Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul
silberne also«, sagte er, öffnete die innere Glaswand des Ladentisches und nahm von seiner Ware einige Stücke heraus, die er mir auf der Platte vorlegte.
Er war ein hageres Männchen mit aufrechtstehendem gelbgrauem Haar und jener Art von Backen, die viel zu hoch, gleich unter den Augen ansetzen und den Teil des Gesichtes, wo eigentlich die Backen sich runden sollten, fahl überhängen. Eine leider vorkommende, unerfreuliche Bildung.
Die silberne Remontoir-Uhr in Händen, die er mir gerade empfohlen, fragte ich nach ihrem Preise. Er betrug fünfundzwanzig Franken.
»Nebenbei, Meister«, sagte ich, »meine Absicht ist nicht, diese Uhr, die mir sehr gut gefällt, in bar zu bezahlen. Ich möchte vielmehr unser Geschäft auf die ältere Form des Tauschhandels zurückführen. Sehen Sie diesen Ring!« Und ich zog den Reif mit der grauen Perle hervor, den ich für diesen Augenblick an besonderem Ort, nämlich in dem aufgenähten Nebentäschchen meiner rechten Jackett-Tasche, bereitgehalten hatte. »Meine Idee war«, erläuterte ich, »Ihnen dies hübsche Stück zu verkaufen und die Differenz zwischen seinem Wert und dem Preis der Uhr von Ihnen entgegenzunehmen, – anders gesagt, Ihnen die Uhr von dem Ertrag des Ringes zu bezahlen, – noch anders gewendet, Sie zu ersuchen, den Preis der Uhr, mit dem ich ganz einverstanden bin, einfach von den, sagen wir, zweitausend Franken abzuziehen, die Sie mir zweifellos für den Ring bieten werden. Wie denken Sie über diese kleine Transaktion?«
Scharf, mit zusammengekniffenen Augen, betrachtete er den Ring in meiner Hand und blickte dann auf dieselbe Art mir selbst ins Gesicht, während ein leichtes Beben in seine unrichtigen Wangen trat.
»Wer sind Sie, und woher haben Sie diesen Ring?« fragte er mit gepreßter Stimme. »Für was halten Sie mich, und was für Geschäfte schlagen Sie mir vor? Verlassen Sie sofort den Laden eines Ehrenmannes!«
Betrübt senkte ich das Haupt und sagte nach kurzem Schweigen mit Wärme:
»Meister Jean-Pierre, Sie befinden sich in einem Irrtum. In einem Irrtum des Mißtrauens, mit dem ich wohl freilich zu rechnen hatte, und vor dem dennoch Ihre Menschenkenntnis Sie bewahren sollte. Sie fassen mich ins Auge – nun? Sehe ich aus wie ein – wie jemand, für den Sie befürchten mich halten zu müssen? Ich kann Ihren ersten Gedanken nicht schelten, er ist begreiflich. Aber Ihr zweiter, – ich wäre enttäuscht, wenn er nicht besser Ihren persönlichen Eindrücken folgte.«
Er fuhr fort, mit einem knappen Aufundabgehen seines Kopfes den Ring und mein Gesicht zu bespähen.
»Woher kennen Sie meine Firma?« wollte er wissen.
»Von einem Arbeitskollegen und Stubengenossen«, antwortete ich. »Er ist nicht ganz wohl augenblicklich. Wenn Sie wollen, richte ich ihm Ihre Genesungswünsche aus. Er heißt Stanko.«
Noch zögerte er, mit bebenden Backen auf und ab spähend. Aber ich sah wohl, wie die Begierde nach dem Ring die Oberhand gewann über seine Ängstlichkeit. Mit einem Blick auf die Tür nahm er mir jenen aus der Hand und setzte sich schnell damit an seinen Platz hinter dem Ladentisch, um das Objekt durch seine Uhrmacher-Lupe zu prüfen.
»Sie hat einen Fehler«, sagte er und meinte die Perle.
»Nichts könnte mir neuer sein«, erwiderte ich.
»Das glaube ich Ihnen. Nur der Fachmann sieht das.«
»Nun, ein Fehler so versteckter Art kann bei der Schätzung kaum ins Gewicht fallen. Und die Brillanten, wenn ich fragen darf?«
»Quark, Splitter, Rosen, abgesprengtes Zeug und bloße Dekoration. – Hundert Franken«, sagte er und warf den Ring zwischen uns beide, aber näher zu mir, auf die Glasplatte.
»Ich höre doch wohl nicht recht!«
»Wenn Sie meinen, nicht recht zu hören, mein Junge, so nehmen Sie Ihren Plunder und trollen Sie sich.«
»Aber dann kann ich ja die Uhr nicht kaufen.«
»Je m’en fiche«, sagte er. »Adieu.«
»Hören Sie, Meister Jean-Pierre«, begann ich nun. »Ich kann Ihnen in aller Höflichkeit den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie die Geschäfte mit Nachlässigkeit behandeln. Durch übertriebene Knauserigkeit gefährden Sie den Fortgang von Verhandlungen, die kaum begonnen haben. Sie lassen die Möglichkeit außer acht, daß dieser Ring, kostbar wie er ist, nicht der hundertste Teil dessen sein könnte, was ich Ihnen anzubieten habe. Diese Möglichkeit ist aber eine Tatsache, und Sie
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