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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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der Mauer war eine Überwachungskamera installiert. Neben der Pforte war eine Sprechanlage, die Solveig inzwischen auch entdeckt hatte. Sie drückte auf den Klingelknopf und wartete.
    Ich spitzte die Ohren und hörte das schwache Surren, als sie nochmals klingelte. Dann ein Rauschen, dann eine Stimme: »Ja?«
    Das war er. Mein Herz fing an zu rasen, und die Wunde begann wieder zu schmerzen, schlimmer als je zuvor.
    »Überraschung!«, meinte Solveig fröhlich.
    Von der anderen Seite kam nichts, womit wohl als gesichert gelten konnte, dass er tatsächlich überrascht war.
    Solveig wurde ungeduldig. »Ich weiß, dass du mich hören und sehen kannst, also lass die Faxen.«
    »Was willst du hier?«
    »Mach auf, dann erzähl ich es dir.«
    »Das ist keine gute Idee. Ich glaube nicht, dass wir etwas zu besprechen haben.«
    »Die Polizei würde es vielleicht sehr interessant finden, was ich über dich erzählen könnte.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest, aber wenn du meinst, du müsstest zur Polizei gehen, solltest du das tun.«
    »Damit du in der Zwischenzeit auf Nimmerwiedersehen verschwinden kannst, so wie sonst? O nein, so blöd bin ich nicht. Jetzt mach schon auf.«
    Es wurde endgültig still. Ich vermutete, dass er irgendwo im Haus in aller Eile ein paar Sachen in den Koffer warf und sich zum Aufbruch rüstete. Sobald Solveig ihre Belagerung aufgab, würde er diese Festung zugunsten einer anderen Bleibe räumen. Falls sie so blöd war, ihn daran hindern zu wollen, würde er schon Mittel und Wege finden, sich dieser lästigen Störung zu entledigen.
    »Ich komme ja nicht meinetwegen«, sagte Solveig flehend zur Überwachungskamera.
    Ich war wider Willen von ihren schauspielerischen Fähigkeiten beeindruckt.
    »Luzie ist hinten bei mir im Wagen! Sie hat ein Messer im Bauch stecken, und ich glaube, sie stirbt!« Sie machte eine dramatische Pause. »Ins Krankenhaus kann ich sie nicht bringen. Du weißt ja, warum.«
    Wieder Pause.
    »Glaubst du mir nicht? Warte.«
    Sie drehte sich zum Wagen um und kam herüber. Ich machte eine abwehrende Bewegung, als sie die Tür auf der Beifahrerseite aufriss, den Sitz nach vorn klappte und Anstalten machte, mich ins Freie zu zerren. Doch dazu kam es nicht. Sie wurde beiseitegeschubst wie eine Puppe. Das dumpfe Geräusch, mit dem ihr Allerwertester gegen den Kotflügel prallte, klang allerdings durchaus menschlich, ebenso wie ihr empörter Aufschrei.
    »Du hast mir wehgetan, du Idiot!«
    Seine Stimme war leise und gefährlich. »Du solltest dich besser vorsehen.«
    Martin beugte sich zu mir in den Wagen.
    Ich wich zurück. »Wenn du ihr was tust, wirst du mich kennenlernen.«
    »Das dürfte interessant werden.« Er blähte die Nüstern, dann streckte er die Hand aus, tastete kurz über meinen Oberkörper und fand sofort das Messer.
    »Hast du Schmerzen?«
    Als ich nicht antwortete, packte er mich und hob mich in einer einzigen fließenden Bewegung auf seine Arme. Der Schmerz schwappte wie eine Woge über mir zusammen, als er mich vorsichtig durch das jetzt offen stehende Portal über den gepflasterten Weg zum Haus trug.
    »He, was ist mit mir?« Solveig stolperte hinter uns her. »Mist, ist das hier finster. Gibt es denn hier überhaupt kein Licht?«
    Martin stieß mit dem Fuß die Haustür auf. Das Innere der Villa lag ebenfalls in nächtlicher Schwärze.
    »Ihr könnt also doch im Dunkeln sehen, stimmt’s?« Solveig folgte Martin und mir, wobei sie sich, so gut es ging, an den Wänden entlangtastete.
    Dann wurde es unvermittelt hell, denn die nächste Tür, die Martin mit dem Fuß aufstieß, führte in einen Salon, der durch ein prasselndes Kaminfeuer in Licht getaucht wurde.
    »Gemütlich«, meinte Solveig zweifelnd.
    Außer dem Feuer war nichts in dem Raum gemütlich. In einer Ecke befand sich ein PC-Tisch mit einem aufgeklappten und eingeschalteten Laptop. Davor stand ein Drehstuhl. Sonst gab es weit und breit kein Mobiliar. Das Eichenholzparkett spiegelte die flackernden Flammen in einem Spiel aus Licht und Schatten wider, das dem Raum eine geheimnisvolle Tiefe verlieh.
    Doch auch das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Zimmer genauso aussah wie das, was es darstellte: eine Zwischenstation für jemanden, der ständig auf dem Sprung lebte.
    Vermutlich stand der Rest des Hauses ebenfalls leer, bis auf eine schwer zugängliche, vielfach gesicherte Schlafstatt im Keller.
    Solveig beäugte kritisch das karge Ambiente. »Von Möbeln hältst du wohl nicht viel. Oder

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