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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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musste ich warten, bis sie aus dem Badezimmer kam, sich umgezogen und ein großes Glas Wein eingeschenkt hatte. Es war ein merkwürdiges Schweigen und ich hatte keine Ahnung, was es bedeutete. Ich hatte sie noch nie so erlebt. Sie schien wütend, aber auf eine seltsame Weise. Wütend und traurig vielleicht. Oder wütend auf etwas, was sie nicht verstand. Ich beobachtete sie, wartete, als sie das Glas in einem Zug leer trank, wieder füllte, noch einmal trank und sich dann eine Zigarette anzündete. Sie sog den Rauch tief ein, dann blies sie ihn in einem |314| langen Schwall wieder aus, danach endlich wandte sie den Kopf und sah mich an.
    »Bist du okay?«, fragte sie.
    Ich nickte. »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Ich hab schon geglaubt, du kommst nicht mehr zurück …«
    Einen Moment starrte sie mich an und ich dachte, sie würde noch etwas sagen, aber ihre Lippen schienen keine Worte bilden zu können. Sie öffnete den Mund, blinzelte, dann schaute sie weg und sah zu Boden.
    »Was ist los, Eddi?«, fragte ich. »Was hast du?«
    Sie antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf und blickte weiter nach unten. Erst jetzt merkte ich, dass sie weinte. Als ich näher an sie herantrat, sah ich, wie Tränen von ihrem Gesicht heruntertropften.
    »Eddi?«, fragte ich leise.
    Erschöpft und bleich sah sie mich an. »Es ist alles schiefgegangen, Robert«, sagte sie unter Tränen. »Alles ist schiefgegangen … die haben mich ausgeraubt …«
    »Wer hat dich ausgeraubt?«
    Sie konnte nicht weitersprechen, weil sie zu sehr weinte. Ich nahm ihr das Glas und die Zigarette aus den Händen, stellte beides auf den Tisch und legte meinen Arm um sie. Sie versteifte sich einen Moment, aber dann ließ sie sich fallen – vergrub ihr Gesicht an meiner Brust, wimmerte, schluchzte und ließ alles heraus.
    Sie weinte lange.
    Ab und zu versuchte sie zu sprechen, doch sie war zu atemlos und aufgelöst, um sich verständlich zu machen. Und als ich ihr sagte, so könne ich sie nicht verstehen, schien sie mich gar nicht zu hören. Also hielt ich sie einfach im Arm, ließ sie tun, wonach |315| ihr war, bis ihre Tränen schließlich zu trocknen begannen und sie in ein erschöpftes Schweigen fiel.
    Als sie endlich ruhig genug war, um mir zu erzählen, was passiert war, war die Sonne schon untergegangen und der Abendhimmel voller glänzender Sterne. Ich schloss das Fenster und wir setzten uns zusammen aufs Sofa.

    Nach Granada sei sie ohne Probleme gekommen, erklärte sie. Sie hatte eine Weile gebraucht, um die Leute ausfindig zu machen, von denen sie wusste, doch schließlich hatte ihr jemand eine Telefonnummer gegeben und sie hatte die Dealer angerufen und sich mit ihnen verabredet.
    »Alles klang gut«, erzählte sie mir. »Sie hatten vor acht Uhr am nächsten Abend keine Zeit, also quartierte ich mich für zwei Tage in einem billigen Hotel ein. Ich wollte das Geschäft abwickeln, danach noch einen Abend in Granada bleiben und heute Morgen zurückkommen.«
    »Und was ist schiefgegangen?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob es die Dealer waren, die mich erwischt haben, oder die Leute im Hotel oder ob es nur einfach Pech war …« Sie unterbrach sich, um eine Zigarette anzuzünden. Ich sah, dass ihre Hände zitterten.
    »Was ist passiert, Eddi?«
    Sie schluckte schwer. »Ich hab die Dealer getroffen, wir haben das Geschäft abgewickelt … alles schien total okay.« Sie sah mich an. »Es war Kokain … echt guter Stoff. Ich hätte ein Vermögen damit verdienen können. Gott, ich war so zufrieden mit mir …« Sie schüttelte wieder den Kopf. »Als ich ins Hotel zurückkam, haben sie auf mich gewartet.«
    |316| »Wer hat auf dich gewartet?«
    »Ich weiß nicht … drei Typen. Sie waren in meinem Zimmer. Als ich die Tür öffnete, haben sie mich geschnappt und ins Zimmer gezerrt …« Sie starrte jetzt geradeaus, verloren in der Erinnerung, und ich sah die Angst in ihrem Blick, als sie den Moment noch einmal durchlebte. »Ich konnte nichts tun, Robert … es ging alles so schnell. Ich wusste nicht, was los war.« Sie wischte sich die Augen. »Einer von ihnen hielt mir ein Messer an die Kehle, ein anderer schnappte sich den Beutel Koks … und dann sind sie getürmt. Es war in Sekunden vorbei …« Sie machte eine Pause, versuchte, sich zu beruhigen. »Verdammt … ich hab noch nie im Leben solche Angst gehabt …«
    Ihre Stimme verlor sich und ich spürte, wie sie zitterte.
    Ich nahm ihre

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