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Beiss noch einmal mit Gefuehl

Beiss noch einmal mit Gefuehl

Titel: Beiss noch einmal mit Gefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
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sagen“, raunte er mir zu. „Ich habe keinen Grabstein bestellt.“
    „Was?“
    „Für Parrish“, sagte er. „Ich wusste seine Daten nicht, und ... nun ja, angesichts der Umstände wollte ich auch nicht so etwas ... Endgültiges.“
    Der Fahrer sah in den Rückspiegel.
    „Ein namenloses Grab?“ Ich war nicht sicher, ob mir das gefiel, obwohl ich vermutlich auch einen Herzschlag gekriegt hätte, wenn ich Parrishs Namen in Stein gemeißelt gesehen hätte.
    Sebastian schaute stirnrunzelnd in Richtung Fahrer. „Es ist ja nun nicht seine letzte Ruhestätte“, zischte er mir zu. „Aber falls er sich entscheidet dazubleiben, besorgen wir ihm noch einen.“
    Apropos. „Was meinst du denn, wie lange er ...?“ Ich wollte nicht zu deutlich werden, denn der Fahrer sperrte mächtig die Ohren auf.
    Sebastian zuckte mit den Schultern. „Ich habe mal ein ganzes Jahrhundert in Peru verschlafen. Wenn man einmal unter der Erde ist, dann liegt es sich da ganz gut.“
    Als ich schon befürchtete, der Fahrer habe sich zu einem Umweg über die Dörfer entschieden, um unser Gespräch noch länger belauschen zu können, kamen wir endlich am Friedhof an. Die Totengräber hatten bereits das Grab ausgehoben und den Sargaufzug hineingestellt. Der Fahrer blieb in der Friedhofseinfahrt stehen. „Kommen die anderen Sargträger auch gleich?“, fragte er.
    „Nein, wir sind nur zu zweit“, entgegnete Sebastian.
    Der Fahrer verlor die Fassung. „Unmöglich!“, sagte er. „Wie wollen Sie das denn schaffen?“
    „Zauberei“, entgegnete ich lächelnd. Ich trug eines meiner Ritualkleider; das weiße. Es war nur eine schlichte, einfach geschnittene Tunika mit ein bisschen Spitzenbesatz, aber ich hatte dazu meine Kette mit dem großen silbernen Pentakel angelegt. Sebastian hatte seinen schwarzen Anzug an. Der Mann musste uns für komplette Idioten halten.
    Nachdem wir Parrishs Sarg bereits in meine Wohnung und wieder nach unten geschleppt hatten, hatten Sebastian und ich schon ein ziemlich gutes System. Er nahm das schwerere Kopfende und trug fast das ganze Gewicht allein. Ich nahm das Fußende und fungierte als Navigatorin. Wir sahen eher aus, als transportierten wir ein Möbelstück und keine Leiche, aber hey, es funktionierte.
    Nachdem wir den Sarg auf den Aufzug gehievt hatten, ließ Sebastian ihn ohne jedes Zeremoniell ins Grab hinunter. Der Fahrer und die Totengräber wirkten etwas schockiert, als wir sie baten, ihre Sachen zusammenzupacken und uns allein zu lassen. Während ich ihnen zusah, wie sie ihre Geräte wegtrugen, lief Sebastian rasch ins Haus und brachte mir eine Tasse Kaffee. Es war meine Lieblingstasse aus Las Vegas.
    Als die Männer fertig waren, steckte Sebastian jedem von ihnen ein paar Dollar zu, und sie fuhren fassungslos, doch hinlänglich entschädigt davon.
    „Okay“, sagte Sebastian und klopfte mir auf die Schulter. „Jetzt gehört er dir.“
    Ich gab ihm die leere Tasse zurück und rieb mir die Hände, um sie zu wärmen. Ich hatte keine Kerzen und keine Ritualwerkzeuge, nur eine Schaufel, die die Männer dagelassen hatten. Egal. Ich atmete tief durch und sammelte mich. Dabei lauschte ich dem Rascheln der hohen, trockenen Gräser und beobachtete, wie ein Schwarm Junkos über das Feld flog, die gut an ihren weißen Schwanzfedern zu erkennen waren.
    Wäre Parrish wirklich tot gewesen, wäre nun ein Übergangsritual angebracht gewesen. Stattdessen konzentrierte ich mich jetzt auf schützende und heilende Gedanken, während ich im Kreis um das offene Grab herumging. Ich stellte mir den Kreis als Birkenhain vor, in dem mehrere Weinstöcke mit dicken reifen Trauben wuchsen. Auf die vier Wächterinnen verzichtete ich. Es gab nur einen Geist, der über ihn wachte; eine Kriegsgöttin, auf deren Schild sich häutende Schlangen abgebildet waren.
    Als ich wieder am Anfangspunkt ankam, nahm ich mir eine Handvoll Erde. Ich ballte Sandsteinbröckchen und fruchtbaren Lehm in meiner Hand zusammen und warf den Klumpen ins Grab, wo er dumpf auf Parrishs Sarg aufschlug. „Möge die Erde dich heilen und schützen“, sagte ich. „Mögest du dich wohlbehalten und gesund aus IHREM Leib erheben.“
    Ich nahm vier Steine von dem Erdhaufen neben dem Grab und legte sie zu Parrishs Schutz nach den Himmelsrichtungen aus. Dann öffnete ich den Kreis, indem ich ihn gegen den Uhrzeigersinn abschritt. Ich stellte mir vor, wie die Birken und Weinstöcke im Boden verschwanden und wieder zu Samenkörnern wurden.
    Nachdem ich Parrish noch

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