Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Alleen, geschmückt mit Blumenbeeten, Statuen und Fontänen, gar herrlich dahingehen. An diesem Prunkcorso war mein in der Tat palastartiges Absteigequartier gelegen, und wie so anders gestaltete sich meine Ankunft dort als diejenige, die ich in dem Hause der Rue Saint Honoré zu Paris einst kümmerlich gehalten!
       Gleich waren drei, vier galonierte Grooms und grünbeschürzte Hausdiener, um mein Gefährt beschäftigt, luden mein großes Gepäckstück ab, schleppten Handkoffer, Mantel und Plaidrolle so geschwind, als hätte ich keine Minute zu verlieren, mir voran in das Vestibule, so daß ich unbeschwert wie ein Spaziergänger, nur meinen Stock aus spanischem Rohr mit Elfenbeinkrücke und Silberring an den Arm gehängt, durch die Halle zur Réception schlendern mochte, wo es denn nun kein Erröten und kein »Treten Sie zurück! Treten Sie ganz zurück!« mehr gab, sondern, als Antwort auf meinen Namen, nichts als verständnisinnig bewillkommendes Lächeln, erfreute Verbeugungen, das zarteste Ersuchen, vielleicht, wenn es genehm wäre, das Meldeblatt allenfalls mit den notwendigsten Angaben auszufüllen … Ein Herr im Cutaway, warm interessiert an der Frage, ob meine Reise in vollkommener Annehmlichkeit verlaufen sei, fuhr mit mir hinauf zum ersten Stock, um mich dort in das mir reservierte Appartement, Salon und Schlafzimmer nebst gekacheltem Bad, einzuführen. Der Anblick dieser Räume, deren Fenster auf die Avenida hinausgingen, entzückte mich mehr, als ich mir merken lassen durfte. Das Vergnügen, oder eigentlich: die Heiterkeit, die ihre herrschaftliche Schönheit mir erregte, setzte ich herab zu einer Gebärde lässiger Billigung, mit der ich meinen Begleiter entließ. Aber allein gelassen, in Erwartung meines Gepäcks, tat ich mich mit so kindlicher Freude, wie ich sie mir eigentlich auch vor mir selbst nicht hätte erlauben dürfen, in dem mir zugewiesenen Wohnungsbereiche um.
    Was meinen besonderen Stolz ausmachte, war die Wanddekoration des Salons – diese hohen, in vergoldete Leisten eingefaßten Stukkatur-Felder, die ich immer der bürgerlichen Tapezierung so entschieden vorzog und die, zusammen mit den ebenfalls sehr hohen, weißen und mit Gold ornamentierten, in Nischen gelegenen Türen, dem Gemach ein ausgesprochen schloßmäßiges und fürstliches Ansehen verliehen. Es war sehr geräumig und zweigeteilt durch einen offenen Bogen, welcher vom Hauptraum einen kleineren absonderte, geeignet, nach Wunsch Privatmahlzeiten darin einzunehmen. Dort sowohl wie in dem ungleich größeren Geviert hing ein mit glitzernden Prismen behangener Kristall-Lüster, wie ich solche auch immer mit Freuden gesehen habe, ziemlich tief von der hohen Decke herab. Weiche und bunte, breitgebordete Teppiche, einer davon ungeheuer groß, bedeckten die Böden, von denen hie und da ein blank gebohnertes Stück sichtbar war. Angenehme Malereien schmückten die Wandpartien zwischen dem Plafond und den Prunktüren, und über einer dünnbeinigen Zier-Kommode mit Pendule und chinesischen Vasen war an der Wand sogar ein Wirkbild-Teppich, einen sagenhaften Frauenraub darstellend, vornehm ausgespannt. Schöne französische Fauteuils umstanden in behaglicher Distinktion ein ovales Tischchen mit Spitzendecke unter der Glasplatte, auf der man zu gefälliger Erfrischung des Gastes ein wohlassortiertes Fruchtkörbchen nebst Obstbesteck, einen Teller mit Biskuits und eine geschliffene Spülschale vorbereitet hatte, – zu verstehen als Artigkeit der Hoteldirektion, deren Karte zwischen zwei Apfelsinen stak. Ein Vitrinenschränkchen, hinter dessen Scheiben allerliebste Porzellanfiguren, Kavaliere in galant geschraubten Stellungen und Damen in Reifröcken zu sehen waren, von denen der einen das Kleid hinten zerrissen war, so daß ihre rundeste Blöße, nach der sie in größtem Embarassement sich umwandte, dort gar lüstern zum Vorschein kam: Stehlampen mit Seidenschirmen; bronzene Armleuchter von figürlicher Arbeit auf schlanken Postamenten; eine stilvolle Ottomane mit Kissen und Sammetdecke vervollständigten eine Einrichtung, deren Anblick meinen bedürftigen Augen ebenso wohltat wie der Luxus des in Blau und Grau gehaltenen Schlafzimmers mit seinem Gardinenbett, neben dem, zu nachdenklicher Vor-Ruhe einladend, ein breiter Lehnsessel seine gepolsterten Arme breitete, seinem dämpfenden, den ganzen Boden bedeckenden Teppich, seiner längsgestreiften Tapete von nervenbegütigendem Mattblau, seinem hohen Standspiegel, dem

Weitere Kostenlose Bücher