Beiss noch einmal mit Gefuehl
war eindeutig eine Nummer zu groß für mich. „Räuber und Gendarm“ war einfach nicht mein Ding. Im Grunde war es erstaunlich, dass man mich nicht schon längst festgenommen hatte.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Es war ganz still im Haus. „Izzy?“
Nachdem ich ins Schlafzimmer und in eine Abstellkammer geschaut hatte, fand ich auf dem Whiteboard am Kühlschrank eine Nachricht von Izzy: Sie war zur Arbeit gefahren, und ich sollte mir die Suppe schmecken lassen, die auf dem Herd stand. Iss mich!, redete mir die Haftnotiz an dem Topf in schönster Alice-im-Wunderland-Manier zu.
Ich suchte mir eine Schöpfkelle und schaffte es trotz meiner verletzten Schulter, einen großen Kaffeebecher mit der leckeren Nudelsuppe zu füllen. Nachdem ich mich wieder ins Wohnzimmer geschleppt hatte, ließ ich mich vorsichtig in den Sessel sinken. Ich zappte durch hundertsiebenundsechzig TV-Kanäle, nur um festzustellen, dass das Fernsehprogramm tagsüber immer noch unerträglich war. Aber die Suppe schmeckte hervorragend. Ich schlürfte mehrere Tassen davon und las den Science-Fiction-Roman weiter.
Nach einer Weile legte ich das Buch wieder weg. Ich konnte mich nicht richtig konzentrieren, weil ich die ganze Zeit daran dachte, dass das FBI jeden Moment die Tür eintreten konnte. Es war schließlich nicht besonders schwer, mich zu finden. Die Jungs in dem Van hatten mich bestimmt erkannt und Izzys Adresse anhand ihres Nummernschildes recherchiert. Worauf warteten sie noch? Ich wünschte, Izzy hätte auch Krimis im Angebot gehabt. Ich wusste nämlich nicht mehr so genau, ob das FBI einen Haftbefehl brauchte, um mich festzunehmen, oder ob die Beamten einfach so hereinplatzen und mich zum Verhör „in die Stadt“ mitnehmen konnten. Hatte Dominguez genug Beweise, um mich anklagen zu können, nachdem ich/Lilith ihn angegriffen hatte?
Ich schaltete den Fernseher wieder ein und versuchte, mich mit irgendetwas Belanglosem abzulenken, doch alles, was mein Interesse weckte, hatte mit uralten Mordfällen zu tun, die brillante Kriminalisten mithilfe einer winzigen Stofffaser und eines einzigen Katzenhaars innerhalb von einer halben Stunde lösten.
Mist.
Am besten stellte ich mich einfach.
Genau in diesem Augenblick lieferte wahrscheinlich ein Laborfreak in Minnesota anhand von ein paar Hautschuppen, die ich am Tatort verloren hatte, den entscheidenden Beweis. Es war einfach unmöglich, dass ich mit dieser Sache ungestraft davonkam. War es nicht klüger, alles zu gestehen?
Würde es das Gericht nicht milder stimmen, wenn ich kooperierte?
Ich zog mein Portemonnaie aus der Tasche und kramte Dominguez’ Karte heraus. Als ich Izzys Telefon gefunden hatte, wählte ich mit zitternden Fingern die Nummer.
„Dominguez.“
Irgendwie überraschte es mich, seine Stimme zu hören; vor allem, weil er so fit und gesund klang. Ich hatte angenommen, er wäre vielleicht im Krankenhaus oder so. Und nachdem ich ihn nun am Apparat hatte, wusste ich auf einmal gar nicht mehr, was ich sagen sollte. „Äh ... Hallo!“
„Hallo“, sagte er. Sein Ton war völlig neutral. Wenn man seine Visitenkarten häufig an Leute verteilte, die Verbrechen begangen oder beobachtet hatten, wunderte man sich vermutlich über gar nichts mehr.
„Hier ist Garnet“, sagte ich. „Ich glaube, wir müssen reden.“
„Klingt gut“, entgegnete er. „Am Telefon oder wollen wir uns irgendwo treffen?“
Irgendwo treffen schien mir keine gute Idee zu sein, weil dann unter Umständen eine ganze Spezialeinheit über mich herfiel. Falls Dominguez meinen Anruf zurückverfolgte, konnte mir das natürlich auch in Izzys Haus passieren, wenn ich noch länger mit ihm telefonierte. Was für ein Quatsch!, dachte ich dann. Er hatte sicherlich schon einen Stadtplan auf dem Monitor, auf dem die Adresse mit einem roten Punkt markiert war; er war schließlich beim FBI.
„Ist mir egal“, sagte ich und erhob mich langsam aus dem Sessel, wobei meine Schulter ganz schön zwickte. „Geht es Ihnen gut? Ich meine, Sie sind am Leben. Lilith hat Sie nicht verletzt, oder?“
„Sie hat mein Handgelenk umgeknickt wie einen trockenen Zweig. Ich habe einen wunderschönen pinkfarbenen Gipsverband.“ Mir fiel auf, dass er die Schuldige korrekt benannt hatte. Entweder hatte er beschlossen mitzuspielen, weil er mich für eine irre Mörderin hielt, oder er spürte vielleicht tatsächlich die Gegenwart eines anderen Wesens. „Und wie geht es Ihnen?“
„Sie haben auf mich geschossen.“
„Auf
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