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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nickte ich immer wieder irgendwelchen Passanten zu, wechselte ein paar Worte mit ihnen, lachte und winkte zu den alten Männern und Frauen hinüber, die in den |307| Hauseingängen saßen und schauten, wie die Welt an ihnen vorbeizog. Es war ein gutes Gefühl. Als ob ich hierhergehörte.
    Dieses Gefühl hatte ich noch nie zuvor irgendwo empfunden.

    Gerade als ich den Platz verließ, rief jemand hinter mir her.
    »Hey«, sagte die Stimme.
    Eine männliche Stimme, nicht schroff oder laut, aber voller Selbstvertrauen. Eine Stimme, die daran gewöhnt war, Leuten zu sagen, was sie tun sollen. Einen Moment erstarrte ich und in diesem Moment kehrte alles zu mir zurück – was ich war, was ich tat … mich verstecken, fortlaufen, eine Lüge leben … Nichts davon hatte ich vergessen, ich hatte es in meinem Innern nur so weit absinken lassen, dass es mich nicht die ganze Zeit komplett fertigmachte. Aber jetzt war sie wieder da, die kalte Realität des Ganzen: Nichts war normal, nichts war sicher, alles war nur eine Täuschung und konnte jeden Moment zusammenbrechen.
    »Un momento, señor«
, rief die Stimme.
»Quiero hablar con Usted.«
    Ich war mir nicht ganz sicher, was der Mann meinte – anscheinend wollte er mit mir reden –, aber zumindest wusste ich jetzt, dass er Spanier war, was vermutlich bedeutete, dass er keiner von Ryans Leuten sein konnte. Ich wusste es aber nicht sicher, und als ich mich langsam umdrehte – noch immer auf dem Stück Brot kauend –, wünschte ich mir, ich hätte Eddis Pistole mitgenommen. Doch dann, als ich sah, wer es war, war ich froh, es nicht getan zu haben. Der Mann, der vor mir stand, mit den Händen auf den Hüften, war León Alvarez, der Polizist hier in der Gegend. Ich kannte ihn nicht richtig, aber ich hatte ihn schon öfter gesehen. Anscheinend hatte er nicht viel zu tun, fuhr nur ins Dorf, hing ein |308| bisschen herum, redete und lachte mit den Einheimischen, dann fuhr er wieder dorthin zurück, wo er herkam.
    »Hola «
, sagte er jetzt zu mir. »
¿Eres Juan, no?«
    »¿Cómo?«
    Er lächelte mir zu.
»¿Juan? ¿Juan Martín?«
    »Sí «
, antwortete ich und warf einen Blick auf die Pistole, die an seinem Gürtel hing.
    Er nickte.
»Te he visto en El Corazón con Maria. Ella está muy buena, es una chica muy hermosa.«
    Ich zuckte die Schultern und zeigte ihm, dass ich nicht verstand.
»No etiendo
«, sagte ich.
»No hablo mucho español.«
    »Sie sind Engländer, ja?«, fragte er mich.
    »Sí
.
«
    Er lächelte wieder. »Ich sprechen Englisch.«
    »Bueno«
, sagte ich.
    Einen Moment musterte er mich, immer noch lächelnd, dann hob er das Kinn, schaute über den Platz und tat so, als würde er irgendetwas überwachen. Es gab natürlich gar nichts zu überwachen – er wollte mich nur daran erinnern, dass er Polizist war. Ich beobachtete ihn und fragte mich, was er von mir wollte. Wusste er etwas? Folgte er irgendeiner Spur? Oder schnüffelte er einfach nur so herum?
    »Du mit Maria«, sagte er und drehte sich wieder zu mir um. »Señorita Lambarda.«
    »Lombard«, verbesserte ich ihn.
    »Ist, was ich sage. Du mit ihr?«
    »Ja.«
    Er nickte. »Ist gute Frau. Sehr gut.«
    »Ja …
ja
, das ist sie.«
    |309| Er schniefte und zog seinen Gürtel hoch. »Also … Juan … du okay? Gefällt hier?«
    »Sí«
, antwortete ich, »
es muy bien.«
    »¿Cuánto tiempo se queda aquí? ¿Está Usted de vacaciones?«
    »¿Cómo?«
    »Wie lange du bleiben?«
    »No sé.«
Ich zuckte die Schultern. »Weiß nicht … Maria arbeitet … schreibt …« Ich hob meine Hände und bewegte die Finger wie jemand, der auf einer Tastatur tippt. »Sie schreibt«, erklärte ich.
    »Ah …«, sagte er. »Und du – du auch schreiben?«
    »Nein … nein, ich nicht.«
    »Du nichts machen?«
    Ich zuckte die Schultern.
    Er lächelte wieder. »Du wollen Arbeit?«
    »Arbeit?«
    »

… Arbeit,
trabajo
… ein Job?«
    »Was für einen Job?«, fragte ich ihn.
    Er erzählte mir, dass sein Bruder Jorge, den ich ein paarmal im El Corazón gesehen hatte, einige alte Bauernhäuser in den Bergen aufgekauft habe und nun anfangen wolle, sie zu sanieren und in Luxusferienvillen umzubauen. Er suche Arbeiter. Leichte Arbeit und leichtes Geld sei das, erklärte mir León und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. Cash. Als ich ihm sagte, dass ich nichts von der Arbeit am Bau verstünde, lachte er nur und meinte, ich solle mir keine Sorgen machen.
    »Du tragen Steine«, sagte er achselzuckend, »Wände malen … kein

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