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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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wieder auf Wanderung. Anscheinend hatte er viel nachzuholen. »Lucia, du kannst einen alten Mann völlig um den Verstand bringen.«
    »Tut mir leid. Zu mehr als einer Fußmassage bin ich heute Nacht nicht mehr in der Lage. Wobei du mir die Füße massieren musst, wohlgemerkt.«
    Er lächelte und tat es. Anschließend probierten wir das Schachspiel aus. Nachdem er mich mehrmals vernichtend geschlagen hatte, weil ich unfähig war, meine Dame zu decken, ging er nach oben in sein Taschen- und Kofferzimmer und kam mit einer Violine zurück. In der folgenden halben Stunde stellte mein uralter, charismatischer Liebhaber unter Beweis, dass er auch auf diesem Gebiet über erstaunliche Fähigkeiten verfügte. Ich verstand zwar nicht allzu viel von diesem Instrument, doch in meinen Ohren klang sein Spiel herrlich.
    »Was war das für ein Stück?«, fragte ich, als er zum ersten Mal den Bogen absetzte.
    »Vivaldi. Gefällt es dir?«
    »Du könntest in einem Orchester spielen.«
    Eine Zeit lang hatte er das sogar getan, und zwar im Kriegswinter dreiundvierzig, wie ich erfuhr. Proben und Aufführungen fanden abends statt, was seiner Veranlagung entgegengekommen war. Im Laufe des Frühjahrs hatte er allerdings wieder damit aufhören müssen, als die Tage länger und die Abende heller wurden.
    Nach einigen weiteren Darbietungen verlegten wir uns aufs Erzählen.
    Ich gab ein paar Anekdoten aus meiner ungezügelten Jugend zum Besten und berichtete vom Fiasko meiner Ehe. Er lachte und bedauerte mich jeweils an den richtigen Stellen, und so verging die Nacht. Ich lag in seinen Armen auf dem Sofa, den Kopf an seiner Schulter.
    Als unsere innere Uhr uns sagte, dass es Zeit zum Schlafen war, löschte er das Feuer im Kamin, hob mich vom Sofa hoch wie ein Kind und trug mich in seinen Armen hinunter in die Gruft. Hatte ich wirklich jemals Angst vor diesem Mann gehabt? Wie lachhaft dumm ich doch gewesen war!
    Noch auf der steinernen Treppe schloss ich die Augen, drückte meinen Kopf an seine Brust und überließ mich der samtigen Schwärze. Wie gut es tat, ihm endlich vorbehaltlos vertrauen zu können!
    Zu der Zeit ahnte ich noch nicht, wie bald ich meine Meinung wieder ändern sollte.
    *
    Der nächste Abend begann, so weit das überhaupt vorstellbar war, noch besser als der vorangegangene. Diesmal blieben wir zwar nicht annähernd so lange im Schlafsack wie am Vortag, doch es war trotzdem eine überaus denkwürdige Stunde. Meine Blessuren waren dank meiner extremen Regenerationsfähigkeit längst verschwunden, sodass ich bei unseren Liebesspielen begeistert mitmachen konnte. Wir überboten uns gegenseitig an Einfallsreichtum und Energie bei unseren sinnlichen Neckereien. Einmal krabbelten wir sogar nackt die steinernen Wände hoch und versuchten, uns wie Spinnen an der Decke zu lieben. Leider sind auch Vampire den Gesetzen der Schwerkraft unterworfen, deshalb fielen wir ziemlich schnell runter. Doch dafür entdeckten wir bei dieser Gelegenheit eine neue Stellung, die in keinem Kamasutra zu finden ist. Es war grandios, und ich schrie so laut, dass Martin hinterher behauptete, er hätte einen Hörsturz dabei erlitten.
    Doch wie es im Paradies so üblich ist, war die Schlange nicht weit. Als wir nach unserem Aufstieg aus der Gruft gerade angenehm entspannt in der Küche einen Snack aus dem Blutbeutel nahmen, dudelte es aus meiner Handtasche.
    »Oh«, sagte ich betreten mit Blick auf mein Handy. »Das ist Solveig.« Ich stellte es sofort auf lautlos und ließ es vor sich hinvibrieren.
    »Wir müssen heute noch umziehen«, erklärte Martin streng. »Diese Frau wird uns ins Verderben stürzen. Sie ist die gefährlichste, unberechenbarste Person, die ich je getroffen habe.«
    Warum nur kam mir diese Einschätzung so ekelhaft zutreffend vor?
    »Sie kann nichts dafür«, sagte ich lahm.
    »Das ist ja gerade das Schlimme. Glaub nur nicht, dass sie ihre Pläne einfach aufgegeben hat! Sie will verwandelt werden, egal, ob von dir oder von mir. Und sie wird es mit Zuckerbrot und Peitsche so lange versuchen, bis wir ihr endgültig Einhalt gebieten.« Es klang drohend, doch er relativierte es sofort mit seiner nächsten Bemerkung: »Oder auf Nimmerwiedersehen verschwinden.«
    Das Handy vibrierte immer noch.
    »Es könnte was Wichtiges sein«, gab ich zu bedenken.
    »Geh dran«, befahl er mir, »sonst ist sie in einer Stunde hier. Und sei freundlich zu ihr, denn sie kann uns Schwierigkeiten machen.«
    Ich stellte die Verbindung her. »Solveig?«, meldete ich

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