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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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vier oder fünf ineinandergeschobenen, gebrechlichen Tee- oder Anrichtetischchen bestand.
    »Krull!« hub mein Pate an (in bequemer Freundschaftlichkeit pflegte er auch meine Mutter lediglich mit Nachnamen anzureden). »Krull!« sagte er und wandte ihr seine hakenförmige Nase, seine scharfen Augen zu, die, ohne Brauen und Wimpern, von den Zelluloidkreisen der Brille so wunderlich eingerahmt waren, – »Sie lassen den Kopf hängen, Sie zeigen sich schlaff, und das mit völligem Unrecht. Denn die bunten und lustigen Möglichkeiten des Lebens beginnen so recht erst jenseits jener gründlich aufräumenden Katastrophe, die man treffend als den bürgerlichen Tod bezeichnet, und eine der hoffnungsreichsten Lebenslagen ist die, wenn es uns so schlecht geht, daß es nicht mehr schlechter gehen kann. Glauben Sie, liebe Freundin, einem Manne, dem diese Lage, wenn auch nicht aus materieller, so doch aus innerlicher Erfahrung bestens vertraut ist! Übrigens befinden Sie sich noch nicht einmal darin, und das ist es gewiß, was die Schwingen Ihres Geistes beschwert. Mut, meine Beste! und fassen Sie Unternehmungslust! Hier haben Sie ausgespielt, allein was will das besagen? Die weite Welt steht Ihnen offen. Ihr kleines Privatkonto auf der Kommerzbank ist noch nicht völlig erschöpft. Sie werden sich mit diesem Restbestande und Heckpfennig in das Getriebe irgendeiner großen Stadt, nach Wiesbaden, nach Mainz, nach Köln, nach Berlin meinetwegen begeben. Sie sind in der Küche zu Hause – verzeihen Sie diese linkische Wendung! –, Sie wissen einen Pudding aus gesammelten Brotabfällen und aus Fleischresten von vorgestern ein saures Haché zu machen. Sie sind überdies gewöhnt, Leute bei sich zu sehen, sie zu speisen, ihnen Unterhaltung zu bieten. Sie mieten also einige Räume, Sie kündigen an, daß Sie Kostgänger und Logiergäste gegen zivile Preise aufzunehmen bereit sind, Sie fahren zu leben fort, wie Sie früher gelebt haben, nur daß Sie von jetzt an die Konsumenten zahlen lassen und Ihren Vorteil dabei finden. Sache Ihrer Duldsamkeit, Ihrer guten Laune wird es sein, für Stimmung, Fröhlichkeit und Behagen unter Ihren Zuläufern zu sorgen, und so sollte es mich wundern, wenn Ihr Institut nicht prosperieren, sich nicht allmählich vergrößern sollte.«
    Hier schwieg mein Pate, um uns Zeit zu herzlichen Äußerungen des Beifalls und Dankes zu geben, an denen sich schließlich auch die Angeredete beteiligte. »Was Lympchen betrifft«, fuhr er hierauf fort (denn dies war der Kosename, womit er meine Schwester benannte), »so läge ja der Gedanke nahe, daß sie ihrer Mutter zur Hand zu gehen, deren Gästen den Aufenthalt zu verschönern natürlicherweise berufen sei, und gewiß ist, daß sie sich als eine vortreffliche und zugkräftige Filia hospitalis erweisen würde. Auch bleibt ihr diese Gelegenheit, sich nützlich zu machen, ja unverloren. Allein vorderhand habe ich es besser mit ihr im Sinne. Sie hat in den Tagen eueres Glanzes ein wenig singen gelernt, es ist nicht viel damit, ihre Stimme ist schwach, aber sie ist nicht ohne einen sanften Wohllaut, und Vorzüge, die in die Augen springen, vertiefen ihre Wirkung. Sally Meerschaum in Köln ist mein Freund von früher her, und der Hauptzweig seines Geschäftes ist eine Teateragentur. Er wird Olympia, sei es bei einer Operettengruppe von zunächst schlichterem Range oder in dem künstlerischen Verbande einer Singspielhalle, ohne Schwierigkeiten unterbringen, und für die erste Garderobe will ich aus meinem Plunderbestand wohl aufkommen. Die Anfänge ihrer Laufbahn werden dunkel und beschwerlich sein, sie wird vielleicht mit dem Leben zu ringen haben. Allein wenn sie Charakter bekundet (denn dieser ist wichtiger als das Talent) und mit ihrem Pfunde, das aus so zahlreichen Pfunden besteht, zu wuchern weiß, so wird ihr Weg rasch aus den Niederungen aufwärts und möglicherweise zu glänzenden Höhen führen. Ich für mein Teil kann selbstverständlich nur Richtlinien ziehen und Möglichkeiten anbahnen; das übrige ist euere Sache.« Kreischend vor Freude flog meine Schwester dem Ratgeber um den Hals und hielt während seiner nächsten Worte ihren Kopf an seiner Brust geborgen.
    »Jetzt«, sagte er, und man sah wohl, daß der folgende Punkt ihm besonders am Herzen lag, »jetzt komme ich drittens zu unserem Kostümkopf!« (Der Leser versteht die in diesem Namen enthaltene Anspielung.) »Ich habe mir das Problem seiner Zukunft angelegen sein lassen, und trotz erheblicher

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