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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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enge Bindung in der Familie. Mein Vater hat immer gearbeitet, meine Mutter hat immer gewartet, dass er nach Hause kommt … Ich meine, sie haben mich nicht schlecht behandelt oder so, sie waren nur einfach ein bisschen … ich weiß nicht. Sie haben nicht gerade viel Zuneigung gezeigt.« Ihr Gesicht wurde hart. »Sie waren nicht gerade die liebevollsten Eltern der Welt.«
    »Was ist mit dir passiert, nachdem sie tot waren?«
    »Nicht viel.«
    »Wer hat sich um dich gekümmert?«
    »Ich hab bei einer Tante in Guildford gewohnt.«
    |289| »Und dann?«
    »Bin ich älter geworden«, sagte sie bloß.
    Ich sah sie an. »Was heißt das?«
    Sie zuckte wieder die Schultern. »Ich bin eben älter geworden, du weißt schon … bin zur Schule gegangen, hab Schwierigkeiten gekriegt, bin rausgeflogen und mit sechzehn allein nach London …«
    Danach wechselte sie das Thema und ich wusste, sie würde mir nicht mehr über sich erzählen, also hakte ich auch nicht nach. Und abgesehen davon war ich mir sowieso nicht sicher, ob ich irgendetwas von dem, was sie mir erzählt hatte, glaubte. Ich weiß nicht, wieso ich an der Geschichte zweifelte. Sie hatte einfach irgendwas an sich, da war etwas an der Art, wie Eddi sie erzählt hatte … das für mich nicht glaubhaft klang.
    Das Komische war jedoch, dass das nicht so wichtig zu sein schien. Was immer wir beide vorher gewesen waren, was immer wir getan hatten – in der Realität oder in unserer Vorstellung –, das war jetzt alles weg. Es war Geschichte. Es bedeutete uns nichts
.
Wir waren jetzt hier und besaßen nichts anderes als das, was jetzt war.
    Also sprachen wir die meiste Zeit darüber – über jetzt, heute, den heutigen Abend, vielleicht auch noch über morgen.

    Jeden Abend, wenn wir gegessen hatten, saßen wir noch eine Weile im El Corazón – Eddi trank Wein und rauchte, ich trank Cola und Wasser –, dann schlenderten wir zurück zu unserer Wohnung. Sobald wir drinnen waren, öffnete Eddi eine Flasche Wein und drehte sich einen Joint (sie hatte etwas Gras in Nerja gekauft), dann saß sie den Rest des Abends an ihrem Laptop, trank |290| und rauchte, bis sie kaum mehr gucken konnte, und schließlich stolperte sie in ihr Bett.
    Zuerst war ich mir nicht sicher, was ich von alldem halten sollte. Nachdem sie zu Bett gegangen war, saß ich oft allein da und überlegte, ob sie sich wohl schon früher jede Nacht den Kopf zugedröhnt hatte oder ob das neu war. Und wenn es neu war, warum tat sie es dann? Hatte es irgendwas mit mir zu tun? Hatte sie Angst, war sie abhängig, hatte sie Albträume? Ich wusste es nicht und nach einer Weile begriff ich, dass es sinnlos war, überhaupt darüber nachzudenken. Sie tat es und basta. Es war ja auch kein Problem. Sie verlor nicht die Kontrolle oder so. Eher wurde sie ein wenig still und traurig … wirkte irgendwie fern und ein bisschen verloren.
    Küsse gab es keine mehr.

    Eines Abends, als wir wie immer aus dem El Corazón zurückkamen, ging Eddi nicht gleich an ihren Laptop, sondern wollte mit mir reden. Es war inzwischen so etwa Mitte Dezember und die Tage wurden kühler. Die meiste Zeit war es noch immer schön warm, doch wenn es Abend wurde und der Wind von den Bergen herabwehte, wurde es kühl.
    »Lass mich nur schnell einen Pullover überziehen«, sagte ich zu Eddi.
    Als ich zurückkam, saß sie auf dem Sofa und hielt ein Glas Wein in der einen Hand, ein Blatt Papier in der andern. Ein Joint schwelte in einem Aschenbecher auf der Sofalehne vor sich hin. Ich durchquerte das Zimmer und setzte mich neben sie.
    »Ich hab eine E-Mail von Bean bekommen«, sagte sie und reichte mir das Blatt.
    |291| Einen Moment sah ich sie an, dann wandte ich mich dem Ausdruck zu.
    warn gestern da,
las ich,
3 i anzg 1 fr 2 pol. gr. benz & schwrz transit nrn unkenntl. 4 std. deine wohng durchscht und krz u klein. fingerabdr usw. pcs alles weg. wohng m rotweißem sperrbd zu.
    Ich musste zweimal lesen, bevor ich verstand. Ich las die Mail noch einmal, zur Sicherheit, dann reichte ich Eddi den Ausdruck zurück.
    »Was willst du tun?«, fragte ich sie.
    »Nichts«, sagte sie. »Die Wohnung ist sauber. Auf den Computern ist nichts, die Festplatten sind weg. Sie werden keinen Hinweis auf den Ort hier finden.«
    »Aber sie wissen jetzt, wer du bist.«
    »Ja … sie wissen, wer ich bin.«
    »Und sie wissen, dass du bei mir bist.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Und was bedeutet das alles?«
    Sie trank einen Schluck und nahm einen tiefen Zug von dem Joint. »Es bedeutet«,

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