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Beiß mich, wenn du dich traust

Beiß mich, wenn du dich traust

Titel: Beiß mich, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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»Lass sie los«, befiehlt er.
    Peter gehorcht und ich trete ihm versehentlich mit Absicht auf den Fuß, als ich davonstolpere. Er heult auf und Corbin sieht mir bohrend in die Augen. »Du bist wohl besonders starrköpfig, kleine Jägerin«, schnurrt er. »Das gefällt mir.«
    Mit einer spöttischen Verbeugung fügt er hinzu: »Ich werde dich im Auge behalten.« Dann dreht er sich zu seinen Lakaien um und gibt ihnen ein Zeichen. Sie folgen ihm den Hang hinunter und Sunny und ich sind endlich allein.
    »Was für ein Arsch!«, knurre ich, während ich ihnen hinterhersehe.
    »Du warst selbst auch nicht gerade die Freundlichkeit in Person«, gibt Sunny zu bedenken.
    »Was sollte ich denn tun?«, frage ich. »Mich hinlegen und ihnen erlauben, auf mir herumzu-trampeln? Nie im Leben, Schwester.«
    Sunny macht den Mund auf, wahrscheinlich um irgendetwas Supernerviges von wegen die andere Wange hinhalten und so zu erwidern. Zum Glück wird sie von Lilli unterbrochen, die ein paar Meter weit weg steht, sehr betroffen dreinschaut und nervös von einem Bein auf das andere tritt.
    »Ist alles okay mit euch beiden?!«
    »Ja, alles bestens. Nur ein bisschen verletzter Stolz.« Finster blicke ich der davonziehenden Gang nach. Die anderen Schüler halten Abstand und hasten an ihnen vorbei, als wären sie die Creme de la Creme der Vampirjägerzunft. »Was ist los mit diesen Idioten?«
    Lilli macht ein düsteres Gesicht. »Das sind Alphas«, erklärt sie. »Die Besten der Besten hier an der Schule, und das wissen sie. Totale Tyrannen gegenüber jedem, der nicht an ihre Standards von Können oder Coolness heranreicht – was für so ziemlich alle anderen außer ihnen gilt. Glaubt mir, ihr tut gut daran, ihnen möglichst aus dem Weg zu gehen.«
    »Keine Sorge«, sage ich kopfschüttelnd und drehe mich von der Gruppe weg. »Ich habe nicht das leiseste Interesse mich mit denen anzufreun-den.« Mit denen oder sonst jemandem an dieser gottverlassenen Schule.
    »Aber ich kann euch versichern, dass nicht alle hier so sind.Die meisten sind echt nett«, sagt Lilli.
    »Kommt doch mit mir in die Cafeteria, dann stelle ich euch ein paar Leuten vor. Wir könnten euch etwas zu essen besorgen oder was ... zu trinken.« Sie sieht mich an, als würde sie merken, dass ich am Verhungern bin.
    Bei ihrem Vorschlag knurrt mir der Magen, doch leider nicht nach irgendeinem Cafeteria-Snack.
    Dieser zunehmende Blutdurst wird langsam zu einem ernsten Problem. Ich frage mich, wie lange ich noch durchhalten kann, ohne zu trinken ...
    Dann wird mir klar, dass Lilli auf eine Antwort wartet.
    »Sun? Willst du etwas essen?«, frage ich meine Schwester zum zweiten Mal heute.
    Aber wie vorherzusehen, schüttelt Lady Liebeskummer den Kopf. »Ich will nur... ich will nur zurück in unser Zimmer«, murmelt sie trüb-selig. »Ich sehe dich dann später.« Mit diesen Worten dreht sie sich um und trottet weiter den Hang hinauf zum Wohnhaus, ohne auch nur Tschüss zu sagen.
    »Tut mir leid«, sage ich zu Lilli. »Ich sollte mich lieber um sie kümmern. Sie hat furchtbares Heimweh.«
    Lilli blickt Sunny hinterher. »Das verstehe ich.
    Ich kann euch etwas zu essen und zu trinken mitbringen. In welchem Zimmer seid ihr noch mal?«
    Ich sage ihr unsere Zimmernummer, erleichtert, dass es in dieser lächerlichen Schule zumindest einen anständigen Menschen gibt. Ein bisschen schäme ich mich jetzt, weil ich sie vorhin so verdammt nervig gefunden habe. Dann verab-schiede ich mich und mache mich auf den Weg zu unserem Zimmer und meiner Schwester. Fast wie erwartet finde ich sie zu einem Ball zusammenge-rollt auf dem Bett liegend, ihr nutzloses Handy hält sie zärtlich in der Hand. Es ist auf Frei-sprechmodus gestellt und ich kann Magnus'
    Stimme hören. Sunny hört eine der letzten Nachrichten ab, die er ihr gestern hinterlassen hat, bevor das alles passiert ist. Es ist das Einzige, was ihr von ihm bleibt, schätze ich.
    Als sie mich hört, richtet sie sich ruckartig auf, das Gesicht vor Verlegenheit, und schaltet das Telefon aus.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, frage ich, hocke mich neben sie aufs Bett und streiche ihr über die Haare. Sie lässt sie zur Zeit superlang wachsen.
    Wahrscheinlich um sich noch mehr von mir zu unterscheiden. Der Gedanke macht mich etwas traurig.
    »Nicht so richtig«, antwortet sie und starrt auf die leere Wand gegenüber. »Das ist heute so ziemlich der schlimmste Tag meines Lebens.«
    »Ich weiß, es ist die Hölle«, rede ich besänftigend auf sie ein.

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