einfach bescheuert, Ryan anzurufen.« Sie schüttelte den Kopf. »Unglaublich bescheuert. Was hast du dir dabei gedacht?«
    Ich zuckte die Schultern. »Weiß nicht …«
    »Du
weißt
nicht?«
    »Ich musste einfach mit ihm reden.«
    »Wieso?«
    »Um herauszufinden … ich musste herausfinden …«
    Sie seufzte und schüttelte wieder den Kopf. »Und was hast du herausgefunden? Was hat er dir gesagt?«
    »Nicht viel …«
    »Na, das ist ja eine Überraschung.«
    »Er wollte mich verwirren. Er wollte, dass ich seine Lügen glaube.«
    »Natürlich wollte er das. Was hast du von ihm erwartet? Er wird dir kaum die Wahrheit erzählen, oder? Er will dich aus dem Gleichgewicht bringen, dich verwirren. Er will, dass du einen Fehler machst.« Sie sah mich wieder an. »Das ist ein ganz großes Ding, Robert. Wer immer diese Leute sind und was immer es ist, was sie von dir wollen, sie werden vor nichts zurückschrecken, um es zu kriegen.« Sie warf einen Blick auf das Handy in ihrer Hand, schaltete es aus, ließ das Fenster herunter, dann schaute sie mich wieder an. »Also, keine bescheuerten Anrufe mehr – okay?«
    |244| Ich nickte.
    Sie schaute in den Rückspiegel, wartete auf einen Wagen, der auf der anderen Spur überholte, schaute wieder in den Spiegel. Noch eine kurze Pause, dann nahm sie das Handy von der einen in die andere Hand und warf es schnell aus dem offenen Fenster. Ich hörte das schwache Klacken zerspringenden Kunststoffs, und als ich über die Schulter nach hinten schaute, sah ich, wie die Reste des Handys unter der vorderen Stoßstange eines Sattelschleppers verschwanden.
    Eddi schloss das Fenster und fuhr weiter.

    Während der restlichen Fahrt stellte mir Eddi Fragen und ich versuchte, sie zu beantworten. Sie fragte mich wieder, was im Krankenhaus passiert war; ich erzählte es ihr. Sie bat mich, das Teil zu beschreiben, das ich in mir gefunden hatte; ich beschrieb es. Sie fragte mich nach Ryan, Casing, Morris, Kamal; nach Bridget und Pete und nach den andern, die sich um mich gekümmert hatten; nach den Schulen, auf denen ich war, nach den Heimen, in denen ich gelebt hatte. Sie fragte mich nach meiner Kindheit, meinen Erinnerungen, meinem Leben.
    Ich gab mein Bestes. Ich versuchte nachzudenken. Ich versuchte, mich an die ersten paar Jahre meines Lebens zu erinnern, doch ich wusste nicht, ob das, woran ich mich erinnerte, wirklich Teil meines Lebens war oder nur Teil einer Geschichte.
    »Das Einzige, was ich darüber weiß, ist das, was man mir erzählt hat«, erklärte ich Eddi. »Man hat mir erzählt, ich sei direkt nach der Geburt verlassen worden. Man hat mir erzählt, Schwestern in der Entbindungsklinik hätten für mich gesorgt. Man hat mir erzählt, sie wären es gewesen, die mich Robert genannt haben. |245| Und man hat mir erzählt, ich hätte bei einem Paar namens Smith gelebt, nachdem ich aus dem Krankenhaus kam, doch ich kann mich an diese Zeit nicht erinnern.«
    »An gar nichts?«, fragte Eddi.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich war ein Baby. Ich erinnere mich an überhaupt nichts – nicht an Gesichter, nicht an Stimmen, nicht an den Ort. An die meisten andern Leute, die sich um mich gekümmert haben, habe ich eine Erinnerung – nicht an jedes Detail oder so, aber ich erinnere mich doch zumindest an Bruchstücke. Du weißt schon, irgendwas von Häusern, von Gesichtern, von Zeiten …«
    »Aber an nichts über die Smiths?«
    »Nein.«
    Es war seltsam, auch nur zu versuchen, darüber nachzudenken. Ich wusste, ich
war
Kind gewesen. Ich konnte mich erinnern, wie ich gewachsen, wie ich älter und größer geworden war. Ich erinnerte mich, wie ich Gefühle bekam, die ich früher nicht gehabt hatte.
    Ich
war
älter geworden.
    »Was hat Ryan gesagt?«, fragte mich Eddi.
    »Wie?«
    »Am Telefon … was hatte Ryan zu sagen?«
    »Worüber?«
    »Egal …« Sie starrte mich an. »Wieso hast du ihn gefragt, was er glaubt, was du bist?«
    »Hab ich das?«
    Sie nickte. »Du hast zu ihm gesagt: ›Was, glauben Sie, bin ich?‹ Das hast du ihn zwei Mal gefragt.«
    »Ach so, ja …« Ich schüttelte den Kopf, als ob es ohne Belang |246| wäre. »Ich hab ihm nur zu verstehen gegeben, dass ich kein Idiot bin. Weißt du, so in der Art von: ›Was glauben Sie eigentlich, was ich bin – bescheuert?‹«
    »Ah ja … und das war also, als er wollte, dass du seine Lügen glaubst?«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Und sonst? Hat er dir

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