Beiß mich, wenn du dich traust
versammeln sich in der Turnhalle.« Er deutet auf einen der Pavillons am Ende des Feldes. Sunny wirft mir einen nervösen Blick zu - ich weiß, sie will nicht von mir getrennt werden -, aber ich tätschele ihr tröstend die Schulter.
»Ist schon okay«, flüstere ich ihr zu. »Du kommst zu einer Horde Zwölfjähriger, wird schon nicht so schlimm werden.«
Sie nickt, umarmt mich und hält mich eine Sekunde zu lange fest. Professor Pornostar räuspert sich ungeduldig. Widerstrebend lässt Sunny mich los und schlurft im Schneckentempo die Wiese hinunter. Ich seufze frustriert.
Irgendetwas muss ich mir einfallen lassen, um sie aus diesem Depri-Loch herauszuholen, sonst wird sie uns noch beide in Schwierigkeiten bringen.
»Hallo, wenn das nicht unsere kleine Jägerin ist!«
Apropos Schwierigkeiten. Ich fahre herum und bin nicht überrascht, Corbin hinter mir zu sehen, der ein selbstgefälliges Lächeln im Gesicht und die Arme vor der Brust verschränkt hat. Für das heutige Training hat er auf seine rote Robe verzichtet und trägt stattdessen eine schwarze Jogginghose und ein enges weißes T-Shirt, das ärgerlicherweise seine Muskeln sehr gut betont.
Ich meine, klar, der Typ ist ein totales A-Loch, was aber nicht bedeutet, dass er nicht gleichzeitig auch extrem gut gebaut ist. Wäre er doch nur auch so blöd wie irgendein Soap-Muskel-protz.
»So, so, wenn das nicht unser Großmaul ist«, äffe ich ihn mit meiner süßesten Stimme nach. »Bist du in meiner Klasse?«
»In puncto Klasse bin ich natürlich weit über dir«, erwidert er mit einem höhnischen Grinsen.
»Aber ja, ich werde heute dein Partner sein.«
Moment mal, mein was? Ich versuche, meine Überraschung so gut wie möglich zu verbergen.
»Wie bitte?«
»Mr Stevens hat mich beauftragt, dir zu zeigen, wie es hier so läuft«, erklärt er. »Also werden wir Sparringspartner sein.« Er grinst. »Mit andern Worten, du wirst gleich mörderisch eins drauf-kriegen, kleine Jägerin.«
»Von dir und welcher Armee genau?«
Einige seiner Freunde versammeln sich hinter ihm und mustern mich geringschätzig. Ach so, klar. Die Armee.
Er lacht. »Ich brauche sicher keine Armee, um es mit dir aufzunehmen. Falls du es noch nicht weißt, ich bin ein Alpha hier in Achtal.«
»Ein Alpha?« Schon wieder dieser Ausdruck.
»Die Alphas sind die Besten der Besten«, erklärt Varuka hochmütig. »Die Topjäger an der Front, sobald sie an der Nachtakademie ihren Abschluss gemacht haben.«
Nachtakademie? Mir fällt das alte Gemäuer gegenüber dem Verwaltungsbüro wieder ein.
»Moment mal, ihr geht auf die Nachtakademie?«, frage ich.
»Ähm, eigentlich noch nicht«, antwortet Corbin und wirkt zum ersten Mal eine Spur verlegen.
»Aber bald«, fügt er hinzu. »Sehr bald, hoffentlich. Wir warten nur noch auf unsere offizielle Einladung.«
Interessant. Ich will gerade weitere Fragen stellen, aber Professor Pornostar alias Mr Stevens trillert in seine Pfeife. Ich schätze, es ist Zeit für den Fightclub. Ich hole tief Luft und drehe mich zu unserem Lehrer um, der Holzpflöcke aus einem roten Samtbeutel zieht und an alle verteilt.
»Okay«, sagt er. »Ihr wisst, was ihr zu tun habt.
Einer von euch ist der Jäger, der andere der Vampir. Die Jäger versuchen, ihren Gegner zu töten, indem sie seine Brust mit der Spitze des Pflocks berühren. Vergesst nicht, sie zuerst in rote Farbe zu tunken, damit wir eure Treffgenauigkeit bewerten können. Die Vampire versuchen, den Jäger zu beißen. Sobald ihr seinen Hals mit dem Mund berührt, habt ihr gewonnen. Wenn ihr aber ein rotes Mal in der Nähe eures Herzens bekommt, seid ihr tot und müsst das Feld ver-lassen.«
Alles klar. Wir spielen Vampir-Paintball. Oder viel mehr - Paintpflock.
Mr Stevens sieht sich in der Runde um.
»Irgendwelche Fragen«, knurrt er und wirft mir einen Pflock zu. »Gut, ich zähle bis drei ...«
Ich wende mich Corbin zu, der offenbar Schwierigkeiten mit Zahlen hat. Denn bevor Mr Stevens auch nur bis eins kommt, hat er mich schon gepackt, presst mir die Arme auf den Rücken und seine heißen Lippen auf den Hals.
»Du bist tot!«, kräht er. Seine kleinen Lakaien jubeln.
»Hey, Moment mal!«, rufe ich. »Ich war noch nicht bereit. Mr Stevens hatte noch nicht mal gepfiffen«, protestiere ich und schlage nach ihm, um ihn loszuwerden. Gott, was für ein Schwachkopf.
»Ich habe Neuigkeiten für dich, Baby«, lacht Corbin und stößt mich unsanft zu Boden. Ich lande auf den Knien und ein scharfer
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