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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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seinen Mund zuckte es unvermittelt, und dann, ich konnte es gar nicht glauben, warf dieses perfide Geschöpf den Kopf zurück und lachte so schallend, dass ich von meiner angestammt niedrigen Warte aus sein Gaumensegel schwingen sah.
    Entwaffnet starrte ich ihn an. Ein Vampir, der lachen konnte! Hatte es das schon gegeben? Doch dann rief ich mir in Erinnerung, dass Vampire Meister der Verstellung waren. Sie waren Virtuosen des gesellschaftlichen Rollenspiels. War ich nicht vorhin im Wohnzimmer selbst Zeuge seiner Finesse geworden?
    »Apropos«, sagte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte, »haben wir uns nicht neulich getroffen?«
    Ich wartete darauf, dass er mich auf Rainer oder dessen Praxis ansprach, doch das tat er nicht. Er schaute mich nur auf diese ekelhafte, abwägend freundliche Art an.
    Solveig blickte erstaunt von ihm zu mir. »Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
    Er zwinkerte mir zu. »Wahrscheinlich hat sie mich gar nicht richtig gesehen.«
    Er sprach tatsächlich von seinem Trip in die Blutbank, der Mistkerl! Ich ersparte es mir, darauf zu antworten. Stattdessen machte ich eine auffordernde Geste zu seinem Teller hin. »Willst du nicht was essen?«
    »Natürlich«, sagte er. Und kippte mir den kompletten Tellerinhalt über mein schönes rotes Kleid. Ich schrie entsetzt auf und machte einen Satz rückwärts, doch zu spät. In meinem Ausschnitt tummelten sich ganze Heerscharen glitschiger Scampi, auf meinem Busen gaben sich Gurken und Kaviar ein klebriges Stelldichein, und über das gesamte Vorderteil des Kleides trieften Kräuterdip und Gourmetremoulade.
    Er stellte es natürlich als Versehen hin. »Oh, das tut mir wahnsinnig leid!«, rief er bestürzt aus. »Der Teller ist mir aus der Hand gerutscht!«
    Er nahm eine Serviette vom Tisch und fing an, meinen Busen abzurubbeln. Entsetzt bemerkte ich, wie heiß mir dabei wurde, und diese Art von Hitze hatte nichts mit Grippe zu tun. Meine Ohren und andere, näher betroffene Körperteile brannten unter seinen reibenden Berührungen, und in mir wollte etwas schmelzen wie Butter in der Sonne. Eine tief verborgene Seite von mir verlangte danach, dass er mir das Kleid vollständig vom Körper rubbeln möge. Am liebsten mit bloßen Händen. Mein Hals fing an zu glühen, und ich fühlte meinen Puls in der Kehle hämmern. Ich merkte, wie meine Schlagader klopfte, und ich spürte seinen Blick auf dieser Stelle brennen wie Feuer.
    »Nein«, krächzte ich.
    »Nein, das wird wohl nichts«, pflichtete er mir bei. »Du wirst dich umziehen müssen.«
    »Ach, das ist schon okay«, behauptete ich kraftlos.
    »Luzie, jetzt mach aber mal ’nen Punkt.« Solveig stemmte ärgerlich die Hände in die Hüften. »Du siehst aus wie ein Ferkel. Du tropfst alles voll. Geh dich umziehen. Und wenn du fertig bist, bring bitte gleich Martins Cape mit, damit wir rausgehen können.«
    »Wartet ihr auf mich?«
    »Ja, sicher.«
    Ich beugte mich dicht zu ihrem Ohr. »Schwörst du es?«
    Sie musterte mich befremdet. »Hast du sie noch alle?«
    »Ich meine, er kann doch nicht ohne Mantel raus in die Kälte«, stotterte ich. »Und das Cape … es liegt in meinem Zimmer.«
    »Ach so. Na gut. Aber mach schnell.«
    Sie nahm ein frisches Küchenhandtuch aus dem Regal und wischte am Revers von Martins Anzug herum, einem feinen mitternachtsblauen Zwirn von edelstem Schnitt. Gegen dieses maßgefertigte Outfit wirkten selbst die Anzüge meines Bruders wie Konfirmandenbekleidung aus zweiter Hand.
    Er ließ sich ihre Bemühungen wohlwollend gefallen, obwohl er höchstens zwei Spritzer von all den Delikatesssaucen abbekommen hatte. Ich bewegte mich rückwärtsgehend im Zeitlupentempo zur Tür, und er ließ mich dabei keinen Moment aus den Augen.
    *
    Ich taumelte in mein Zimmer, riss mir das ruinierte Kleid vom Leib, schlüpfte in das nächstbeste herumliegende Zeug – ich glaube, es war ein Sleepshirt –, zerrte das blöde Cape unterm Bett hervor und sprintete zurück in die Küche. Trotz meiner sich von Minute zu Minute dramatisch verschlechternden Verfassung konnte ich alles in allem höchstens zwanzig Sekunden dafür gebraucht haben. Genau zwanzig Sekunden zu viel. Solveig und das Monster waren nirgends zu sehen.
    »Hast du Solveig gesehen?«, herrschte ich die Castingfranzösin an.
    Sie kaute gedankenverloren auf einem Lachskanapee herum. »Eben war sie noch da.«
    »Wo ist Solveig?«, schrie ich meinem Bruder ins Ohr, der mit einem vollen Champagnerglas neben der tittenoperierten

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