Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
Vom Netzwerk:
mich.
    »Luzie!« Es klang entnervt, misstrauisch, wütend. »Wo warst du die ganze Zeit? Ich rufe seit gestern ununterbrochen an!«
    »Du weißt doch, dass ich tagsüber schlafe«, protestierte ich.
    »Ich rede nicht vom Tag, sondern von der Nacht. Wo, zum Teufel, habt ihr gesteckt, du und Martin?«
    Martin in mir und ich im Schlafsack. Doch das durfte ich natürlich nicht verraten. Mein neues Leben fing mit unerwarteten, ärgerlichen Verwicklungen an.
    »Was ist denn los?«, fragte ich. »Waren die Bullen da?«
    »Ja, dieser komische Schimanski schon wieder, er hat mich gelöchert, und ich weiß nicht, ob er mir meine Lüge mit der New-York-Reise abgekauft hat. Doch deswegen rufe ich nicht an. Deine Mutter hat sich seit gestern mindestens zehnmal hier gemeldet, weil sie dich sprechen wollte und du per Handy nicht zu erreichen warst. Luzie, deine Oma ist gestorben. Morgen soll die Beerdigung sein. Luzie? Hallo? Bist du noch dran?«
    Ich ließ das Handy sinken und hockte mich auf den Fußboden. Oma war tot!
    Das Erste, was ich dachte, war: Ich kann nicht mit zur Beerdigung gehen! Und dann: Wie soll ich das Mama und Papa erklären? Und schließlich: Hoffentlich hat sie wenigstens noch die Pralinen gegessen und das Badeöl aufgebraucht!
    Das Blutdruckmessgerät, das ich vorgestern am Flughafen gekauft hatte, musste Opa jetzt allein benutzen. Ob er was mit der Venensalbe anfangen konnte?
    »Luzie? Hörst du mich?«
    »Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast«, sagte ich mit dünner Stimme. »Ich fahr heute noch rüber.«
    Solveigs Stimme wurde drängend. »Hör zu, Luzie, stell dein Handy nicht wieder ab. Lass es an, auf laut! Damit du erreichbar bleibst. Hast du mich verstanden? Luzie!«
    Ich hatte das Handy neben mich auf den Boden gelegt und starrte blicklos auf meine Füße. Oma war tot! Oma in ihrem grauen Kleid mit dem geklöppelten weißen Spitzenkragen, mit ihren beißend sarkastischen und doch so liebevollen Bemerkungen. Oma mit ihrem Alzheimer und ihrer Weigerung, ihn kennenzulernen.
    Jetzt war Opa ganz allein. Sie hatten voriges Jahr ihren fünfundsechzigsten Hochzeitstag gefeiert. Und letzte Woche ihren neunzigsten Geburtstag.
    Ich fing an zu weinen.
    Solveig sagte noch irgendetwas, doch ich hörte nicht mehr zu, sondern trennte die Verbindung und machte das Handy aus. Martin ging neben mir in die Hocke und zog mich an sich. Ich schluchzte wortlos an seinem Hals, und er hielt mich fest. Irgendwann löste ich mich aus seiner Umarmung und stand auf.
    »Ich muss zu meinen Eltern«, erklärte ich, während ich ihn mit nassen Augen anstarrte. »Meine Oma ist gestorben.«
    Er erwiderte meinen Blick ein paar endlose Sekunden lang, dann sagte er das, was ich so dringend hören wollte. »Ich komme mit.«
    *
    Die Garage neben dem Haus war über den Keller zu erreichen; es gab keine Fenster, und das schwere Rolltor war aus massivem Metall. Der Schließmechanismus war wie das Portal mit Infrarotsensoren gesichert.
    Sein Wagen, eine Limousine der gehobenen Klasse, bot alles, was der Vampir von Welt sich an Ausstattung und Geschwindigkeit für eine schnelle Fahrt von A nach B wünschen konnte, ohne dabei allzu sehr aufzufallen oder den Neid neugieriger Zeitgenossen über Gebühr zu schüren.
    »Dein Wagen war wohl gar nicht in der Werkstatt«, mutmaßte ich, nachdem wir eingestiegen waren. »Solveig war ziemlich sauer, dass du sie nicht nach Hause fahren konntest.«
    Das Tor glitt lautlos nach oben, und er steuerte den Wagen aus der Garage. »Ich hätte es tun können, aber dann hätte sie mich sicher auf einen Kaffee hochgebeten. Oder auf mehr.«
    »Du kannst sie wohl nicht ausstehen, oder?«
    Er blickte mich überrascht von der Seite an. »Wie kommst du darauf? Sie ist bezaubernd.«
    »Äh … ach ja?«
    »Sie ist eine der entzückendsten Frauen, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe. Sonst wäre ich sicher nicht ihrer Einladung zu eurer Silvesterfeier gefolgt.«
    »Aber?«
    »Wieso aber? Es gibt kein Aber.«
    Meine Zähne knirschten mit der Wucht einer Schleifmaschine. »Sekunde mal. Das kann nicht dein Ernst sein. Wo ist der Pferdefuß? Wenn du sie so toll findest, wieso bist du dann nicht mit ihr ins Bett gestiegen?«
    »Weil ich in dein Bett gestiegen bin.«
    Ich merkte, wie es in mir zu sieden begann. »Aber du hättest sie flachgelegt. Wenn du nicht zufällig auf mich scharf gewesen wärst.«
    »Das werden wir nun nie erfahren, nicht wahr?«
    Jetzt fing ich an zu kochen.
    Er lachte.
    Ich fuhr meine

Weitere Kostenlose Bücher