Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Beleuchtungskörper aus Milchglas, dem Toilettentisch, den weißen und breiten Schranktüren, deren Messingklinken blitzten … Mein Gepäck kam. Noch ging mir kein Kammerdiener zur Hand, wie später wohl periodenweise mir einer zu Diensten war. Ich räumte einigen Bedarf in die englischen Schübe der Schränke, hängte ein paar Anzüge über Bügel, nahm ein Bad und machte mit der Sorgfalt Toilette, die mir bei diesem Geschäft immer eigentümlich gewesen ist. Immer hatte es ein wenig vom Maske-Machen des Schauspielers, obgleich ich zu eigentlicher kosmetischer Nachhilfe bei der ausdauernden Jugendlichkeit meines Äußeren nie versucht gewesen bin. – Angetan mit frischer Wäsche und einem dem Klima gemäßen Habit aus leichtem, lichtem Flanell begab ich mich hinab in den Speisesaal, wo ich mir, recht ausgehungert nach einem durch Lauschen versäumten Reisediner und verschlafenem Morgenimbiß, an dem Gabelfrühstück, einem Ragoût fin in der Muschel, einem vom Rost karierten Steak und einem ausgezeichneten Schokolade-Souffle nicht ohne Hingebung gütlich tat. Meine Gedanken aber waren ungeachtet der Angelegentlichkeit, mit der ich speiste, immer noch bei dem Gespräch von gestern abend, dessen welthafter Reiz so tief in mein Gemüt gedrungen war. Die Erinnerung daran bildete die höhere Freude, die sich mit dem Vergnügen an der Freiheit meines neuen Daseins verband, und was mich mehr als mein Frühstück beschäftigte, war die Frage, ob ich mich noch heute mit Kuckuck in Verbindung setzen – ihn vielleicht einfach in seinem Heim aufsuchen sollte, nicht nur, um den Besuch seines Museums mit ihm zu verabreden, sondern auch, und dies namentlich, um die Bekanntschaft Zouzou’s zu machen.
       Das hätte jedoch als ein übereifriges Mit-der-Tür-insHaus-Fallen erscheinen können, und ich überwand mich, den Anruf bei ihm auf morgen zu verschieben. Ohnehin etwas unausgeschlafen, beschloß ich, für heute meine Aktivität auf einige Umschau in der Stadt zu beschränken, und machte mich nach dem Kaffee dazu auf. Zunächst nahm ich vor dem Hotel wieder einen Wagen, der mich zur Praça do Commèrcio und zu meiner dort gelegenen Bank, Banco do Commèrcio ebenfalls genannt, bringen sollte; denn ich beabsichtigte, mit Hilfe des Zirkular-Kreditbriefes in meinem Portefeuille eine erste Gelderhebung zur Bestreitung der Hotelrechnung und allenfalls unterlaufender anderer Ausgaben vorzunehmen. Die Praça do Commèrcio, ein sehr würdiger und eher ruhiger Platz, ist auf einer Seite gegen den Hafen geöffnet, eine weite Buchtung, zu der hier das Ufer des Flusses Tajo zurücktritt, an den drei anderen aber von Arkaden, gedeckten Laubengängen umgeben, in denen man das Zollamt, die Hauptpost, verschiedene Ministerien und auch die Bureaus der Bank findet, bei der ich akkreditiert war. Ich hatte es dort mit einem schwarzbärtigen, vertrauenerweckenden Manne von guter Allüre zu tun, der meine Ausweise mit Achtung empfing, meine For derung gern zur Kenntnis nahm, mit gewandter Hand seine Eintragungen machte und mir dann mit artigem Ersuchen seine Feder zur Unterzeichnung des Rezepisses bot. Wahrhaftig, ich brauchte nicht nach Loulou’s Signatur im Nebendokument zu schielen, um ihr genaues Abbild, meinen schönen Namen, in schräg links geneigter Schrift und eingehüllt in den Oval-Schwung, mit Lust und Liebe unter den Empfangsschein zu setzen. »Eine originelle Unterschrift«, konnte der Beamte sich nicht enthalten zu sagen. Ich lächelte achselzuckend. »Eine Art von Erb-Überlieferung«, sagte ich halb entschuldigend. »Seit Generationen unterzeichnen wir so.« Er neigte sich verbindlich, und meine Eidechsentasche voller Milreis, verließ ich die Bank.
    Von dort begab ich mich zum nahen Postamt, wo ich folgende Depesche nach Schloß Monrefuge daheim ausfertigte: »Unter tausend Grüßen melde wohlbehaltene Ankunft dahier, Savoy Palace. Schwelge in neuen Eindrükken, von denen bald brieflich hoffe berichten zu können. Stelle bereits eine gewisse Ablenkung meiner Gedanken fest, welche nicht immer die rechten Wege gingen. Euer dankbarer Loulou.« – Auch dies besorgt, durchschritt ich eine Art von Triumphbogen oder Monumentaltor, das sich an der dem Hafen entgegengesetzten Seite des Handelsplatzes gegen eine der schmucksten Straßen der Stadt, die Rua Augusta, auftut, wo ich eine gesellschaftliche Obliegenheit zu erfüllen hatte. Gewiß, dachte ich, würde es schicklich und im Sinn meiner Eltern gehandelt sein, wenn ich auf der

Weitere Kostenlose Bücher