Beiss noch einmal mit Gefuehl
beschlich mich ein ungutes Gefühl, und ich fragte mich, ob er sich gerade wieder einmal besonders britisch-beschönigend ausgedrückt hatte. „Moment mal. Wie meinst du das?“
Er grinste mich verschmitzt an. „Einen Toten kann man nicht hängen.“
„Vampire kann man sowieso nicht hängen“, bemerkte ich. „Öffentliche Hinrichtungen finden doch in der Regel tagsüber statt, nicht wahr?“
„Das habe ich metaphorisch gemeint“, sagte Parrish und verdrehte die Augen. Dann setzte er sich wieder. „Aber egal, tot zu sein, hat jedenfalls seine Vorteile. Wenn der Verbrecher tot ist, wird der Fall zu den Akten gelegt.“
„Ja“, murmelte ich zerstreut. Mich hatten ganz ähnliche Gedanken dazu gebracht, die Hexenjäger des Vatikans in die Irre zu führen, als sie es auf Sebastian und mich abgesehen hatten. Ich hatte sie mithilfe eines Zaubers glauben gemacht, sie hätten uns getötet. So etwas konnte ich vermutlich auch bei Dominguez versuchen, aber da er es nicht darauf abgesehen hatte, mich zu töten, war ich mir nicht sicher, ob es funktionieren würde. Es war eine Sache, Energie umzuleiten, die bereits im Fluss war, doch es war etwas ganz anderes, einen Illusionszauber zu wirken, dessen Folgen nicht abzusehen waren.
Außerdem würde das FBI wahrscheinlich - im Gegensatz zu einer vatikanischen Vereinigung, die im Geheimen operierte - einen Totenschein oder einen Auszug aus dem Sterberegister haben wollen, und solche Papiere waren schon schwerer zu fingieren.
Während wir nachdenklich vor uns hin schwiegen, sprang Barney plötzlich auf den Tisch und verlangte nach Streicheleinheiten. Als Parrish ihr den Gefallen tat und ihr ausgiebig den Hals kraulte, schmiegte sie sich fest gegen seine Hand und schnurrte genießerisch. Sie hatte schon immer eine Schwäche für ihn gehabt.
„Du bist eine Hexe, Garnet. Kannst du ihn nicht einfach verhexen?“, fragte er.
In diesem Moment schnappte Barney nach seinen Fingern, und er zog überrascht die Hand zurück. Ich scheuchte sie vom Tisch. „Etwas in der Art habe ich vor, aber Barney hält nichts davon.“
Parrish barg die Hand an seiner Brust, als wollte er sie schützen, und sah Barney misstrauisch nach, als sie davonstolzierte. „Offensichtlich.“
Ich wollte nicht mehr über das FBI-Problem nachdenken und ging zum Kühlschrank. Nachdem ich ihn lustlos durchstöbert hatte, griff ich zu einem gesunden grünen Smoothie. Eigentlich brauchte ich Koffein, doch schon bei dem Gedanken an Kaffee schossen mir die Tränen in die Augen. „Mit Sebastian habe ich es mir gründlich verdorben“, sagte ich und schloss die Kühlschranktür.
Parrish seufzte, dann nickte er mir aufmunternd zu. „Er wird schon wiederkommen.“
Ich setzte mich und öffnete meine Flasche. Es war ein komisches Gefühl, Parrish nichts zum Trinken anzubieten, aber wenn er seine Vampirzähne nicht ausgefahren hatte, konnte er weder feste noch flüssige Nahrung zu sich nehmen.
„Ich weiß nicht. Wir haben beide Dinge gesagt ...“
„Sebastian hat bereits ein paar Jahre auf dem Buckel, Schätzchen“, unterbrach Parrish mich sanft. „Er hat sicherlich schon die eine oder andere hitzige Diskussion geführt. Es ist bestimmt nicht das erste Mal, dass eine Freundin etwas zu ihm gesagt hat, das ihr hinterher leidtat - oder umgekehrt.“
„Er wird gar nicht wütend, wenn man sich mit ihm streitet“, entgegnete ich. „Er ist immer sehr beherrscht und ruhig.“
„Hm.“ Parrish sah mich mitleidig an. „Das ist blöd.“
Ich nickte und nahm einen Schluck von meinem Smoothie.
„Ihr habt euch meinetwegen gestritten, oder?“, fragte Parrish etwas zu aufgekratzt.
Er wusste, dass es so war, doch ich wollte ihn nicht noch in seiner Genugtuung bestärken. „Es dreht sich nicht alles immer nur um dich!“
„Aber sicher doch“, erwiderte er. „Wie scharf ist er darauf, mich zu töten?“
„Sehr“, gab ich zu.
„Ich werde vorsichtig sein. Schließlich bin ich ihm gegenüber entschieden im Nachteil.“
Sonnenlicht war tödlich für Parrish. Sebastian musste seinen Sarg einfach nur ins Freie schleppen und öffnen. Ich glaubte zwar nicht, dass er so etwas wirklich tun würde, aber schon der Gedanke, wie leicht es für ihn wäre, Parrish umzubringen, machte mir Angst. „Du solltest auf den Dachboden umziehen.“
Parrish lachte. „Willst du ihn etwa endgültig vergraulen? So ein Angebot darfst du mir nicht machen! Ich würde auch auf der Stelle in dein Bett zurückkehren, wenn du mich
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