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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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gegen unser Gefühl. Sie kann gänzlich ungerührt, unberührt davon sein, es braucht sie nicht das mindeste anzugehen. Aber wehrlos ist sie dagegen.« »Sie bringen es nicht fertig, endlich das Tema zu wechseln?«
    »Das Tema? Aber gern! Oder, wenn nicht gern, so doch mit Leichtigkeit. Also zum Beispiel –« setzte ich mit lauterer Stimme, in karikiertem Konversationstone an: »Darf ich fragen, ob Sie, beziehungsweise Ihre verehrten Eltern, vielleicht mit Herrn und Frau von Hüon, dem Luxemburgischen Gesandten und seiner Gattin, bekannt sind?« »Nein, was geht uns Luxemburg an.«
    »Da haben Sie wieder recht. Für mich war es schicklich, dort Besuch zu machen. Ich handelte damit im Sinn meiner Eltern. Nun habe ich wohl eine Einladung zum Déjeuner oder Diner von da zu erwarten.« »Viel Vergnügen!«
    »Ich habe dabei noch einen Hintergedanken. Es ist
der Wunsch, durch Herrn von Hüon Seiner Majestät
dem König vorgestellt zu werden.«
»So? Ein Höfling sind Sie auch?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen –. Ich habe lange in einer bürgerlichen Republik gelebt. Gleich, als sich herausstellte, daß meine Reise mich in ein Königreich führen werde, habe ich mir heimlich vorgenommen, dem Monarchen meine Aufwartung zu machen. Sie mögen es kindlich finden, aber es entspricht meinen Bedürfnissen und wird mir Freude machen, mich zu verneigen, wie man sich nur vor einem König verneigt, und im Gespräch recht oft die Anrede ›Euere Majestät‹ zu gebrauchen. ›Sire, ich bitte Euere Majestät, den untertänigsten Dank entgegenzunehmen für die Gnade, daß Euere Majestät –‹ und so immerfort. Noch lieber würde ich mir eine Audienz beim Papst erbitten und werde es bestimmt einmal tun. Dort beugt man sogar das Knie, was mir großen Genuß bereiten würde, und sagt ›Votre Saintetés‹.«
    »Sie geben vor, Marquis, mir von Ihrem Bedürfnis nach Devotion zu erzählen –« »Nicht nach Devotion. Nach schöner Form.«
    »Patatípatatá! In Wahrheit wollen Sie mir nur Eindruck machen mit Ihren Beziehungen, Ihrer Einladung auf die Gesandtschaft und damit, daß Sie überall Zutritt haben und auf den Höhen der Menschheit wandeln.« »Ihre Frau Mama hat Ihnen verboten, Patatípatatá zu mir zu sagen. Und im übrigen …«
    »Maman!« rief sie, so daß Senhora Maria Pia sich umwandte. »Ich muß dir mitteilen, daß ich eben wieder ›Patatípatatá‹ zu dem Marquis gesagt habe.«
    »Wenn du dich mit unserem jungen Gaste zankst«, antwortete die Ibererin mit ihrer wohllautend verschleierten Altstimme, »so wirst du nicht weiter mit ihm gehen. Komm her und laß dich von Dom Miguel führen. Ich werde unterdessen den Marquis zu unterhalten suchen.« »Ich versichere Sie, Madame«, sagte ich nach vollzogenem Tausch, »daß es nichts einem Zanke Ähnliches gegeben hat. Wer wäre nicht entzückt von dem reizenden Geradezu, über das Mademoiselle Zouzou manchmal verfügt.«
    »Wir haben Ihnen die Gesellschaft des Kindes doch wohl zu lange zugemutet, lieber Marquis«, antwortete die königliche Südländerin, deren Jettgehänge schaukelten. »Der Jugend ist die Jugend meistens zu jung. Der Umgang mit der Reife ist ihr zuletzt, wenn nicht willkommener, so doch zuträglicher.«
    »Sie ist auf jeden Fall ehrenvoller für sie«, versetzte
    ich, indem ich eine vorsichtige Wärme ins Formelle zu legen suchte. »Und so werden wir«, sprach sie weiter, »diesen Spaziergang miteinander beenden. Er hat Sie interessiert?«
       »Im höchsten Grade. Ich habe ihn unbeschreiblich genossen. Und es ist mir eine Gewißheit: dieser Genuß wäre nicht halb so intensiv gewesen, nicht halb so innig wäre meine Empfänglichkeit für die Eindrücke, die Lissabon mir bietet, Eindrücke durch Dinge und Menschen – ich sage besser: durch Menschen und Dinge –, ohne die Vorbereitung, die ein glückliches Geschick mir gewährte, indem es mich auf der Reise mit Ihrem hochverehrten Gatten, Senhora, ins Gespräch kommen ließ – wenn von einem Gespräch die Rede sein kann, wo dem einen Teil nur die Rolle des begeistert Lauschenden zufällt –, ohne die, wenn ich mich so ausdrücken darf, paläontologische Auflockerung, die mein Gemüt durch seine Belehrungen erfuhr und die es zu einem enthusiastisch empfänglichen Boden gemacht hat für diese Eindrücke, rassische Eindrücke etwa, die Erfahrung von Ur-Rasse, der die interessantesten Zuflüsse aus verschiedenen Zeitaltern beschieden waren und die dem Auge, dem Herzen das Bild majestätischer

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