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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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gehörende Foto zeigte eine Villa von düsterem Charme, im Schatten hoch aufragender Nadelbäume und umgeben von einer zwei Meter hohen Mauer aus Granit. Kein Zweifel, er hatte sich ein Anwesen zugelegt, das zu ihm passte.
    Was er wohl sagen würde, wenn wir am Freitag plötzlich bei ihm auf der Matte standen und Die große Aussprache forderten?
    Möglicherweise würde er uns beiden nacheinander die Kehle durchbeißen. Solveig hatte keine Ahnung von den mächtigen Kräften, die ihn umtrieben.
    Meine eigene Vorstellung davon wurde indessen von Tag zu Tag genauer.
    Es war ein halsbrecherischer Balanceakt auf dem einsamen Grat zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Der Wunsch – das war die Hingabe an die räuberischen Instinkte, die unermessliche Gier, wie ein wildes Tier durch die Nacht zu streifen und Beute zu reißen. Die wenigen Male, die ich bisher von diesen Anfällen heimgesucht worden war, hatten einen deutlichen Eindruck von dem verschafft, was mir in dieser Richtung vielleicht noch bevorstand.
    Dagegen die Wirklichkeit – sie verkörperte all das, was unser Menschsein ausmachte: Mitgefühl, Achtung vor der Einmaligkeit des Lebens, die tief verwurzelte Scheu, zu töten.
    Blieb die Frage, zu welcher Seite dieses schmalen Grats Martin hintaumelte, wenn man ihn überraschend aus dem Gleichgewicht brachte.
    Solveig bewegte sich und seufzte im Schlaf. Während sie sich auf die andere Seite rollte, legte ich den Ordner zurück und schlich aus dem Zimmer.
    *
    Als ich den Sonnenaufgang kommen fühlte, blieb mir keine Wahl. Ich musste mich verkriechen, um zu schlafen. Doch meine Angst, mir könne im Schlaf etwas passieren, war so groß wie nie zuvor, und es sollte sich schnell herausstellen, dass mein Instinkt mich nicht getrogen hatte.
    Als ich am frühen Abend kurz nach Sonnenuntergang erwachte, merkte ich sofort, dass ich nicht mehr in meinem Zimmer war. Um mich herum war Solveigs Geruch; ich lag unter ihrer Bettdecke, auf ihrem Bett. Mein Körper schmerzte, als sei ich geschlagen worden, und als ich mich aufrichtete, spürte ich die Verbrennungen auf der Haut.
    Mein rechtes Bein war vom Knie bis zur Fußsohle krebsrot, und vereinzelt waren Brandblasen zu sehen. Mein Gesicht stach und juckte und spannte, und als ich es vorsichtig betastete, fühlte ich Blasen auf der Stirn und den Wangen. Meine Lippen waren aufgesprungen. Auch auf den Handrücken zeigten sich rote Stellen. Ich kämpfte mich aus Solveigs Bettzeug und stolperte hinaus in den Flur, um mir dort im Spiegel die Bescherung anzusehen.
    Solveig kam mir aus der Küche entgegen, eine Scheibe Knäcke in der Hand.
    »Guten Abend«, meinte sie kauend.
    »Was hast du mit mir gemacht?«, fuhr ich sie an.
    »Luzie, es tut mir wahnsinnig leid, ich dachte nicht, dass es so viel ausmacht! Ich habe dich rüber in mein Bett geschafft, weil ich den Schlosser hier hatte …«
    »Schlosser?«
    »Ja, das Schloss an deiner Tür musste doch mal gerichtet werden, und das konnte ich wohl schlecht machen lassen, wenn du in deinem Bett liegst. Also habe ich dich rübergetragen. Das heißt, ich habe dich zum Teil geschleppt, zum Teil geschleift. Du bist zwar ziemlich dünn, aber so leicht auch wieder nicht.«
    Ich starrte sie an. »Du hast das Rollo hochgezogen.«
    Sie war beleidigt. »Wo denkst du hin? Wenn es irgendwo hell war, dann nur hier im Flur, und ich habe so schnell gemacht, wie ich konnte.«
    »Du hättest es überhaupt nicht machen sollen. Oder du hättest mich bitten können, woanders zu schlafen.«
    »Ach, du, das war eine ganz spontane Entscheidung, weil ich zufällig mitgekriegt hatte, dass die Mieter unten im Zweiten einen Schlosser bestellt hatten. Bei denen ist eingebrochen worden, weißt du. Obwohl – wenn du mich fragst, waren die das selber, weil sie im Suff ihren Schlüssel vergessen haben.«
    »Wieso bist du überhaupt zu Hause geblieben? Musstest du nicht zur Arbeit?«
    »Mir war heute früh nicht so besonders.«
    Ich ging ins Bad, zog das Nachthemd aus und betrachtete mich von Kopf bis Fuß. Es sah schlimmer aus, als ich gedacht hatte. Die Blasen an meinen Beinen taten besonders weh. Ein paar von ihnen waren prall mit Gewebeflüssigkeit gefüllt und spannten bei jeder Bewegung. Mein Gesicht sah aus wie nach einem akuten Strahlungsunfall. Eine Blase am Kinn war aufgeplatzt, und während ich noch hinschaute, sickerte trübe das Wundwasser heraus.
    »Verdammt!«, stieß ich hervor. Ich setzte mich nackt auf den Wannenrand und fühlte mich wie ein zu lange

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