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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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Zähne aus, beugte mich vor und biss ihm in den Handrücken. Ich kriegte ihn nicht so fest zu packen, wie er es verdient hatte, dafür war er zu schnell. Er zog die Hand weg, bevor das Blut richtig spritzen konnte. Es kamen nur ein paar dürftige Tröpfchen. Ich sah es mit Missfallen.
    Er hob die Hand an den Mund und leckte das Blut mit der Zunge ab. Dabei warf er mir unter seinen dichten Wimpern einen anzüglichen Blick zu.
    »Was bist du doch für ein temperamentvolles Geschöpf!«
    »Ich hasse dich«, fauchte ich.
    »Nein, das tust du nicht«, sagte er ruhig.
    Natürlich hatte er recht. Meine Gefühle für ihn hatten mit Hass nichts zu tun. Ich war verrückt nach ihm. Und verrückt vor Eifersucht. Auf die alte Lucia. Auf alle, die es nach ihr gegeben hatte. Auf Solveig. Und auf die, die nach mir kamen. Vor allem auf die!
    Wenn er je beschloss, mich auszumustern und sich eine neue Flamme zuzulegen, so wie mein sexsüchtiger Ex, dann würde ich schön dumm dastehen. Der Trost, den andere Frauen nach einer Trennung mit ins Bett nehmen, nämlich die Hoffnung, dass der nächste Ritter auf dem weißen Pferd bestimmt bald um die Ecke galoppiert käme, wäre mir nicht vergönnt.
    Ich würde nie wieder einen anderen abkriegen. Wie denn auch? Welcher Typ hatte schon Lust auf eine Frau, der beim Sex und auch sonst jedes Mal, wenn sie sich aufregte, Zähne wuchsen, die fast so lang waren wie bei einem Walross? Höchstens ein paar total durchgeknallte Perverslinge!
    Ich fing an zu flennen.
    »Lucia«, sagte er begütigend, wie zu einem Kind.
    »Glaub ja nicht, dass ich deinetwegen heule«, schluchzte ich. »Ich bin nur so fertig, weil meine Oma gestorben ist.«
    »Sie muss doch schon alt gewesen sein.«
    »Sie war viel jünger als du«, schniefte ich. »Erst neunzig.«
    »Ach«, sagte er unverbindlich.
    Ich starrte ihn an, immer noch niedergeschlagen und wütend. »Und jetzt kann ich nicht mal auf die Beerdigung.«
    »Höre ich da einen Vorwurf? Was soll ich deiner Meinung nach tun? In Sack und Asche gehen, weil ich schuld bin an deiner Tageslichtempfindlichkeit?«
    »Es würde mir schon reichen, wenn du endlich aufhören würdest, mich mit deinen anderen Weibern auf die Palme zu bringen«, schnauzte ich ihn an.
    Und wenn du mir sagst, dass du mich liebst.
    »Ich kann dir versichern, dass es keine anderen …« Er stockte und musterte mich erstaunt. Dann fuhr er den Wagen an den Straßenrand und hielt.
    »Lucia«, begann er weich.
    »Ich habe nichts gesagt«, erklärte ich rasch. »Überhaupt nichts.«
    »Nein, natürlich nicht.« Er packte mich, hob mich hoch wie eine Feder und setzte mich auf seinen Schoß. Das Lenkrad bohrte sich in meine Rippen, doch das machte mir nichts aus. Am liebsten wäre ich ganz in ihn hineingekrochen. Wenn es nur nicht so ein warmes, köstliches Gefühl gewesen wäre, so von ihm gehalten zu werden! Ich fühlte mich wie ein schmelzendes Marshmallow in einer Tasse Kakao.
    »Ich beiße«, warnte ich unter Tränen.
    »Ich auch«, flüsterte er, und dann küsste er mich.
    Danach fühlte ich mich etwas besser.

22. Kapitel
    M eine Mutter hatte verheulte Augen, als sie uns die Tür öffnete. Sie war am Ende mit den Nerven, weil Oma ein erst wenige Tage altes Testament hinterlassen hatte, in dem sie alles dem Alleinunterhalter von der Geburtstagsfete vermacht hatte.
    »Wie konnte sie mir das antun?«, schluchzte meine Mutter, nachdem sie mir anstelle einer Begrüßung diesen himmelschreienden Affront mitgeteilt hatte. Es ging ihr dabei nicht ums Geld, wie sie mir sofort erklärte. Du liebe Zeit, da war sowieso kein Cent zu erben, bloß die vergammelte Granatbrosche und ein Haufen alter Stützstrümpfe, und im Grunde wäre es sogar sehr praktisch, dass Oma den Kerl als Erben eingesetzt hatte, dann müsste er auch die Beerdigung bezahlen.
    »Sie hatte doch Alzheimer«, beruhigte ich sie. »Wahrscheinlich war er einfach nur der letzte Mensch, an den sie sich überhaupt noch erinnern konnte.«
    »Die Carla Fahrenberg hat gemeint, dass das Testament sowieso nicht gültig ist, weil Oma schon vor dreißig Jahren ein gemeinsames Testament mit Opa gemacht hat.«
    »Wer ist Carla Fahrenberg?«
    »Die Nichte von der Mechthild Schuster. Sie ist Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin.«
    Mir war nicht klar, ob nun Carla oder Mechthild diejenige war, die bei einem Anwalt arbeitete, doch da ich von beiden noch nie gehört hatte, spielte es ohnehin keine Rolle.
    Meine Mutter wischte sich über die Augen und musterte Martin,

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