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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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tagtäglich eine Million Leute einkaufen. Sie gehen rein, schleppen ihren Wein und ihre Gnocchi und ihre japanischen Algenblätter zur Theke, bezahlen und gehen wieder raus. Manche lächeln auch dabei. Das ist normal. Ich sehe viele Leute in Geschäften lächeln, aber das ist für mich kein Grund, mit ihnen ins Bett zu wollen.«
    »Für mich normalerweise auch nicht.«
    »Na, Gott sei Dank.«
    »Aber Ausnahmen bestätigen die Regel.« Sie lächelte verträumt. »Bei Freddy gibt es doch seit Anfang Dezember diesen wunderbaren kleinen Probierstand mit all diesen total leckeren Weihnachtsspezialitäten …«
    »Aha, du hast dich bei Gänsestopfleber und Glühwein angefreundet.«
    »Lass mich doch mal ausreden«, nörgelte Solveig.
    »Erzähl weiter. Ich halte mich zurück. Entschuldige bitte.«
    Solveig war leicht zu besänftigen. »Er hat zufällig eine Flasche Wein mitgebracht. Irgendeinen steinalten ungarischen Roten. Er stand hinten beim Probierstand und hat dort mit Freddy geredet.«
    »Er hat die Flasche mitgebracht ? Wieso? Ist Freddy der Stoff ausgegangen?«
    Freddy, seines Zeichens nicht nur Feinkostexperte, sondern auch passionierter Weinkenner, war der Herrscher über ein wahres Raritätenkabinett. Sein Keller beherbergte Schätze, von denen subalterne Proseccotrinker wie Solveig und ich nur träumen konnten. Von allen Menschen, die ich kannte, konnte höchstens Rainer es sich leisten, bei Freddy alten Wein zu kaufen.
    »Irgendwoher muss Freddy sich das Zeug schließlich beschaffen. Du weißt doch, wie er immer angibt mit seinen tollen Verbindungen.«
    »Du meinst, dieser Typ war eine davon?«
    »Genau. Die Flasche, die er dabeihatte, war nur so eine Art Vorführwein. Er hatte angeblich eine ganze Ladung davon zu verkaufen. Na, und die Buddel, die er Freddy zeigte, war echt wahnsinnig alt. Mit Siegelwachs und so. Sie lag in einem ziemlich morschen Holzkasten.«
    »Wahrscheinlich auf Samt«, meinte ich grinsend.
    Sie war erstaunt. »Woher weißt du das?«
    Verblüfft schaute ich sie an. »Heißt das, es war wirklich Samt in der Kiste?«
    Sie nickte. »Roter Samt. Und der Wein sah richtig antik aus. Der Typ hatte sie Freddy dagelassen. Ich dachte sofort: Das ist genau das richtige Weihnachtsgeschenk für Luzie.«
    Ich war gerührt. »Das wäre aber echt nicht nötig gewesen.«
    »Äh … Tja, ich habe sie dann doch nicht genommen. Sie war ziemlich teuer.«
    »Wie viel?«
    »Das glaubst du gar nicht.«
    »Sag schon.«
    »Siebentausendneunhundert! Und das war bloß der Einkaufspreis. Es war ein Achtundsiebziger.«
    »War das so ein rarer Jahrgang?«, fragte ich zweifelnd.
    » Achtzehn hundertachtundsiebzig.«
    »Wahnsinn«, sagte ich.
    »Freddy hat nachher behauptet, dass es auf der ganzen Welt nur neunzehn Flaschen von dieser Sorte gibt.«
    »Nachher? Nach was?«
    »Nachdem der Typ gegangen war.«
    Womit sie zum eigentlichen Kernpunkt ihrer Erzählung zurückkam.
    »Ach, du weißt also nicht mal, wie er heißt?«
    »Falsch«, sagte Solveig triumphierend. »Er hat Freddy seine Telefonnummer gegeben. Als er ging, habe ich sie mir gleich notiert.«
    »Na, dann ist ja alles klar.«
    »Du brauchst gar nicht so spöttisch zu tun. Ich bin wild entschlossen, ihn anzurufen.« Sie geriet sichtlich ins Schwärmen. »Diese Stimme! Er stand da und unterhielt sich mit Freddy über den blöden Wein, und da ist mir zufällig die Packung mit den Glasnudeln runtergefallen, und als er sich gebückt hat, um sie für mich aufzuheben, sind wir mit den Köpfen zusammengeknallt, weil ich sie auch gerade aufheben wollte.«
    »Und da hat er gelächelt.«
    »Nein, da noch nicht. Zuerst hat er Verzeihen Sie vielmals gesagt.«
    »Hört sich irgendwie altmodisch an.«
    »Ja, jetzt wo du es sagst, finde ich das auch. Er hatte überhaupt ein bisschen was Altmodisches an sich, aber auf eine ganz wundervolle Art.«
    *
    Solveig fand vieles wundervoll, vor allem Männer, und von denen so viele wie möglich. Es gab Zeiten, in denen sich ihre Liebhaber bei uns zu Hause förmlich die Klinke in die Hand gaben. Ihre leidenschaftliche Schwärmerei war für mich also nicht ungewöhnlich, weshalb mich besagter Rotweinhändler auch nicht sonderlich interessierte. Vermutlich würde sie ihn sowieso nicht anrufen, weil sie sicher schon auf der Silvesterparty, die wir planten, jemand anderen kennenlernen würde, der sie weit mehr faszinierte. Sie kam beruflich mit vielen schillernden Persönlichkeiten zusammen, die regelmäßig unsere Partys, die wir in

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