Beiss noch einmal mit Gefuehl
rührte, hielt ich ihm die Blumen unter die Nase. „Die hier brauchen auch dringend Wasser.“
„Oh, natürlich“, sagte er und trat zur Seite, um mich durchzulassen. Ich schritt zielstrebig an Parrishs Sarg vorbei in die Küche, ohne mich noch einmal nach Dominguez umzudrehen, um zu prüfen, ob er mir auch folgte. Bestimmt starrte er die mit einem Tuch bedeckte Kiste wie gebannt an. Als Dominguez in die Küche kam, kickte ich den Türstopper zur Seite und ließ die Tür zufallen. Dann suchte ich nach einer passenden Vase.
„Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, fragte ich, während ich überlegte, ob ich die Blumen in das billige I-love-London -Bierglas vom Flohmarkt stellen sollte. Barney erschien augenblicklich in der Küche, und ihr Blick folgte der knisternden Folie mit der Zielstrebigkeit einer wärmesuchenden Rakete. Ich besaß unter anderem deshalb keine richtigen Vasen, weil Barney eine leidenschaftliche Schnittblumenfresserin und Zerstörerin von Glaswaren war.
„Haben Sie Bier da?“, fragte Dominguez. Er setzte sich nicht an den Tisch, sondern lehnte sich an den Fenstersims.
„Jede Menge“, sagte ich und schnitt mit der Küchenschere die Enden der Blumenstiele über dem Mülleimer ab. „Und gleich kommen noch ein paar Fässchen mehr.“
Er stutzte zuerst, doch dann dämmerte es ihm. „Für die Totenwache.“
„Ja, die Kästen mit dem Billigbier stehen hinten im Flur. Den guten Stoff habe ich in einer Kühlbox in meinem Schlafzimmer versteckt - zusammen mit meinen Familienerbstücken und allem anderen, das heute Abend keine Beine bekommen soll.“ Ich arrangierte die Blumen in dem Glas.
Die zart lavendelfarbenen, rosa und dunkelroten Tausendschönchen ergaben ein fröhliches Bild. Ich stellte sie auf den Küchentisch.
Dominguez gluckste. „Parrishs Freunde klauen also?“
Und das war noch nicht das Schlimmste, befürchtete ich. „Ich kenne die Leute ja gar nicht. Er war ..." Musste ich wirklich erwähnen, dass Parrish sich prostituiert hatte? Nein, ich sprach besser nicht schlecht von den nicht richtig Toten, falls er mich von nebenan hören konnte, und abgesehen davon war Dominguez wahrscheinlich sowieso schon selbst darauf gekommen. „Er war in letzter Zeit viel unterwegs, also habe ich überall in der Stadt Zettel aufgehängt. Es kommen sicherlich auch einige Schnorrer vorbei.“
Er zeigte auf die Schüssel mit den Mini-Snickers, die ich auf den Tisch gestellt hatte. „Und jede Menge Kinder, die von Tür zu Tür gehen.“
Sebastian war derjenige gewesen, der daran gedacht hatte, Süßigkeiten zu besorgen. Es freute mich, dass er etwas ausgesucht hatte, das ich auch gern mochte - für den Fall, dass etwas übrig blieb. „Ich will für die Leute, die zu Parrishs Totenwache kommen, das Licht auf der Veranda anlassen“, sagte ich. „Da kommen die Kinder automatisch, und es ist besser, etwas dazuhaben.“
„Das wird ja eine richtig große Party“, sagte Dominguez, als ich ihm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank gab. Er warf einen Blick auf das Etikett und grinste spöttisch, öffnete sie aber trotzdem.
„Hoffentlich“, erwiderte ich etwas wehmütiger als beabsichtigt. Und plötzlich stand Daniel zwischen uns - zwischen mir, der trauernden Freundin, und Special Agent Dominguez, der ihn erschossen hatte.
„Ist das meins?“, fragte Dominguez und zeigte auf das Papier mit dem Diagramm, das ringsum mit kleinen Symbolen versehen war.
Dankbar für den Themenwechsel zog ich einen Stuhl heran. Ich zeigte lächelnd auf das C-förmige Zeichen. „Der Mond im Zeichen des Zwillings - soll ich Ihnen meine Lieblingsdeutung verraten? ,Sie sind scharfsinniger, als Ihnen gut tut', lautet sie, und das trifft ja wohl hundertprozentig auf Sie zu!“
Er lachte, setzte sich neben mich und betrachtete neugierig das Diagramm. „Okay, erwischt.“
Ich zeigte auf seine Sonne im vierten Haus. „Und diese Positionierung hier haben Sie mit Liberace gemein.“
„Oh Gott!“ Er verzog das Gesicht.
„Also bitte! Ich finde das ganz fabelhaft!“ Ich lachte.
„Das müssen Sie mir erklären“, sagte er grinsend und nahm einen großen Schluck aus seiner Flasche.
Bis Sebastian mit dem Essen und dem Bier eintraf, hatte Dominguez mir alles über sein kompliziertes Verhältnis zu seinem Vater und seine Schwäche für die Kombination von Essen und Sex erzählt - was, wie ich ihm erklärte, perfekt zu seinem sinnlichen Venus-Naturell passte -, und wir hatten uns über einige seiner
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